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Die Giftköchin

Die Giftköchin

Titel: Die Giftköchin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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an eine Abbildung in ihrem alten Pilzbuch: Die Steinmorchel war dort mit drei roten Kreuzen versehen, als Hinweis auf besondere Giftigkeit. Soweit sie sich erinnerte, wirkte das Gift der Steinmo r chel besonders schädigend auf Nieren und Leber.
    Aus der Samenhandlung holte sich Linnea ein Fläschchen mit einem starken Pflanzenschutzmittel. Als sie den Korken öffnete und ein wenig an dem Stoff schnupperte, verspürte sie ein Brennen in den Augen und in der Luftröhre. Auch nur ein wenig mehr ist oft eine Bereicherung, dachte Linnea über ihr neuestes Gebräu. An der Tankstelle kaufte sie noch Frostschut z mittel, denn sie hatte gehört, daß daran jeden Winter in Helsinki zahlreiche Stadtstreicher starben.
    Für die Handhabung und Aufbewahrung der Gifte b e nutzte Linnea eine Reihe dichtschließender Glasfl a schen, Reagenzröhrchen und Trichter. Ihre Hände schützte sie mit Gummihandschuhen, sie vermied es, die Gase der Lösungen einzuatmen, und lüftete fleißig ihr Zimmer.
    Bereits in dieser Phase ihrer Vorbereitungen benötigte Linnea einen sicheren Aufbewahrungsplatz. Sie kam auf die Idee, für diesen Zweck die Frisierkommode von Jaakko Kivistös verstorbener Frau zu benutzen. An die Tür des Schränkchens hängte sie ein kleines Schloß. Jaakko vertraute sie voll und ganz, ein Kavalier würde natürlich nie in den persönlichen Gegenständen eines weiblichen Gastes kramen. Doch wegen der Putzfrau war Vorsicht geboten.
    Als Linnea alle Zutaten beisammen hatte, vermischte sie diese sorgfältig miteinander und goß das so entsta n dene Gebräu in Glasflaschen zu je hundert Gramm, insgesamt wurden es vier. Das Giftgebräu roch bitter, es war von feindseligem Gelb und sonderte einen feinen Dampf ab, obwohl es Zimmertemperatur hatte. Als Linnea ein paar Tropfen davon auf ein Papiertasche n tuch schüttete, begann es zu dampfen und verflüchtigte sich bald, wobei es auf dem Zellstoff einen gelblichroten Fleck hinterließ. In getrocknetem Zustand wurde der Fleck hart und zerfiel bei Berührung zu gelblichem Staub. Als sie diesen Staub in einem Fingerhut samme l te und anzündete, hörte sie ein wütendes Knistern und Knacken, und gelber Rauch erfüllte das Zimmer, er legte sich sofort auf die Atemwege und verursachte Linnea Schwindelgefühle.
    Linnea stibitzte aus Jaakkos Instrumentenschrank ein paar Injektionsspritzen und erprobte die Fließfähi g keit ihres Giftes. Ausgezeichnet, man würde es sich im Bedarfsfall direkt in die Vene spritzen können.
    Ungeduldig grübelte sie, an welchem Objekt sie ihr selbstentwickeltes Gift ausprobieren könnte. Sie selbst wagte keinen einzigen Tropfen davon zu kosten, das Risiko erschien ihr viel zu groß. In dieser Phase der Herstellung wollte sie es generell nicht an einem Me n schen ausprobieren. Schließlich kam sie auf eine Idee: Sie spritzte es in zehnprozentiger Verdünnung mit der Injektionsnadel in ein Weißbrot, verpackte dieses in eine Plastiktüte, steckte es in ihre Handtasche und ging in den Sibeliuspark, um Tauben zu füttern.
    Linnea Ravaska war immer gegen unnötige und qua l volle Tierversuche gewesen. Als nun die Tauben im Park vertrauensvoll zu ihr geflattert kamen, regte sich das Gewissen der alten Frau. Linnea beruhigte jedoch ihr Gewissen, indem sie sich einredete, es handle sich nicht um langwierige Quälerei, und außerdem sei der Versuch im Interesse der Entwicklung des Giftes unvermeidlich. Sie zerbröselte das Weißbrot und warf die Krümel auf den Kiesweg, wo ein halbes Dutzend hungriger Tauben wartete, um von dem lieben, alten Mütterchen gefüttert zu werden.
    Die Tauben schluckten freudig die Krümel. Bald j e doch wurden die Tiere unruhig, sie schwankten wie Betrunkene und flogen dann hektisch auf. Flatternd erhoben sie sich bis zu den Wipfeln der großen Ahor n bäume. Sie peitschten wütend mit ihren Flügeln die Luft, stiegen höher, bis eine nach der anderen aufhörte zu flattern und tot wie ein Stein unten auf dem Rasen aufschlug. Linnea steckte das Weißbrot erschüttert in ihre Handtasche. Dann verließ sie still und unauffällig den Park.
    Am nächsten Tag beschloß sie, ihr neues Gift an Jaakko Kivistö auszuprobieren. Sie tat einen einzigen Tropfen einer schwachen Lösung in seinen Wein, den er zum Abendessen trank. Aufgeregt und ein wenig ängs t lich beobachtete sie die Wirkung ihres Giftes. Sie hoffte von ganzem Herzen, daß sie ihm nicht zuviel ins Glas getan hatte. Letzten Endes war er der wichtigste Mann in ihrem jetzigen Leben,

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