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Die geschützten Männer

Die geschützten Männer

Titel: Die geschützten Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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meinem Bett umfing, hat sich Anita verweigert, während sie sich
     scheinbar hingab. Die Pyjamajacke, die Passivität, die unausgesprochene Weigerung: lauter versteckte kleine Abfuhren.
    Gut. Meinerseits will ich diese Hand, die regungslos in meiner liegt, nicht mit Gewalt zurückstoßen. Ich lege sie sanft auf
     das Bettuch. Jetzt oder nie werde ich meine Verhaltenstherapie anwenden. Ich erhebe mich und gehe im Zimmer auf und ab, diesmal
     aber ruhig, ohne Erbitterung, ohne die Fäuste in den Taschen meines Morgenmantels zu ballen. Ich will Anita |153| nicht hassen. Ich will auch kein Weiberfeind werden. Wenn ich eine Lehre gezogen habe, so ist es die, daß man den richtigen
     Feind erkennen muß. Der Feind ist nicht Anita, auch nicht ihr Geschlecht. In diesem Strudel, in dem augenblicklichen Durcheinander
     gibt es einen Fels, an den ich mich klammere: meine Zuneigung zu Anita. Ich bleibe dabei: Anita ist unmöglich eine andere
     geworden. Ich habe es ihr gesagt: ich glaube nicht, daß den Menschen, die man liebt, plötzlich Pferdefüße wachsen.
    Ich lasse den Abend seit Anitas Ankunft bis zu dem gegenwärtigen Augenblick noch einmal vor mir ablaufen. Schließlich werden
     mir die Zusammenhänge klar. Und mir geht ein Licht auf.
    Ich setze mich neben sie auf das Bett und sage, sanft, jedoch ohne wieder ihre Hand zu ergreifen: »Wirst du mich verlassen,
     Anita?«
    Langes Schweigen.
    »Ja.«
    »Bist du deshalb an einem Mittwoch gekommen?«
    »Ja.«
    »Du wolltest es mir nicht schreiben und hast es vorgezogen, es mir persönlich zu sagen?«
    »Ja.«
    Ich lasse einen Augenblick verstreichen. Ich brauche Zeit, um meiner Stimme Herr zu werden.
    »Also gut, ich bin dir dankbar dafür, du hast es dir nicht leicht gemacht.«
    »Ich wollte es dir erklären …«
    Es will mir nicht in den Kopf. Ich kann es einfach nicht glauben, daß ich einen Teil meines Lebens verlieren soll. Und ich
     stelle ihr meine erste, die angstvollste Frage.
    »Verläßt du mich endgültig?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Schweigen.
    »Kommt diese Entscheidung von dir?«
    »Selbstverständlich nicht.« Dann fährt sie leidenschaftlich fort: »Hör zu, Ralph, wie die letzten sechs Wochen, in denen ich
     dich nicht gesehen habe, verlaufen sind. Montag für Montag gehe ich zu Bedford und frage sie, ob sie etwas dagegen hat, daß
     ich das kommende Wochenende in Blueville verbringe. |154| Aber natürlich nicht, Anita, antwortet sie mit sanftem Lächeln und fügt süßsauer hinzu: Alles in allem ist das wie ein Rauschgift
     – Sie können es nicht entbehren.«
    »Das kann nicht sein!«
    »Doch. Dann kommt der Freitagabend, und die Sekretärin von Bedford ruft mich zu Hause an. Sie sagt, es sei dringend, Martinelli,
     die Präsidentin erwartet Sie am Wochenende in Camp David, um zu arbeiten.«
    »Aber das ist ja infam! Warum macht sie das? Aus Eifersucht?«
    »Nein, Gott sei Dank hat sie in dieser Beziehung keine Schwäche für mich. Bedford handelt aus Überzeugung.«
    »Und du teilst diese Überzeugung?«
    »Was die Männer betrifft, keineswegs.«
    Ich sage mit einem verkrampften Lächeln: »Du hast dich verändert.«
    »Nein«, sagt sie leidenschaftlich. »Ich habe mich nicht verändert. Die Befreiung der Frau ist die eine Sache, der Haß auf
     den Mann eine andere. Der Haß auf den Mann ist schlicht und einfach psychopathisch. Auf solchen Irrsinn habe ich mich niemals
     eingelassen.«
    »Bis auf vorhin.«
    Das ist mir herausgerutscht, und ich bedaure es sofort. Anita sieht mich an.
    »Entschuldige, Ralph. Ich war eiskalt. Ich wußte nicht, wie ich dir sagen sollte, daß ich dich verlasse.«
    Ich lege meine Hand auf ihre Hand.
    »Vergiß diese blödsinnige Bemerkung. Sprich weiter. Wir waren bei der Sabotierung deiner Wochenenden stehengeblieben. Du hast
     dreimal abgesagt, daraus schließe ich, daß sich die inszenierten Dringlichkeitsfälle dreimal wiederholten.«
    Sie preßte die Lippen aufeinander.
    »Mit Abwandlungen. Bedford legte eine immer weniger verschleierte Feindseligkeit an den Tag. Und auch mein Einfluß schwand
     zugunsten Deborah Grimms. Ich war offensichtlich von der Linie abgewichen. Ich kam mir langsam wie ein Verräter vor.«
    »Und das letzte Wochenende?«
    »Am letzten Wochenende fiel die Entscheidung. Freitag ließ mich Bedford in ihr Büro kommen. Honigsüß lächelnd eröffnete |155| sie mir, daß sie mich zum Botschafter der USA in Frankreich ernannt habe.«
    »Aber Anita, das ist doch ein großartiger Aufstieg.«
    »Ja und

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