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Die Gewandschneiderin (German Edition)

Die Gewandschneiderin (German Edition)

Titel: Die Gewandschneiderin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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verspürte. Eins nach dem anderen. Erst einmal musste sie zum Fluss und sich waschen.
Danach war Anna so erschöpft, dass sie es nicht bis in das Gebüsch zurück schaffte. So blieb sie einfach in der Nähe des Ufers sitzen, den Hund neben sich, und sammelte ihre Kräfte. Sie musste noch einmal zum Wasser. Sie war noch nicht fertig mit dem Waschen, es roch immer noch. Wie ärgerlich, dass sich das Wasser heute so kalt auf ihrer heißen Haut anfühlte.
Endlich hatte sie sich genug ausgeruht, um wieder bis zum Ufer gehen zu können. Stehen war zu anstrengend, also kauerte sie nieder. Diese Frau im Wasser, deren Gesicht sich verzerrte und waberte - war sie das? Die Haarfarbe stimmte, aber waren ihre Augen so riesig und ihre Züge so blass? Vielleicht stand jemand hinter ihr? Das Läuten der Glocken erklang. Sie musste sich beeilen, gleich kamen die Nonnen. Anna beugte sich vor. Jetzt geriet das Bild der Frau ins Kreiseln und raste auf sie zu. Bärs Jaulen stieß ihr wie ein Messer in den schmerzenden Kopf.
    Kalt war es wirklich, das Wasser, aber wenigstens war das Gejaule leiser geworden.

Als Anna erwachte, lag sie in einer Kammer, die sie nicht kannte. Ein verschwommener Blick in die Runde zeigte ihr Wände aus grob behauenen grauen Steinquadern; nur die schwache Fackel in dem schmiedeeisernen Halter an der Wand spendete Licht. Die Decke erstreckte sich unerreichbar hoch über ihr. Sie versuchte zu schlucken, doch der Hals tat ihr so weh, dass sie es gleich wieder aufgab. Wo war sie? Das Licht der Fackel schmerzte in den Augen, und der feine Qualm biss ihr in der Nase. Sie beschloss, dass es ihr gleichgültig war, wo sie sich befand, solange sie nur nicht aufstehen musste. Erschöpft schloss sie die Augen. Sie war gerade eingeschlafen, als eine schwere Tür ins Schloss fiel. Anna wollte die Lider heben, aber es strengte sie zu sehr an, also ließ sie die Augen geschlossen. Gedämpfte Stimmen drangen an ihr Ohr, und die Decke wurde angehoben. Jemand schob ihr das Hemd hoch. Sie wollte widersprechen, aber aus ihrem wunden Hals drang nur ein Krächzen.
„Hier, die merkwürdigen Male am Leib, von denen ich sprach! Die Haut ist ganz verhornt und teilweise schwarz verfärbt. Vielleicht von einer Fessel oder einem Gurt. Was auch immer es war, die Male sind schon älter. Aber dies hier an den Beinen …“ Die Stimme schien zu einer Hand zu gehören, denn etwas drückte auf Annas Bein, und sie zuckte zusammen. „Das ist ganz frisch, höchstens zwei Tage alt.“
Anna wollte verlangen, man solle sie wieder zudecken, es sei so kalt. Doch dem wunden Hals entrang sich erneut nur ein Röcheln.
„Die Röcke waren zerrissen?“, fragte eine andere Stimme.
„Ja.“
„Hatte sie etwas bei sich?“
„Nein, bloß den Hund.“
Bär! Sie musste wissen, wie es ihm ging. Der Gedanke an den Hund verlieh ihr so viel Kraft, dass sie es endlich schaffte, die bleischweren Lider zu heben. Doch es war zu spät, sie sah nur noch zwei Ordensfrauen von hinten und hörte ihre Stimmen.
„Falls sie es schafft, gib ihr den Sud. Ich will nicht, dass die teuflische Tat auch noch Früchte trägt. Und kühlt ihr den Hals, sonst ergeht´s ihr wie den anderen Mädchen, Gott hab sie selig …“
Keine der beiden Frauen wandte sich noch einmal zu Anna um. Und an Sprechen war nicht zu denken.
     
    Die Tage zogen vorbei wie ein langer, unruhiger Schlaf. Türen schlugen. Nonnen kamen und gingen. Meist öffnete Anna nicht einmal die Augen. Sie ließ das Wasser, das man ihr einzuflößen versuchte, aus dem Mund rinnen, damit sie es nicht schlucken musste; dabei war sie unendlich durstig.
Immer wieder legte ihr jemand ein kühlendes Tuch auf den Hals. Was ihr sonst angenehm war, schnürte ihr nun den Atem ab. Sie nahm das Tuch, warf es von sich und rang nach Luft.
„Sie will nicht - was soll ich tun?“
„Die ehrwürdige Mutter hat es doch gesagt: Wenn die Krise kommt, müssen wir kühlen, sonst stirbt sie. Leg den Lappen wieder drauf.“
Anna keuchte und griff sich an den Hals. Sie warf das Tuch abermals von sich - so konnte sie nicht atmen! Wollten die Nonnen sie erwürgen? Was waren das für Frauen, die ein hilfloses Mädchen würgten? Schon wieder der kalte Druck auf dem Hals. Sie wollte um Hilfe schreien, aber es drang nicht einmal ein Krächzen aus ihrem Mund. Sie fasste das Tuch, um es fortzuziehen, aber jemand packte ihr Handgelenk und bog es zur Seite. Auch ihr zweiter Arm wurde ergriffen und festgehalten. Es ruckte, und Anna spürte,

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