Die Giftköchin
Komische Sache.
Anschließend besuchte er Raija Lasanen, um sich die Axt zu holen, doch sie erzählte, die Polizei habe das Werkzeug seinerzeit beschlagnahmt und mitgenommen. Sie übergab ihm die Quittung. Nyyssönen warf die Qui t tung weg, er würde ganz sicher nicht hingehen und von der Polizei eine Mordwaffe zurückfordern. Und auße r dem erschien ihm der Gedanke, eine Axt zu benutzen, allzu schaurig, eine schwache Greisin ließe sich auch mit dem Ruder betäuben, und das Meer würde den Rest besorgen.
Als diese Vorbereitungen getroffen waren, bezog Ka u ko Nyyssönen mit seinem Boot im Hafen von Taivallahti Posten, um auf Linnea zu lauern. Es war ein nebliger Morgen, für das Vorhaben an sich ausgezeichnetes Wetter, aber ob Linnea bei der feuchten Luft ihren Mo r genspaziergang machen würde? Außerdem hockten am Ufer, unmittelbar am Steg, wieder zwei Penner.
Nyyssönen stieg aus dem Boot und ging zu ihnen hin. »Macht, daß ihr hier wegkommt, dies ist ein Priva t strand.«
Die beiden hatten keine Lust, sich zu entfernen. Sie schlürften Sauermilch und pellten Wurst ab. Als Nyy s sönen seine Aufforderung etwas energischer wiederholte, wurden die Männer ein bißchen böse und erklärten, auch sie hätten schließlich das Recht, sich irgendwo aufzuhalten. Überall jage man sie weg, woanders hin, und von dort wieder weiter.
Nyyssönen ließ sich auf keine weitere Diskussion ein, sondern wurde handgreiflich. Er stieß einen der beiden Männer um, dem anderen trat er die Sauermilchpa c kung aus der Hand, so daß der Inhalt in den Sand floß, dann riß er beide an den Haaren. Laut schimpfend rappelten sie sich hoch und flüchteten halb hinkend und halb laufend vom Strand. Nyyssönen begleitete sie ein Stück und drohte, er werde ihnen die Knochen brechen, wenn sie sich noch einmal hier blicken ließen.
Passenderweise erschien bald danach Linnea im Bootshafen, in der Hand ihren Muff, in dem sie eine Tüte mit Brotkrumen bereithielt. Nyyssönen beeilte sich, sein Boot im Schatten des Stegs zu erreichen, dann wartete er.
Linnea genoß die Einsamkeit und die frische Meere s luft und betrat den Steg. Die Enten kamen herang e schwommen, auf die Höhe von Nyyssönens Boot, sie schnatterten aufgeregt, als sich die alte Frau näherte.
»Tschip, tschip, tschip«, lockte Linnea, die inzwischen die Spitze des Stegs erreicht hatte. Sie hatte Kauko Nyyssönen auf der anderen Seite nicht bemerkt, ihre ganze Aufmerksamkeit galt den im Meer platschenden Enten. Sie warf Brotkrumen in die Schar, die Tiere stritten sich laut quakend um das Futter.
Nyyssönen erhob sich langsam, sprang elastisch auf den Steg, schlich lautlos von hinten an Linnea heran und schlang blitzschnell die Arme um sie. Er setzte die zappelnde, alte Frau ins Boot, sprang hinterher, stieß das Boot vom Steg ab und wandte sich dann seiner Pflegemutter zu. Der Kidnapper gab sich scherzhaft, als handelte es sich nur um einen Jungenstreich.
»Fang bloß nicht an zu schreien! Wir fahren ein bi ß chen aufs Meer raus, ich hab mir dieses Boot gekauft.« Dabei startete Kake den Motor, das Boot ruckte heftig und sauste dann pfeilschnell aufs offene Wasser hinaus. »Halt dich fest, Linnea, jetzt geht es los!« rief Kauko Nyyssönen durch das Geheul des Motors.
Linnea blieb nichts anderes übrig, als zu gehorchen. Es war furchtbar, schon zum dritten Mal in diesem Sommer wurde sie gewaltsam verschleppt! Sie hielt sich mit den Händen am Bootsrand fest, der Muff fiel heru n ter, die Brotkrumen flogen im Fahrtwind aufs Meer wie Flocken im Schneegestöber. Bald donnerte das Boot unter der Brücke von Lauttasaari hindurch, man kam an Melkki vorbei, und schon befand man sich auf dem offenen Meer. Kauko Nyyssönen drosselte den Motor, er lachte häßlich gekünstelt.
»Es sollte eine Überraschung sein«, erklärte er sein Verhalten. »Ist es nicht schön, mal aufs Meer rauszufa h ren und sich ein bißchen zu entspannen? Einfach ex tempore!«
Linnea fand die Stimmung nicht sehr entspannend. Zu ihren Füßen lag ein großer Sack, sie berührte ihn mit dem Schuh, waren darin Steine? Dies war keineswegs eine Vergnügungsfahrt, so etwas spürt eine Frau.
Auf dem Meer war es neblig, nicht einmal die näc h sten Klippen waren deutlich zu erkennen. Kake fuhr ohne Rücksicht auf den Nebel zielstrebig nach Süden, immer weiter weg von der Küste. Die Maschine lief mit halber Kraft, das Boot hinterließ eine schwache Kielwelle im Wasser. Linnea fragte sich wieder, ob dies wohl
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