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Die geschützten Männer

Die geschützten Männer

Titel: Die geschützten Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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nein. Es stimmt schon, die Aufgabe, die mich erwartet, ist verlockend, aber gleichzeitig ist es eine Maßnahme, mich
     kaltzustellen.«
    »Das ist das Gift?«
    »Ein doppelt wirkendes Gift. Ich zitiere Bedford: ›Anita, wenn Sie an Ort und Stelle sein werden, gibt es für Sie nur noch
     kurze Flüge Paris–Washington und zurück. (Eine Pause.) Und kein Blueville mehr. Mit dieser Geschichte muß Schluß sein.‹«
    »Nicht zu fassen! Hast du sie gefragt, weshalb?«
    »Sicher. Das war ihre Antwort: ›Mir scheint, daß ein verheirateter Diplomat, der für seinen Ehepartner Zuneigung empfindet,
     einen erheblichen Unsicherheitsfaktor darstellt.‹«
    »Genau das sagte man vor nicht allzulanger Zeit über die homosexuellen Diplomaten.«
    »Ich habe sie nicht daran erinnert. Ich habe mir vierundzwanzig Stunden Bedenkzeit ausgebeten und ihr am Sonnabend gesagt,
     daß ich einverstanden wäre. Unter der Bedingung, daß ich dir meine Entscheidung persönlich mitteilen darf. Sie hat alles unternommen,
     damit ich auf diese letzte Reise verzichte, doch ich habe nicht nachgegeben. Und sie selbst hat den Mittwoch festgelegt. Übermorgen
     reise ich nach Paris ab.«
    Mir versagt die Stimme.
    »Aber Anita, das ist eine Erpressung, du hättest ablehnen sollen.«
    Anita sieht mich an, wendet dann die Augen ab und sagt mit müder und leiser Stimme: »Ralph, du lebst in Blueville und machst
     dir keine Vorstellung von dem Regime, unter dem wir leben.« Und als ob die Abhöranlage nicht ausgeschaltet wäre, fährt sie
     noch leiser fort: »Wenn ich abgelehnt hätte, wäre ich auf eine schwarze Liste gesetzt worden und hätte nur sehr schwer wieder
     Arbeit gefunden.«
    »Du?«
    Sie nickt.
    »Ja, ich.«
    »In diesem Fall hättest du mit mir in Blueville leben können«, sage ich lebhaft. »Hier leben doch verheiratete PMs.«
    |156| »Bedford hat eine solche Möglichkeit in Erwägung gezogen: sie gab mir zu verstehen, daß du dann Blueville verlassen müßtest.«
    Ich werfe die Arme hoch.
    »Aber wie hätte sie so etwas bewerkstelligen sollen? Blueville ist ein Privatunternehmen. Und ich leiste in Blueville eine
     nützliche Arbeit.«
    »Bedford interessiert sich für diese Arbeit nicht im geringsten.«
    Ich sehe sie an. Ich bin sprachlos.
    »Woher weißt du das?«
    »Wenn ich hierherkomme, übergibt mir Mr. Barrow für das Weiße Haus jedesmal eine geheime Verschlußsache über die Arbeit von
     Stienemeier und Jespersen. Niemals Berichte über deine Arbeit. Hör zu, Ralph, denk ein bißchen logisch: weshalb sollte sich
     Bedford für das Überleben der Männer einsetzen?«
    Schweigen. Dieser Satz ist äußerst wichtig: ich werde morgen weiter darüber nachdenken. Im Augenblick bleibe ich beim Dringlichsten.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, daß sich auch Helsingforth nicht für meine Arbeit interessiert. Ich habe bei ihr meine Kündigung
     eingereicht, sie hat sie zurückgewiesen.«
    »Ich weiß, ich weiß«, sagt Anita seufzend. »Die Ablehnung deiner Kündigung war Teil eines Kuhhandels an zwei aufeinanderfolgenden
     Wochenenden.«
    »Willst du damit sagen, daß Bedford diese Ablehnung diktiert hat?«
    »Ja, sie hat mich eingeschaltet und gesagt: ›Anita, wenn Sie wollen, daß Helsingforth die Kündigung Dr. Martinellis ablehnt,
     rufen Sie sie an.
Fahren Sie nicht hin.
‹ Und das war vor zwei Wochen.«
    Eine lange Pause. Erregt fahre ich fort: »Ich kann mir nicht vorstellen, daß Helsingforth dabei nicht mitzureden hat! Wenn
     ich das Serum gegen die Enzephalitis 16 entdecke, wird die Firma Helsingforth bei dessen kommerzieller Verwertung ein Riesengeschäft
     machen.«
    Anita zuckt die Achseln.
    »Es ist nicht sicher, daß sie es kommerziell verwerten kann. Wir stecken in einer Wirtschaftskrise. Es könnte schlimmer sein,
     aber trotzdem müssen täglich Betriebe stillgelegt werden. |157| Helsingforth ist zu drei Vierteln ruiniert; von dem pharmazeutischen Imperium, das ihr Mann gegründet hatte, ist fast nichts
     übriggeblieben. Ohne die von Bedford gezahlten Subventionen müßte Helsingforth Blueville schließen.«
    »Willst du damit sagen, Bedford hat Helsingforth durch ihre Subventionen in der Hand?«
    »Gewissermaßen ja. Aber so einfach ist es auch wieder nicht. Die beiden Frauen sind aufeinander angewiesen. Helsingforth hat
     Shermans Wahlkampagne großzügig finanziert. Vielleicht weiß sie auch das eine oder andere über Bedford, vor allem über ihre
     Beziehungen zu Sherman.«
    Schweigen. Ich sehe Anita an. Ich

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