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Die Gezeiten von Kregen

Die Gezeiten von Kregen

Titel: Die Gezeiten von Kregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Burt Akers
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neugierigen Zuschauer zu fürchten brauchten. Mein Sekundant, ein mutiger, braver Armeeoffizier, mit dem ich in Indien gekämpft hatte, hielt sich bereits in Frankreich auf. Am vereinbarten Tag kamen wir zusammen. Er trug einen schimmernden Mahagonikasten unter dem Arm und brachte die Information, daß alles bereit sei. Ein Arzt hielt sich zur Verfügung, die Kutsche wartete. Hinter herabgezogenen Fensterrouleaus fuhren wir die Küste entlang.
    Nun, wie bei so vielen Kämpfen, auf die ich mich einließ, war nicht ausgeschlossen, daß ich getötet wurde. Es sollte mit Pistolen duelliert werden. Ich halte mich für einen guten Schützen, hatte ich doch in Amerika in dieser Beziehung viel lernen können. Zwei sehr schöne Duellpistolen, in London gemacht, waren mir zugefallen, und ich wußte, wie sie schossen. Der junge Lord hatte zweifellos eine eigene Waffe.
    Die entnervenden Formalitäten des Duells zogen sich qualvoll in die Länge: es wurde eine Entschuldigung verlangt und verweigert, dann nahmen wir die Positionen ein, das Signal wurde gegeben, wir schritten los, machten kehrt und feuerten. Zwei matte Töne des Hasses in der kühlen Morgenluft. Zwei aufwallende Rauchwolken. Er traf mich in die rechte Schulter. Ich jagte dem Kleesh die Kugel in den Wanst.
    Aufregung! Der Arzt eilte los. Die Sekundanten versuchten mich fortzudrängen, doch nun war ich richtig in Fahrt. Ich benahm mich auf eine Weise, die vielleicht in Kregen am Platze gewesen wäre, nicht aber auf der Erde. Ich ging zu dem Lord, der sich schreiend am Boden wand, und beugte mich über ihn. Sein Sekundant versuchte mich fortzuzerren, doch ich gab ihm einen Stoß, und er fiel hin. Der Arzt rollte eine Handvoll weißen Leinens zusammen, das sofort blutdurchtränkt war. Der Kerl war tödlich verletzt. Ich nahm nicht an, daß die ärztliche Kunst jener Tage ihn retten konnte.
    Ich beugte mich vor, und er starrte zu mir empor.
    »Du wirst sterben, du Bastard«, sagte ich leise. »In deinem Schmerz solltest du einmal in deinem Leben noch nachdenken. Versuche dir darüber klarzuwerden, ob dieser Schmerz die Dinge wert war, die du Mary Benton angetan hast.«
    Ich spuckte ihm nicht ins Gesicht, soweit vergaß ich mich nicht.
    Mein Sekundant sagte mit soldatischer Knappheit: »Mein Gott, Prescot! Du bist ein Teufel!« Und dann zwirbelte er sich nervös den Schnurrbart. »Nach England kannst du nicht zurück.«
    »Es gibt anderes zu tun. Vielen Dank für deine Hilfe.«
    Wir trennten uns, und ich nehme an, daß er irgendwo auf der Erde begraben liegt, ein überwachsener Grabstein über einem eingefallenen Sarg. Die Zeit kennt keine Gnade.
    So kam es, daß ich auf den Ruf des Skorpions wartete und mich gerade in Frankreich befand, wo sich der pathetische Deutsch-Französische Krieg abspielte. Ich bewunderte die Tüchtigkeit der deutschen Armee und bemitleidete die Franzosen. Ich hatte bei Waterloo gegen sie gekämpft, hatte mich auf der Krim mit ihnen engagiert. Der Unsinn nationaler Eigenbrötelei, die jedes Glück zerstörte, war mir schon in den Auseinandersetzungen zwischen Vallia und Pandahem und zwischen Vallia und Hamal klargeworden. Ich lernte aber noch immer dazu.
    Ich leistete Hilfsdienste in einem Feldlazarett in Paris. Ringsum dröhnten die Kanonen. Gerade war ein Ballon aufgelassen worden, und die Preußen schossen darauf. Ich stand ein wenig abseits, Hände und Arme blutbeschmiert, und blickte empor. Der blaue Schimmer zog, so wollte mir scheinen, mit den Pulverdampfwolken des Artilleriefeuers auf mich zu. Der Lärm der Geschütze und Gewehre verhallte immer lauter, und ich stürzte – ein wunderbares, unvergleichliches, himmlisches Gefühl! – ich stürzte in die Tiefe, und der Skorpion umarmte mich und trug mich davon. Nie ist ein Mensch glücklicher von dieser Welt gegangen.

6
     
     
    Einundzwanzig Jahre!
    Einundzwanzig Erdenjahre waren seit meinem letzten Augenblick auf Kregen vergangen. Was war in dieser langen Zeit nicht alles geschehen! Ich muß zugeben, daß ein leises Zittern mich erfüllte, als ich nun aufstand und mich umsah, im Bewußtsein der herrlichen rotgrünen Strahlen Zims und Genodras', ein wunderbares Fanal für meine Zukunft. Ich fühlte mich schwach wie ein neugeborener Ponsho. Mir war, als ob ich schwebte. Das Herz schlug mir bis in den Hals. Ich stampfte den nackten Fuß auf den Boden, in das kurze Gras und atmete mit vollen Zügen die unbeschreiblich erfrischende kregische Luft, Luft wie Champagner, Luft, wie sie sich

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