Die Gilde der Schwarzen Magier - Die Meisterin - The Magician's Guild 3: The High Lord
auf. Die Sachakanerin machte Anstalten, sich umzudrehen, aber Sonea hatte das vorausgesehen. Sie drückte die freie Hand auf die Wunde und konzentrierte ihre gesamte Willenskraft darauf, so schnell wie möglich Energie in sich hineinzuziehen.
Die Frau begriff, und ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen. Ihr Schild löste sich auf, und die Knie gaben unter ihr nach. Als sie Soneas Griff zu entgleiten drohte, schlang diese ihr hastig einen Arm um die Taille. Die Sachakanerin war jedoch zu schwer, und Sonea ließ die Frau zu Boden sinken.
Eine Woge der Kraft strömte in Soneas Bewusstsein und verebbte dann plötzlich wieder. Sie zog die Hand weg, und die Frau fiel auf den Rücken. Die Augen der Sachakanerin starrten ausdruckslos ins Leere.
Tot. Unendliche Erleichterung erfüllte Sonea. Es hat funktioniert, dachte sie. Es hat wirklich funktioniert.
Dann blickte sie auf ihre Hand hinab. Im Mondlicht, das durch das zerstörte Dach fiel, sah das Blut auf ihren Fingern schwarz aus. Kaltes Grauen packte sie. Schwankend erhob sie sich auf die Füße.
Ich habe soeben mit schwarzer Magie getötet.
Von einem jähen Schwindel erfasst, taumelte sie rückwärts. Sie wusste, dass sie zu schnell atmete, konnte aber nichts dagegen tun. Hände packten sie an den Schultern und verhinderten, dass sie zu Boden stürzte.
»Sonea«, erklang eine Stimme, »hol tief Luft. Halt die Luft an und atme dann langsam wieder aus.«
Akkarin. Sie versuchte zu tun, was er gesagt hatte. Schließlich förderte er von irgendwoher ein Tuch zutage und wischte ihr die Hand ab.
»Es ist nicht angenehm, nicht wahr?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Das sollte es auch nicht sein.«
Sie sah ihn nur stumm an, während ihr widersprüchliche Gedanken durch den Kopf gingen.
Sie hätte mich getötet, wenn ich ihr nicht zuvorgekommen wäre. Sie hat gewiss schon viele andere getötet. Warum also fühlt es sich so grauenhaft an zu wissen, dass ich das getan habe?
Vielleicht weil ich ihnen dadurch ein wenig ähnlicher werde.
Was ist, wenn es keine Spione zu töten gibt und Takan nicht genug ist, so dass ich nach anderen Möglichkeiten suchen muss, um mich für den Kampf gegen die Ichani zu stärken? Werde ich durch die Straßen irren und Räuber und andere Unholde töten? Werde ich die Verteidigung Kyralias als Vorwand missbrauchen, um Unschuldige zu überfallen?
Sonea stand dem Ansturm verwirrender Gefühle hilflos gegenüber. Noch nie zuvor hatte sie solche Zweifel gekannt.
»Sieh mich an, Sonea.«
Er drehte sie zu sich um. Widerstrebend blickte sie ihm in die Augen. Er streckte die Hand aus, und sie spürte, wie er vorsichtig etwas aus ihrem Haar zog. Ein Stück Sackleinen fiel aus seinen Fingern zu Boden.
»Es ist keine einfache Entscheidung, die du getroffen hast«, sagte er, »aber du wirst lernen, dir selbst zu vertrauen.« Er sah auf. Als sie seinem Blick folgte, stellte sie fest, dass der Vollmond direkt über dem klaffendem Loch im Dach hing.
Das Auge, dachte Sonea. Es ist geöffnet. Entweder hat es mir dies zu tun gestattet, weil es nicht böse war, oder ich werde dem Wahnsinn anheim fallen.
Aber ich gebe nichts auf törichten Aberglauben, rief sie sich ins Gedächtnis.
»Wir müssen so schnell wie möglich von hier fort«, sagte Akkarin. »Die Diebe werden sich um den Leichnam kümmern.«
Sonea nickte. Als Akkarin sich abwandte, hob sie die Hand, um sich übers Haar zu streichen. Ihre Kopfhaut kribbelte, wo er sie berührt hatte. Dann folgte sie ihm aus dem Raum, wobei sie sorgfältig Acht gab, nicht noch einmal zu der toten Ichani hinüberzuschauen.
14. Die Zeugin
E twas drückte sachte gegen Cerys Rücken. Etwas Warmes. Eine Hand.
Savaras Hand, begriff er.
Ihre Berührung holte ihn in die Gegenwart zurück. Ihm wurde klar, dass er sich in einem tranceartigen Zustand befunden hatte. In dem Moment, in dem Sonea die Sachakanerin getötet hatte, hatte die Welt sich zur Seite geneigt und begonnen, sich um ihn herum zu drehen. Seither hatte er nichts anderes mehr wahrgenommen als den Gedanken an das, was sie getan hatte.
Nun ja, fast nichts. Savara hatte etwas gesagt. Er runzelte die Stirn. Etwas darüber, dass Akkarin einen Lehrling hatte. Er drehte sich um und sah die Frau an seiner Seite an.
Sie lächelte schief. »Willst du dich nicht bei mir bedanken?«
Er blickte hinab. Sie saßen auf dem Teil des Daches, der unversehrt geblieben war. Der obere Teil des »Lochs« war ihm als ein guter Platz erschienen, um den Kampf zu beobachten. Das
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