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Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)

Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)

Titel: Die geschwätzigen Kleinode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Diderot
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die Wachtelhunde bellten, als ob jemand ihrer Gebieterin an die Gurgel wollte. Sindor war über dieses Gekläff ungeduldig, ließ den Mops einen Purzelbaum schießen, schob einen der Schoßhunde zurück und griff Medoro an die Pfote. Medoro, der getreue Medoro, sah sich von seinen Bundesgenossen verlassen, versuchte aber diesen Verlust durch eine vorteilhafte Stellung zu ersetzen. Er stand zwischen den Lenden seiner Gebieterin, seine Augen funkelten, die Haare sträubten sich ihm, er sperrte das Maul auf, kräuselte die Schnauze und zeigte dem Feinde zwei Reihen spitzer Zähne. Sindor wagte mehr als einen Angriff, und mehr als einmal schlug ihn Medoro mit blutigen Händen und zerrissenen Handkrausen zurück. Länger als eine Viertelstunde hatte das Treffen mit einer Hartnäckigkeit gewütet, an der nur Haria Vergnügen fand, als Sindor gegen seinen Feind, den er durch Gewalt zu überwinden verzweifeln mußte, eine Kriegslist ersann. Er streckte seine Rechte gegen Medoro. Medoro beobachtete diese Bewegung und ward darüber der Linken nicht gewahr, die ihn am Halse griff. Nun machte er, um sich loszureißen, unerhörte, aber vergebliche Anstrengungen! Er mußte das Schlachtfeld räumen und Haria aufgeben. Sindor hielt seinen Einzug, aber es hatte ihm Blut gekostet. Wahrscheinlich war es bei Haria beschlossen, daß ihre Hochzeitsnacht blutig sein sollte, und die schöne Verteidigung ihrer Tiere betrog sie in ihren Hoffnungen nicht.«
    »Das Kleinod,« sagte Mangogul, »schreibt einen besseren Bericht, als mein Sekretär.« Er wußte jetzt, was er von Schoßhündchen denken sollte, und kehrte zur Favorite zurück. »Machen Sie sich,« rief er ihr schon von weitem zu, »auf die tollsten Dinge gefaßt! Das ist schlimmer als Palabriens Affen. Können Sie glauben, daß Hariens vier Hunde Nebenbuhler ihres Mannes gewesen sind, begünstigte Nebenbuhler; daß der Tod eines Windspiels die Eheleute unversöhnlich geschieden hat?«
    »Was sagen Sie?« versetzte die Favorite. »Hunde als Nebenbuhler? Davon versteh’ ich kein Wort. Ich weiß, daß Haria ihre Schoßhündchen bis zur Bewußtlosigkeit liebhat. Ich kenne aber auch Sindor als einen heftigen Menschen, der vielleicht nicht alle Höflichkeiten beobachtete, die gewöhnlich Frauen verlangen, denen man sein Glück verdankt. Wie er sich aber auch betragen haben mag, so verstehe ich doch nicht, was ihm Nebenbuhler hat zuziehen können. Haria scheint mir so ehrwürdig, daß ich wohl wünschte, Ihre Hoheit möchten geruhen, sich deutlicher zu erklären.«
    »So hören Sie denn,« antwortete Mangogul, »und gestehn Sie mir, daß die Weiber zuweilen, milde gesprochen, wenigstens einen sehr seltsamen Geschmack haben.« Darauf berichtete er ihr Wort für Wort, was Harias Kleinod ausgesagt hatte. Mirzoza mußte über das Treffen der ersten Nacht freilich lachen; doch sprach sie bald wieder ernsthaft: »Ich weiß nicht, welch ein Unwillen willen sich meiner bemeistert. Von nun an verabscheu’ ich diese Tiere und alle, welche sie halten, und erkläre meinen Zofen, daß ich die erste von ihnen verabschiede, die in den Verdacht gerät, einem Hunde ein Stück Brot gegeben zu haben.«
    »Wer wird doch seinen Haß so weit erstrecken?« fragte der Sultan. »Müssen denn die Frauenzimmer alles übertreiben? Hunde sind gut auf der Jagd, notwendig auf dem Lande und sonst noch zu mancherlei Gebrauch, ganz zu schweigen davon, wie Haria sie verwendet.«
    »Wahrlich,« sprach Mirzoza, »ich fange an zu glauben, es wird Ihrer Hoheit schwerfallen, eine ehrliche Frau zu finden.«
    »Habe ich es Ihnen nicht gleich gesagt?« antwortete Mangogul, »aber übereilen wir uns nicht. Sie könnten mir dereinst vorwerfen, ich verdanke Ihrer Ungeduld ein Geständnis, das ich nur den Versuchen meines Ringes schuldig sein will. Gerade jetzt habe ich einen Plan vor, der Sie in Erstaunen setzen soll. Noch sind nicht alle Geheimnisse entschleiert, und die Kleinode, denen meine Untersuchung bevorsteht, sollen mir wichtigere Dinge beichten.«
    Mirzoza war immer für das ihrige besorgt. Mangoguls Rede setzte sie in eine Verwirrung, die sie ihm nicht verbergen konnte. Aber der Sultan war durch seinen Eid gebunden und im Grunde seines Herzens ein frommer Mann. Er beruhigte sie, so gut er vermochte, umarmte sie einigemal sehr zärtlich und begab sich in seinen Staatsrat, wohin wichtige Dinge ihn riefen.
    Unter Kanoglus und Erguebzeds Regierung war Congo durch blutige Kriege beunruhigt. Beide Monarchen machten sich durch

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