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Die Gezeiten von Kregen

Die Gezeiten von Kregen

Titel: Die Gezeiten von Kregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Burt Akers
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kein Erdenmensch vorstellen kann. Ich war wieder zu Hause!
    Dabei war Kregen eine Welt mit einer größeren Landmasse als die Erde. Mein Zuhause war Valka oder Zenicce oder Djanduin. Wo ich mich in diesem Augenblick befand, wußte ich nicht. Jeder Ort war möglich. Aber das war mir gleichgültig. Solange meine Füße nur wieder dieselbe Welt berührten wie die Delias, solange ich nur nach Hause fliegen oder segeln oder reiten oder wandern oder kriechen konnte, sobald ich die vor mir liegende unbekannte Aufgabe gemeistert hatte – solange ich darauf hoffen durfte, war ich wunschlos glücklich. Ich wollte zu meiner Delia zurückkehren, meiner Delia aus den Blauen Bergen, meiner Delia aus Delphond.
    Schon oft war ich nach Kregen zurückgekehrt, doch nur selten war ich so glücklich und dankbar gewesen wie in diesem Augenblick. Ich hatte mich vergessen und ausgestoßen gewähnt. Jetzt war ich wieder hier.
    Diese Gedanken zuckten mir mit der Geschwindigkeit eines verschossenen Bogenpfeils durch den Kopf. Als ich aufstand, offenbarten sich mir der Grund für meine Anwesenheit und das Problem, das ich lösen mußte – wie immer, handelte es sich um etwas höchst Unerfreuliches.
    Ich war nackt und mußte mich auf die Fähigkeiten des alten wagemutigen Dray Prescot zurückbesinnen.
    Ein Stein zischte dicht an meinem Ohr vorbei.
    Der Mann mit der Schleuder, ein kleiner, wendiger Bursche, der fast ebenso nackt war wie ich, war aus dem dichten Gebüsch gesprungen. Kampflärm hinter ihm verriet mir, wo etwas los war – ein lautes Klirren und Ächzen, das sich mit dem Geschrei verängstigter Menschen und dem Gebrüll rücksichtsloser Mörder vermengte. Ich näherte mich dem Kerl mit der Steinschleuder.
    Es war ein Apim. Sein nächster Stein ging ebenfalls fehl, doch nur weil ich mich geduckt hatte. Der Bursche mochte zu den Leuten gehören, denen ich helfen sollte; vielleicht zählte er aber auch zu meinen Gegnern. Ich wußte es nicht. Aber das Problem kannte ich schon – mit dem einzigen Unterschied, daß ich in diesem Augenblick keinerlei Anhaltspunkt hatte. Ein zweiter Mann tauchte hinter dem ersten auf und schwang dabei eine Schleuder um den Kopf. Sein Stein verfehlte den ersten Angreifer nur knapp; der wandte sich um, lud seine Schleuder und zielte. Als ich ihn erreichte, hatte er seinen Verfolger ins Gesicht getroffen. Der Mann ging schreiend zu Boden. Der Stein hatte ihm ein Auge ausgeschlagen.
    Ich packte den gefährlichen kleinen Kämpfer. Ich war lautlos vorgeprescht, so daß er über meinen plötzlichen Zugriff sehr erschrocken war.
    »Hör mal zu, Dom«, sagte ich. »Du erzählst mir jetzt alles.«
    »Die Sklavenhändler!« rief er und wand sich in meinem Griff. Er versuchte mich zu treten, versuchte zu beißen, versuchte an sein Messer zu kommen. Er trug einen Lendenschurz aus braunem Stoff, dazu einen Beutel für seine Steingeschosse, einen Ledergürtel, ein Messer und an den Füßen staubige Sandalen.
    »Sklavenhändler«, sagte ich.
    »Sie entführen die Mädchen! Ich muß sie retten, den ...« An diesem Punkt gab er die Gegenwehr auf. Er war noch sehr jung. Seine Stimme sank zu einem Schluchzen herab. »Ich bin geflohen.«
    »Dann müssen wir zurücklaufen und sehen, was wir tun können.«
    Wenn sich die Herren der Sterne diese Komödie ansahen und nicht mochten, was sie da sahen, konnte ich im Nu für weitere einundzwanzig Jahre auf der Erde landen. Während ich den Jungen am Arm nahm und mit ihm zu den Büschen lief, ging mir der Gedanke durch den Kopf, daß aus meinen Erlebnissen auf der Erde nicht ohne weiteres zu schließen war, die Herren der Sterne hätten mich nun nach Kregen zurückgeholt. Vielleicht hatten diesmal die Savanti ihre Hände im Spiel.
    Wir erreichten das Dickicht.
    Am Horizont erhob sich eine Gebirgskette; vor uns erstreckte sich eine staubige Ebene. Nirgends eine Spur menschlicher Besiedlung. Hinter den Büschen stießen wir auf einen ausgetretenen Pfad. Weitere Büsche, dann einige vereinzelte Felder. Ein Haus brannte. Ach, diese Szene hatte ich bei meiner Rückkehr nach Kregen schon oft erlebt!
    Auf dem Weg waren Mädchen zusammengetrieben und in Ketten gelegt worden. Sie weinten und schluchzten. Ich hatte Mühe festzustellen, wer die Mädchen entführen wollte und wem es darum ging, sie zu retten. Auf den ersten Blick schien zwischen den beiden Gruppen kaum ein Unterschied zu bestehen. Beide trugen braune Lendenschurze, beide setzten Steinschleudern und Messer ein. Es handelte sich

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