Die Gilde der Schwarzen Magier - Die Novizin - The Magician's Guild 2: The Novice
an.
Er spürte, dass die Barriere ins Wanken geriet. Gleichzeitig wurde ihm bewusst, dass ihn alle Kraft verließ. Er machte sich auf Schmerz gefasst, aber stattdessen fiel er in die Tiefe. Er öffnete die Augen, aber alles, was er sah, war Dunkelheit... eine Dunkelheit, in die er immer tiefer hinabstürzte, selbst nachdem er eigentlich auf dem Boden hätte aufkommen müssen …
»Lady Sonea.«
Sonea blickte auf, und ihr Herz setzte einen Schlag aus. »Tania!«
Beim Anblick der Dienerin stiegen lieb gewordene Erinnerungen an frühmorgendliches Geplauder in Sonea auf, und ein Stich der Sehnsucht durchzuckte sie. Dann klopfte sie auf den Stuhl neben ihren, und Tania setzte sich.
»Wie geht es Euch?«, fragte Tania. Etwas im Gesichtsausdruck der Dienerin weckte in Sonea den Verdacht, dass sie keine positive Antwort erwartete.
»Gut.« Sonea zwang sich zu einem Lächeln.
»Ihr seht müde aus.«
Sonea zuckte die Achseln. »Ich bin abends zu oft spät ins Bett gekommen. Es gibt so viel zu lernen. Und wie geht es dir? Hält Rothen dich immer noch in Atem?«
Tania kicherte. »Er macht mir keine Mühe, obwohl er Euch schrecklich vermisst.«
»Ich vermisse ihn ebenfalls - und dich auch.«
»Ich habe einen Brief für Euch, Mylady«, sagte Tania. Sie zog ihn aus ihrem Gewand und legte ihn auf den Tisch. »Rothen meinte, er sei von Eurer Tante und Eurem Onkel und Ihr würdet ihn vielleicht gleich lesen wollen, deshalb habe ich mich erboten, ihn hierher zu bringen.«
Sonea griff eifrig nach dem Brief. »Danke.« Sie riss ihn auf und begann zu lesen. Die Schrift war steif und unpersönlich. Da ihre Tante und ihr Onkel nicht schreiben konnten, mussten sie, wenn sie einen Brief schicken wollten, die Dienste eines Schreibers in Anspruch nehmen.
»Meine Tante bekommt noch ein Kind!«, rief Sonea. »Oh, ich wünschte, ich könnte sie sehen.«
»Aber das könnt Ihr doch«, erwiderte Tania. »Die Gilde ist kein Gefängnis, wie Ihr wisst.«
Sonea sah die Frau nachdenklich an. Natürlich wusste Tania nichts über Akkarin. Aber Akkarin hatte nie gesagt, dass sie ihre Familie nicht besuchen dürfe. Und er hatte ihr nie verboten, die Gilde zu verlassen. Die Wachen am Tor würden sie nicht aufhalten. Sie konnte einfach in die Stadt spazieren und gehen, wohin sie wollte. Akkarin würde es nicht gefallen, aber da er sie gezwungen hatte, die geheimen Gänge zu verlassen und sich auf Gedeih und Verderb Regins Bande auszuliefern, verspürte sie keinen allzu großen Drang, sich fügsam zu zeigen.
»Du hast Recht«, sagte Sonea langsam. »Ich werde sie besuchen. Noch heute.«
Tania lächelte. »Sie werden sich bestimmt freuen, Euch wiederzusehen.«
»Ich danke dir, Tania«, erwiderte Sonea und erhob sich. Die Dienerin verbeugte sich, immer noch lächelnd, und ging auf die Bibliothekstür zu.
Mit einem wachsenden Gefühl der Erregung packte Sonea ihre Bücher wieder in ihren Koffer. Sie konnte sich mühelos durch die Stadt bewegen. Niemand würde sich über die Anwesenheit eines Magiers auf den Straßen den Kopf zerbrechen, nicht einmal wenn es sich dabei um einen Novizen handelte. Aber sobald sie die Hüttenviertel erreichte, würde ihre Robe Aufmerksamkeit erregen, wahrscheinlich sogar Feindseligkeit. Das war ein Problem, das sie bei ihren früheren Besuchen nicht hatte bedenken müssen, da sie damals noch keine Novizin gewesen war. Obwohl sie sich natürlich mit Magie gegen Wurfgeschosse oder andere Schikanen schützen konnte, wollte sie nicht, dass irgendjemand ihr folgte, ebenso wenig wie sie den Wunsch hatte, Aufmerksamkeit auf ihre Familie zu lenken.
Das Gesetz besagte jedoch, dass sie zu jeder Zeit die Uniform der Magier tragen müsse. Zwar machte es ihr nicht allzu viel aus, das Gesetz zu brechen, aber wo sollte sie in die schäbigen Kleidungsstücke schlüpfen, die ihr in den Hüttenvierteln als Tarnung dienen konnten - vorausgesetzt, es gelang ihr überhaupt, solche Kleidung zu finden?
Wenn sie ins Nordviertel kam, konnte sie auf dem Markt einen Mantel oder einen Umhang kaufen. Dafür benötigte sie jedoch Geld, und ihre Barschaft befand sich in ihrem Zimmer in der Residenz des Hohen Lords. Sie dachte noch einmal über ihren Plan nach. Wollte sie aus Angst vor Akkarin auf einen Besuch bei ihrer Familie verzichten? Nein. Er hielt sich tagsüber nur selten in der Residenz auf. Wahrscheinlich würde sie ihm überhaupt nicht begegnen.
Entschlossen griff sie nach ihrem Bücherkoffer, verbeugte sich vor Lady Tya und verließ
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