Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)
sogleich, Ihro Gnaden einige vorzulegen.«
Frenicol ging fort. Unterdessen umarmte Zelide ihre Freundin, dankte ihr für ihren Rat, »und ich,« sagt der gelehrte Afrikaner, »ich ruhte derweil ein wenig aus, bis er wieder kam.«
Der Galanteriehändler kam zurück und brachte unsern frommen Damen zwei derbe Maulkörbe mit. »Gott sei uns gnädig!« rief Zelide. »O du Gerechter!« rief Zelide. »Was für Maulkörbe! was für ungeheure Maulkörbe sind das, und wer sind die Unglücklichen, die derlei tragen sollen? Die sind ja eine Klafter lang! Lieber Freund, da haben Sie wohl an der Stute des Sultans Maß genommen?«
»Ja,« sagte Sophie nachlässig, die sie indessen betrachtet und mit den Fingern abgemessen hatte, »für die Stute Seiner Hoheit oder für die alte Rimosa.« – »Ich schwöre Ihnen, meine Gnädigen,« versetzte Frenicol, »es ist das gewöhnliche Maß. Zelmaide, Zirfile, Amiane, Zulica und hundert andre tragen sie so.« – »Das ist unmöglich,« erwiderte Zelide. – »Und dennoch ist es so,« antwortete Frenicol. »Aber anfangs sprachen alle Damen wie Ihro Gnaden, und Ihro Gnaden werden wie sie davon zurückkommen, wenn Sie sie nur anprobieren.« – »Herr Frenicol mag sagen, was er will, er wird mich doch nicht überzeugen, daß mir das paßt«, sprach Zelide. »Mich auch nicht,« sagte Sophie, »er zeige uns andre, wenn er welche hat.«
Frenicol hatte sehr oft erlebt, daß man die Weiber in diesem Punkt nicht bekehrt, und bot ihnen also Maulkörbe für Dreizehnjährige. »Ja, das ist was für uns!« riefen beide zugleich. »Ich wünsche es,« sprach Frenicol leise. »Was sollen sie kosten?« fragte Zelide. – »Nur zehn Zechinen, gnädige Frau.« – »Zehn Zechinen! wo denken Sie hin, Frenicol?« – »Es ist ein gewissenhafter Preis, gnädige Frau.« – »Wir müssen die Neuheit mit bezahlen.« – »Es ist auf Ehre nur meine Auslage.« – »Sie sind freilich sehr niedlich gearbeitet; aber zehn Dukaten ist gewaltig viel Geld.« – »Ich kann nichts ablassen.« – »So gehn wir zu Calipilo!« – »Das tun Ihre Gnaden nach Gefallen, aber Arbeit und Arbeit, Maulkorb und Maulkorb ist ein Unterschied!« Frenicol blieb bei seiner Forderung, und Zelide gab nach. Sie bezahlte die beiden Maulkörbe, und der Galanteriehändler ging in der festen Überzeugung nach Hause, sie würden ihnen zu kurz sein, und es könne nicht fehlen, daß er sie zu einem Vierteil des Preises wieder annehmen würde, wofür er sie verkauft habe. Er irrte sich. Mangogul fand gerade keine Gelegenheit, seinen Ring auf diese beiden Frauen zu wenden, und so bekamen auch ihre Kleinode keine Lust, ungewöhnlich laut zu reden. Das war ein Glück für sie. Denn da Zelide ihren Maulkorb anprobierte, fand sie ihn um die Hälfte zu klein. Doch gab sie ihn nicht zurück, weil sie glaubte, es sei fast eben so gefährlich, ihn auszutauschen, als sich seiner nicht zu bedienen.
Diese Umstände erfuhr man durch eine der beiden Damen, die sie ihrem Liebhaber im Vertrauen erzählte, der sie im Vertrauen andern erzählte, die sie als ein Geheimnis an ganz Banza vertrauten. Auch Frenicol hielt nicht reinen Mund. Die Geschichte unsrer beiden Betschwestern ward ruchbar und beschäftigte eine Zeitlang alle Lästerzungen in Congo.
Zelide war untröstlich darüber. Diese Frau, die mehr Mitleid als Tadel verdiente, bekam einen Widerwillen gegen ihren Brahminen, verließ ihren Gemahl und schloß sich in ein Kloster ein. Sophie nahm die Larve ab, ließ die Leute reden, legte Rot auf und Schönheitspflästerchen und lebte in der Welt mit der Welt.
Die Bürgerfrauen in Banza dachten wohl, daß ihre Kleinode schwerlich die Ehre haben würden, zu reden, dennoch versahen sie sich sämtlich mit Maulkörben. Man legte zu Banza Maulkörbe an, wie wir Hoftrauer anlegen.
Hier bemerkt der gelehrte Afrikaner mit Erstaunen, daß der mäßige Preis und der bürgerliche Gebrauch der Maulkörbe dieser Mode dennoch im Harem kein Ende machte. »Dreimal,« schreibt er, »siegte der Nutzen über das Vorurteil.« Eine so alltägliche Bemerkung verdiente nicht mehr als einmal gesagt zu werden. Es scheint mir aber der Fehler aller Congoschen Schriftsteller gewesen zu sein, daß sie sich wiederholen. Vielleicht wollten sie dadurch ihren Werken einen Anstrich von Wahrscheinlichkeit und Leichtigkeit geben, oder vielleicht besaßen sie nicht so viel Fülle der Gedanken, als ihre Bewunderer ihnen zuschreiben. Dem sei, wie ihm wolle. Mangogul ging eines Tages in seinem
Weitere Kostenlose Bücher