Die Gilde der Schwarzen Magier - Die Rebellin - The Black Magician's Guild 1 - The Magician's Guild
aufzusetzen. Er drehte sich wieder um, und sein Herz krampfte sich zusammen, als er die Angst in ihren Augen sah.
»Du musst lernen, mir zu vertrauen«, antwortete er.
Der Magier - Rothen - war zu seinem Stuhl zurückgekehrt. Soneas Herz hämmerte noch immer, wenn auch nicht mehr gar so schnell wie zuvor. In dem Morgenmantel fühlte sie sich jetzt ein klein wenig sicherer. Sie wusste, dass er keinen Schutz gegen Magie bot, aber immerhin verhüllte er das lächerliche Ding, das man ihr angezogen hatte.
Der Raum, in dem sie sich befand, war nicht besonders groß. An der einen Wand stand ein hoher Schrank, an einer anderen das Bett und in der Mitte ein kleiner Tisch. Die Möbel waren aus teurem, poliertem Holz gemacht. Auf dem Tisch lagen kleine Kämme und Schreibutensilien aus Silber. An der Wand darüber hing ein Spiegel, und die Wand hinter dem Magier zierte ein Gemälde.
»Kontrolle ist etwas sehr schwer Fassbares«, erklärte Rothen. »Um es dir zu zeigen, muss ich in deinen Geist eindringen, aber das kann ich nicht tun, wenn du dich gegen mich wehrst.«
Sonea musste an die Novizen denken, die in einem Klassenzimmer gestanden hatten. Jeweils einer von ihnen hatte einem anderen die Hände auf die Schläfen gelegt. Die Erklärungen des Lehrers stimmten mit dem überein, was Rothen sagte. Sonea verspürte eine beklommene Befriedigung, weil sie wusste, dass dieser Magier die Wahrheit sagte. Kein Magier konnte unaufgefordert in ihren Geist eindringen.
Dann runzelte sie die Stirn, denn sie erinnerte sich plötzlich wieder an die Aura, die ihr die Quelle ihrer Magie gezeigt hatte und auch, wie sie sie benutzen musste.
»Gestern habt Ihr das aber getan.«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe dich zu deiner eigenen Magie geführt und dir dann an meiner eigenen Magie demonstriert, wie du sie benutzen musst. Das ist etwas gänzlich anderes. Um dich zu lehren, wie du deine Magie kontrollieren kannst, muss ich an den Ort in dir vordringen, an dem deine Macht wohnt. Und um dorthin zu gelangen, muss ich in deinen Geist eindringen.«
Sonea wandte den Blick ab. Einen Magier in ihren Geist einlassen? Was würde er sehen? Würde er alles sehen oder nur die Dinge, die zu sehen sie ihm gestattete?
Hatte sie denn eine Wahl?
»Rede mit mir«, drängte der Magier sie. »Stell mir alle Fragen, die dich bewegen. Wenn du mehr über mich erfährst, wirst du feststellen, dass ich ein vertrauenswürdiger Mensch bin. Du brauchst nicht die ganze Gilde zu mögen, du brauchst nicht einmal mich zu mögen. Du musst mich nur gut genug kennen, um darauf zu vertrauen, dass ich dich lehren werde, was du wissen musst, und dir keinen Schaden zufügen will.«
Sonea sah ihn sich ein wenig genauer an. Er war vielleicht fünfzig Jahre alt oder älter. Obwohl sich graue Strähnen durch sein dunkles Haar zogen, waren seine Augen blau und lebendig. Die Falten um Mund und Augen verliehen ihm einen gutmütigen Gesichtsausdruck. Er wirkte wie ein freundlicher, väterlicher Mann - aber sie war keine Närrin. Betrüger sahen immer ehrlich und anziehend aus. Wenn es anders wäre, könnten sie sich nicht durchs Leben schlagen. Natürlich würde die Gilde dafür sorgen, dass sie zuerst ihren sympathischsten Magier kennen lernte.
Sonea schaute tiefer. Als sie in seine Augen sah, erwiderte er ihren Blick vollkommen ruhig. Seine gelassene Zuversicht verstörte sie. Entweder war er sich ganz sicher, dass sie nichts entdecken konnte, woran sie Anstoß nehmen würde, oder aber er glaubte, sie mit einer List dahin bringen zu können, genau diesen Eindruck zu gewinnen.
So oder so, vor ihm lag eine schwierige Aufgabe, soviel stand für Sonea fest.
»Warum sollte ich Euch irgendetwas glauben, was Ihr mir erzählt?«
Er hob die Schultern. »Warum sollte ich dich belügen?«
»Um zu bekommen, was Ihr haben wollt. Warum sonst?«
»Und was will ich haben?«
Sie zögerte. »Das weiß ich noch nicht.«
»Ich will dir lediglich helfen, Sonea.« Er klang aufrichtig besorgt.
»Ich glaube Euch nicht«, antwortete sie.
»Warum nicht?«
»Ihr seid ein Magier. Es heißt, Ihr hättet einen Schwur geleistet, die Menschen zu beschützen, aber ich habe euch töten sehen.«
Die Falten zwischen seinen Brauen vertieften sich, dann nickte er langsam. »Das hast du allerdings. Wie wir schon in unserem Brief an dich geschrieben haben, hatten wir nicht die Absicht, an jenem Tag irgendjemanden zu verletzen - weder dich noch den Jungen.« Er seufzte. »Es war ein
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