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Die Gezeiten von Kregen

Die Gezeiten von Kregen

Titel: Die Gezeiten von Kregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Burt Akers
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mußte tatsächlich in der abgelegensten Wildnis gelandet sein. Eine Besonderheit des Lichts ließ mich schließlich aufmerken. Ja. Ja, da oben war nur die große rote Sonne zu sehen. Sie bedeckte die kleinere grüne. In ihrem vierzigjährigen Zyklus hatten sich die Sonnen getroffen, und die eine hatte die andere bedeckt. Ich dachte an Magdag. Was geschah an jenem Tag, da die kleine grüne Sonne vor der roten vorbeizog? War die kleinere Sonne vor dem mächtigen dunkelroten Lichtpunkt überhaupt noch zu sehen?
    »Wir schulden dir Dank«, sagte der alte Mann, der sich als Mogo der Weise vorstellte.
    Offenbar hatte ich doch das Richtige getan – bis jetzt hatte mich niemand wieder von Kregen abberufen.
    Ich blickte mich im Kreise um – die Mädchen waren hysterisch vor Erleichterung, die Männer trösteten sie, und eine Schar alter Männer und Frauen mit Kindern kam aus dem Gebüsch. Ich fragte mich, welchen dieser Menschen die Herren der Sterne vor dem Tod bewahren wollten. Von denen schien wahrhaftig keinem eine entscheidende Rolle auf Kregen vorherbestimmt zu sein. Aber das war nicht meine Sorge. Höfliche Begrüßungsworte mit dem Häuptling zu tauschen, lag mir ebenfalls nicht. Ich schlang mir ein Wildledertuch um die Hüften und bewaffnete mich mit einem Messer, einem primitiven Ding mit Knochengriff und Bronzeklinge, lieblos gemacht. Diese Menschen waren arm.
    »Sagt mir, wo diese Insel liegt«, bat ich sie und fügte hinzu: »Ich bin mit meinem Schiff gestrandet und habe die Orientierung verloren.«
    Das Kopfschütteln und Lippenschürzen, das nun einsetzte, brachte mich auf die Frage, was diese Menschen wohl sonst mit Schiffbrüchigen anfingen. Waren es gar Kannibalen?
    »Nun«, sagte Mogo der Weise und kniff die Augen zusammen. »Dies ist Inama. Das weiß doch jeder.«
    In meinem Streben nach Informationen, die mich zu Delia zurückführen sollten, fragte ich mich, welcher Dummkopf diesen Mann nur weise genannt haben mochte.
    »Und wo liegt Inama? Wie heißt die Nachbarinsel? Das nächste Festland?«
    »Von der nächsten Insel kommen die teuflischen Yanimas. Und andere Inseln von der Größe Inamas oder Yanimas gibt es nicht, nur kleinere. Und was du Festland nennst ...« Er wandte sich zu seinen Leuten um und hob die Hände an die Schläfen, was mit allgemeinem Gelächter quittiert wurde. Es gelang mir mit Mühe, die Beherrschung nicht zu verlieren.
    »Kommen hier Schiffe vorbei?«
    »Natürlich. Aber nur, um uns zu töten oder uns zu fangen. Sie kommen von den Eisgletschern Sicces. Wenn sie kommen, fliehen wir und verstecken uns. Manchmal lassen sie Dinge hier.« Er hielt mir sein Messer hin. Es war eine Stahlklinge und hatte einen Elfenbeingriff. »Dies ist ein großartiges Messer, es wurde von einem Fremden zurückgelassen.«
    Ein Umstand erleichterte mich in meiner gefährlichen Ungeduld: auch hier sprach man von den Eisgletschern Sicces – diese besondere Abart der kregischen Hölle war nicht die einzige, aber wohl die bekannteste.
    »Ich nehme das Boot«, sagte ich.
    Der Häuptling sah mich zweifelnd an und saugte an seiner Unterlippe. Etliche junge Burschen betasteten ihre Messer. »Ich habe eure Mädchen gerettet«, fuhr ich fort. »Ich möchte euch bitten, mir Wasser und Nahrung ins Boot zu stellen.« Wieder wurden Köpfe gekratzt und Blicke zum Himmel gerichtet. »Bei Vox!« sagte ich. »Sollen die Yanimas eines ihrer Boote hier finden, wenn sie das nächste Mal vorbeikommen?«
    Das war eine zweischneidige Äußerung, aber Mogo der Weise verstand sie richtig.
    »Das würde sie sehr zornig machen.«
    »Und viele von euch müßten sterben. Gebt mir zu essen und zu trinken, dann nehme ich das Boot mit.«
    Und so geschah es dann.
    Die schreckliche Erkenntnis über die üble Situation, in der ich steckte, ließ mich allerdings nicht los, ging mir immer stärker im Kopf herum, bis ich den Verstand zu verlieren glaubte. Ich war nach Kregen zurückgekehrt, wußte aber nicht, wo ich mich befand. Ich hatte mich verirrt. Zum Transport stand mir nur ein einfaches Ruderboot zur Verfügung. Die Herren der Sterne – wenn sie mich hierhergeführt hatten – wußten ihre Rache wahrlich zu genießen!
    Aber ziellos oder nicht, Ruderboot oder nicht – ich wollte losziehen, um Valka und meine Delia zu suchen. Zu den Eisgletschern von Sicce mit den Everoinye!

7
     
     
    Es gibt Ereignisse im Leben, die man so schnell wie möglich wieder vergessen möchte – dazu gehört in meinem Fall der nun folgende

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