Die Gespenstergruft
einiges zu retten gewesen, aber ich stand unter einem derartigen Streß, daß ich daran nicht dachte und zudem auch nur um meine eigene Sicherheit besorgt war.«
»Genauer, bitte.«
»Ich hatte nicht nur die Satanisten verfolgt, sondern auch eines ihrer Opfer, das sie sich geholt hatten. Es muß der Friedhofswächter oder Totengräber gewesen sein, der auf dem Friedhofsgelände wohnte. Sie haben ihn aus seinem Haus geholt und zu der Gruft geschafft. Sie sperrten ihn dort ein!« Den letzten Satz sagte er schnell und begleitete ihn auch mit einem Aufstöhnen. Es hörte sich an, als wäre er von einem wahnsinnigen Druck erlöst worden.
»Das haben Sie gesehen?« fragte Suko.
»Ja, ich war Zeuge. Habe aber erst das Foto geschossen, als alles vorbei war. Bitte fragen Sie mich nicht nach dem Grund. Es ist möglich, daß ich Angst gehabt habe, wahrscheinlich sogar. So, und jetzt können Sie mit mir machen, was Sie wollen. Sie haben mir das Leben gerettet, ich aber war zu feige, einem anderen Menschen das Leben zu retten, weil ich einfach Angst um meine Haut hatte. Verdammt erbärmlich, finden Sie nicht?« Wir schwiegen.
Das ließ er eine Weile zu, bevor er fragte: »Warum machen Sie mich nicht fertig? Weshalb sagen Sie nichts? Erklären Sie mir doch, daß ich ein feiges Schwein bin, daß Sie mich wegen unterlassener Hilfeleistung einsperren können und…«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, das werden wir nicht. Sie haben normal gehandelt, ein anderer hätte erst nicht den Mut aufgebracht, den Satanisten zu folgen…«
»Danke, aber das macht mich auch nicht froher.«
»Der Mann war aber nicht tot, als die Satanisten ihn in die Gruft steckten?« erkundigte sich Suko.
»Nein, das war er nicht.«
»Dann hätte er noch eine Chance.«
Heister schaute ins Leere. »Theoretisch ja. Aber ich frage Sie beide. Wie lange kann es ein Mensch in einer derartigen Umgebung aushalten, ohne zu sterben? Einen Tag, zwei oder drei? Keiner weiß doch, was ihn in der Gruft erwartet.«
Da hatte er recht.
»Haben Sie denn keinen Hinweis, was sich dort abspielt?« fragte ich ihn.
Heister schüttelte den Kopf. »Aber es muß mit dem Teufel zusammenhängen. Nicht grundlos nannten sich die Burschen Satanisten. Für mich sind es einfach Diener des Teufels oder der Hölle. Oder sind Sie anderer Meinung?«
»Nein, da treffen wir uns schon.«
»Na bitte.«
»Wir jedenfalls werden uns die Gruft von innen ansehen«, sagte Suko.
»Wo genau finden wir sie?«
Er beschrieb uns den Ort.
Den Friedhof kannten wir, aber den Platz, wo die Gruft stand, würden wir suchen müssen. Ich wollte noch von ihm wissen, wie er die Gruft denn einschätzte.
»Keine Ahnung, Mr. Sinclair. Wie meinen Sie das genau?«
»Nun, würden Sie sie als ein altes Grab ansehen oder mehr als neueres Bauwerk?«
»Das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen. Aber eher alt, sie steht auch auf dem alten Teil des Friedhofs und ist eben der zentrale Punkt für die Satanisten.«
»Und sicherlich auch die Fluchtburg für den Anführer«, sagte Suko.
»Der übrigens Gig Serrano heißt«, belehrte uns Harry Heister. »Das habe ich herausgefunden.«
Er kannte auch die Namen der anderen Satanisten, die wir nur registrierten. Es war dem Fotografen anzusehen, daß ihm noch etwas auf dem Herzen lag, und er fragte: »Brauchen Sie mich eigentlich? Ich meine, muß ich Sie begleiten, wenn Sie zu dieser Gruft gehen?«
»Nein, nein, keine Sorge, das brauchen Sie nicht, Mr. Heister. Von nun an ist es unser Fall.«
Er atmete auf. »Mein Gott, da bin ich aber froh. Irgendwo merkt wohl jeder, wenn er an seine Grenzen stößt. Das ist bei mir der Fall. Ich komme allein nicht mehr weiter.«
»Das brauchen Sie auch nicht. Sie haben uns trotzdem sehr geholfen, Mr. Heister.«
Er hob die Schultern und schaute zur Seite. »Ich wohne hier und brauche jetzt einfach einen Schluck. Eine Dose Bier, kalt und… wollen Sie auch eine?«
»Nein, danke.«
»Aber ich darf – oder?«
Ich lächelte ihn an. »Sicher, gehen Sie nur, der große Rest ist allein unsere Sache…«
***
Grufties auf einem Friedhof!
Man hätte es als ein normales Bild bezeichnen können, denn die Grufties gaben selbst zu, wie sehr sie die Friedhöfe mochten, denn sie waren der Ort des Sterbens, und sie bildeten so etwas wie einen Übergang in eine andere Welt.
Nicht diese Grufties.
So gern sie einen Friedhof besuchten, so oft sie auch die Nächte auf Grabsteinen sitzend verbracht und über das Ende nachgedacht hatten,
Weitere Kostenlose Bücher