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Die Gewandschneiderin (German Edition)

Die Gewandschneiderin (German Edition)

Titel: Die Gewandschneiderin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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ist - krank“, erklärte sie deutlich und laut. Sie sprach besonders langsam, als sei sie inzwischen überzeugt, dass ihre Besucher beide dumm und taub seien.
Nun musste Anna wirklich kichern, aber angesichts von Tankreds entsetztem Seitenblick verwandelte sie das Lachen rasch in einen Hustenanfall.
„Also, wie teuer?“, fragte die Ordensfrau erneut. Tankred nannte ihr den Preis, doch sie unterbrach ihn, denn ihr Blick fiel auf Annas Hände, die immer noch den hellen Korb hielten, den sie zuletzt vom Wagen geholt hatte.
„Mädchen, stell den Korb ab! So schmutzig, wie du bist, verdirbst du ihn noch“, tadelte sie. Anna tat, wie ihr befohlen, obwohl heiße Wut in ihr emporloderte, und sie ließ den Korb viel zu heftig zu Boden fallen.
„Tsts, ungeschickte Göre!“
Inzwischen hatte Tankred den Preis offenbar wiederholt, denn die Kirchenfrau empörte sich erneut. „Viel zu teuer!“, kreischte sie aufgebracht.
Doch Tankred blieb gefasst. Er drehte seine Kappe in den Händen, aber die Stimme war ruhig, als er sprach. „Der Preis ist mit der ehrwürdigen Mutter ausgehandelt. Wollt Ihr ihre Weisheit infrage stellen?“
Die Nonne kniff den Mund zusammen, als hätte sie in eine unreife Pflaume gebissen. „Natürlich nicht.“
Sie nahm einen Korb hoch, drehte und wendete ihn und hielt das Geflecht gegen das Licht. Dann brummte sie, stellte ihn ab und nahm sich den nächsten vor.
Anna schien es, als hätte sie schon einen halben Tag dort gestanden und gewartet. Sie war hungrig, und die Beine kribbelten ihr vom langen Stehen. Doch die Ordensfrau prüfte jeden einzelnen Korb, bis sie tatsächlich fündig wurde.
„Ha! Ich kann dir nicht die volle Summe geben, der hier hat einen Fehler.“
Tankred nahm den Korb und hielt ihn ans Licht der blassen Frühlingssonne. Ohne ein Wort ging er zum Wagen und verschwand auf der Ladefläche. Kurz darauf kehrte er zurück, den Korb in der Hand. Erst als Tankred wieder neben ihr stand, bemerkte Anna, dass es nicht dasselbe Stück war. Der Rand war anders geflochten, auch wenn Farbe und Größe übereinstimmten.
„Nehmt diesen, gute Frau, er sollte Euch genügen.“
Die Nonne untersuchte auch diesen Korb gründlich, dann nickte sie gnädig. „Es ist gut, ihr könnt gehen.“
Tankred räusperte sich. „Die Bezahlung steht noch aus“, sagte er.
„Kommt im Herbst wieder, nach der Ernte.“
Warum widersprach Tankred nicht? Hatte er nicht gesagt, auf so etwas lasse er sich nicht ein? Doch der Korbflechter nickte. „Gut“, sagte er.
Anna schaute zu Boden. Sie konnte es ihrem Begleiter nicht verdenken, dass er klein beigab - diese Frau verstand wirklich jeden einzuschüchtern. Doch dann sammelte Tankred in aller Seelenruhe die Körbe wieder ein und wollte sie zum Wagen tragen.
„Was tust du da?“ Das Keifen schmerzte in den Ohren.
„Ihr zahlt im Herbst, ich liefere im Herbst.“
„Aber wir brauchen die Körbe sofort!“, herrschte sie ihn an.
„Ja. Und ich brauche das Geld sofort“, gab Tankred schlicht zurück.
„Lass die Körbe stehen, ich hole das Silber. Aber gottgefällig ist das nicht“, fauchte die Nonne. Sie rauschte durch die Tür und warf sie so fest ins Schloss, dass der Besen umfiel. Anna kicherte, und Bär jaulte laut auf.
„Gut gemacht“, sagte Anna.
Auch Tankred musste schmunzeln. „Die platzt vor Wut, aber das ist mir gleichgültig. Die brauchen im nächsten Jahr sowieso keine Körbe, und danach hat sie’s sicher vergessen.“
Anna kam nicht zum Antworten. Die Tür wurde wieder aufgerissen, und die Nonne musste achtgeben, nicht über den Besen zu stolpern.
„Himmel, was …“, schnaubte sie empört und trat den Stiel beiseite. Obwohl er Tankred nur knapp verfehlte, zuckte der nicht einmal mit der Wimper.
„Hand auf!“
Tankred tat, wie ihm geheißen. Die Ordensfrau schüttete ihm den Inhalt einer Geldkatze in die Hand.
„Geht mit Gott“, sagte sie streng und wandte sich um, die Hand schon am Türgriff.
Doch Tankred hatte es nicht eilig. Geruhsam zählte er die Münzen auf seiner rauen Hand. Die Nonne stand an der Tür und wippte gereizt mit dem Fuß.
„Da fehlen zwei.“ Er hielt ihr die Hand hin. Sie wandte sich zu ihm um, zählte die Münzen einzeln nach und wurde plötzlich freundlich.
„Das muss ein Versehen der Mutter Oberin gewesen sein. Ich werde es auslegen.“ Sie kramte in der Kitteltasche und brachte zwei Silbermünzen zum Vorschein.
Tankred strich die Münzen ein und tippte sich an die Kappe. „Gott zum

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