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Die Gewandschneiderin (German Edition)

Die Gewandschneiderin (German Edition)

Titel: Die Gewandschneiderin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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die nassen Grashalme, die Anna beim Verlassen ihres Versteckes gegen den Rock schlugen, konnten die Wahrheit nicht verleugnen: Der Sommer war noch weit. Fröstelnd hob sie die Schultern und zog Bär mit sich fort. Sie war immer noch ganz durchgefroren. Sollte sie es doch mit einem Feuer versuchen? Vielleicht wurde sie sonst krank? Es war doch weiter bis zum Fluss, als sie gedacht hatte. Glocken schlugen an. Das Kloster konnte nicht weit entfernt sein, der Lärm dröhnte ihr in den Ohren. Am Ufer war es ruhig, doch aus der Richtung, in der sie das Kloster vermutete, kamen zwei Leute auf sie zu. Anna beeilte sich mit dem Trinken. Vielleicht war es gar nicht gestattet, sich hier aufzuhalten. So nahe bei einem Kloster gehörten die Ländereien und der Fluss gewiss der Kirche.
Als Bär mit Saufen fertig war und auch Anna ihren Durst gestillt und den Schlauch gefüllt hatte, wandte sie sich um. Die beiden Gestalten - zwei Nonnen - waren schon ganz dicht herangekommen. Sie trugen Eimer und Netze.
    Eine der beiden Frauen kam Anna bekannt vor. Das war doch die Kleine aus dem Kloster, die an ihr vorbeigerannt war! Anna lächelte freundlich, denn das Mädchen tat ihr immer noch leid. Die zweite Ordensfrau war klein und füllig, und im Gegensatz zu der Jungen wirkte sie erzürnt.
„Gott zum Gruß, Schwestern, mein Name ist Anna“, sagte sie freundlich.
Die Junge nickte. „Hethel“, stellte sie sich vor.
„Du hast uns doch gesehen, oder etwa nicht?“, keifte die Alte. „Dann hättest du fragen müssen. Der Fluss gehört dem Kloster. Ohne zu fragen, darf man nur daraus trinken, wenn keiner zum Fragen da ist. Was hast du als Nächstes vor - willst du hier etwa fischen?“
Anna hatte den Mund schon zum Antworten geöffnet, als sie die Junge den Kopf schütteln sah. Sie senkte den Blick und schüttelte schweigend den Kopf.
„Verschwinde! Los, geh schon!“
Sie nahm Bär an die Leine und zog ihn vom Ufer weg. Langsam gewann die Sonne an Kraft, und ein Stück flussaufwärts lud ein trockenes Rasenstück zum Rasten ein. Anna setzte sich und rupfte einen langen Grashalm ab. Hier wollte sie sitzen bleiben, bis die beiden Nonnen mit dem Fischen fertig waren. Danach würde sie in ihr Versteck schlüpfen, um das Geld für die Lebensmittel unter ihrem Rock hervorzuholen. Der Fluss schien reich an Fischen zu sein, es dauerte nicht allzu lange, bis die Frauen ihre Eimer gefüllt und die Netze zusammengelegt hatten. Zu guter Letzt kamen sie noch einmal an Annas Ruheplatz vorbei. Die Alte schaute grimmig, aber Hethel lächelte verschmitzt. Anna sah ihr hinterher, und tatsächlich: Die junge Nonne wandte sich um, nickte in Richtung des Ufers und zwinkerte. Was wollte Hethel ihr sagen? Sie ließ den Ordensfrauen Zeit, sich von ihr zu entfernen, und lief zum Fluss. Sie hatte es schon geahnt: Hethel hatte ihr einen Fisch zurückgelassen.
Wenn sie den Fisch nicht roh essen wollte, musste sie ein Feuer entfachen. Aber erst einmal war noch einiges vorzubereiten. Anna suchte sich einen spitzen Stein, schlitzte den Fisch auf und nahm ihn aus. Kopf und Schwanz ließ sie unangetastet, damit er später nicht vom Spieß rutschte. Sie schabte die Schuppen herunter und schob ihn auf einen langen Zweig – so konnte sie ihn über die Flammen halten, ohne dem Feuer zu nahe zu kommen.
Sie hängte den Fisch mit dem Spieß in einen Busch, damit er nicht schmutzig wurde, und machte sich auf die Suche nach Feuerholz. Zum Schluss hob sie in der Nähe ihres Versteckes eine kleine Grube aus und hatte so alles gut im Blick. Doch dann musste sie schlucken. Sie hatte den letzten Schritt so lange hinausgezögert, dass es schon dämmerte. Es gab nichts mehr zu tun, außer das Feuer anzuzünden. Seufzend griff sie nach ihrem Beutel und holte den Zunder hervor.

Das kleine Feuer war endlich niedergebrannt. Natürlich hatte sie sich, während die Flammen loderten, so weit wie möglich davon ferngehalten. Nun konnte sie es wagen, näher zu treten. Die Glut strahlte noch eine wohlige Wärme ab, die Anna nach der letzten kalten Nacht bitter nötig hatte. Der Fisch hatte köstlich geschmeckt, frisch, weich und ein wenig fettig, genau, wie sie ihn mochte. Bär hatte seinen Anteil restlos vertilgt. Nun saß er auf dem kalten Erdboden und leckte sich die Schnauze. Anna wandte gerade den Rücken zur Glut, um sich zu wärmen, als Bär ein grollendes Geräusch ausstieß. Sie zuckte zusammen - der Hund hatte noch nie geknurrt, und für seine geringe Größe klang er recht

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