Die Giftköchin
Bettwäsche ins Auto getragen, als drei u n saubere, nach Alkohol riechende junge Männer erschi e nen waren und nach Linnea gefragt hatten. Der älteste von ihnen war offenbar Kauko Nyyssönen gewesen. Sie waren wahrscheinlich nach Harmisto gekommen, weil die Annonce sie alarmiert hatte.
Das Trio war von Anfang an drohend aufgetreten. Nach Jaakko Kivistös Meinung hatten die Burschen eindeutig gewalttätige Absichten gehabt. Sie hatten gefragt, wo sich Linnea gegenwärtig aufhalte, ob sie womöglich ihre Hütte verkaufen wolle, ohne sich vorher mit ihren Verwandten zu beraten, und was er, Jaakko, dort suche. Jaakko Kivistö hatte die Männer gebeten, sich vom Grundstück zu entfernen, doch sie hatten die Aufforderung nicht befolgt. Im Gegenteil, sie waren in das Haus eingedrungen und hatten angefangen, auf ihn einzuschlagen. Es entstand ein Handgemenge, in dessen Verlauf er schlimm zugerichtet worden war, wie man jetzt noch erkennen konnte: Die linke Schläfe war von einem Faustschlag geschwollen, der Körper mit blauen Flecken übersät, hier und dort gab es Hautabschürfu n gen. Jaakko Kivistö hatte nach besten Kräften versucht, sich zu wehren, doch die Übermacht der jungen Männer war zu groß gewesen. Sie hatten allerdings Linneas gegenwärtigen Aufenthaltsort nicht erfahren. Zum A b schluß hatten sie wüste Drohungen ausgestoßen, dann waren sie mit dem Auto abgefahren. Jaakko Kivistö hatte den Eindruck gewonnen, daß jene drei jungen Männer recht gefährlich waren. Sie waren eindeutig hinter Linnea her. Er schätzte, daß ihre Gesundheit, vielleicht sogar ihr Leben in Gefahr war. Nachdem die Männer fort waren, hatte Jaakko mit seinen letzten Kräften die Sachen, um die Linnea gebeten hatte, ins Auto geschleppt. Dann hatte er das Haus abgeschlossen und war in das Krankenhaus von Jorvi gefahren, um Erste Hilfe geleistet zu bekommen. Jetzt war er hier, die Sachen warteten unten im Auto. Wenn es Linnea recht sei, würde er sie am nächsten Morgen nach oben bri n gen, gegebenenfalls den Hausmeister um Hilfe bitten.
Linnea sagte, wegen des bißchen Plunders brauche man nicht den Hausmeister zu bemühen. Sie bat Jaa k ko um die Autoschlüssel und holte selbst ihre Sachen herauf. Für Jaakko bereitete sie ein heißes Bad und kochte anschließend den Abendtee. Sie schlug Jaakko vor, sich gründlich auszuruhen. Für seine Schläfe machte sie ein Beefsteak zurecht, sie behauptete, davon gehe die Schwellung zurück. Der Arzt glaubte nicht recht an die Heilmethoden seiner Freundin, ließ sie aber gewähren. Vor dem Schlafengehen beschlossen die beiden Alten, für die Wohnungstür einen Spion und eine starke Sicherheitskette anzuschaffen. Dann überlegten sie, ob sie Anzeige wegen Körperverletzung erstatten sollten. Es gab natürlich keine Zeugen, und außerdem machte es ihnen Angst, polizeiliche Maßnahmen gegen die gewalttätigen Burschen einzuleiten.
»Du hast dort auf dem Lande wirklich ein furchtbares Leben gehabt«, sagte Jaakko Kivistö zu Linnea, als sie ihm neue Pflaster auf seine Wunden klebte.
Linnea betrachtete den übel zugerichteten alten Mann. Sie bekam Mitleid mit ihm, der so tapfer ihre Interessen in Harmisto verteidigt hatte. Sie mußte an den Herbst 1941 denken. Rainer war unmittelbar nach der Angriffsphase zum Oberstleutnant befördert worden. Sein Bataillon hatte während des ganzen langen So m mers gekämpft, große Verluste erlitten und nun Verte i digungsstellung weit hinten in Weißmeerkarelien bez o gen. Rainer war zum Glück nicht verwundet worden, dafür dann aber an Ruhr erkrankt, und zwar so heftig, daß der junge Oberstleutnant nahe daran war, der Krankheit zu erliegen. Und er wäre wohl auch gesto r ben, wäre nicht Linnea ins Lazarett gereist und hätte ihren Mann gepflegt. Sie hatte magenfreundliche Grie ß suppen für ihn gekocht. Sogar der Oberarzt des Laz a retts hatte zugegeben, daß Linneas Suppen den Obers t leutnant vor dem Tod bewahrt hatten. Als Rainer nach wochenlangem Krankenlager endlich in die Caloniu s straße heimgekommen war, hatte Linnea ihn mit allerlei Leckereien verwöhnt, die damals noch erhältlich waren. Sie hatte auf seinen Nachttisch einen hübschen Bas t korb gestellt, der eine Flasche Champagner und ve r schiedene Sorten Pralinen und Gebäck enthielt. Davon hatte Rainer dann nachts naschen können. Er hatte lobend anerkannt, daß der Champagner die letzten Ruhrbazillen in seinem Magen getötet habe.
Am folgenden Morgen blieb Jaakko im Bett. Linnea
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