Die Gilde der Schwarzen Magier - Die Rebellin - The Black Magician's Guild 1 - The Magician's Guild
bedeckte, beiseite. Vor ihr lagen die Gärten der Gilde. Auf der rechten Seite ragte das Universitätsgebäude empor, und auf der linken konnte sie, halb verborgen hinter den Bäumen, das Haus des Hohen Lords erkennen. Sie selbst befand sich im zweiten Stockwerk des Gebäudes, das Cery das »Haus der Magier« genannt hatte.
In der Gilde wimmelte es von Magiern. Wo sie auch hinsah, entdeckte sie in Roben gekleidete Gestalten: im Garten, in den Fenstern und auf dem schneegesäumten Fußweg direkt unter ihrem Fenster. Zitternd schob sie die Papierblende wieder an ihren Platz.
Tiefe, trostlose Verzweiflung schlug über ihr zusammen. Ich sitze in der Falle. Ich werde nie wieder von hier fortkommen. Ich werde Jonna und Ranel nicht wiedersehen und Cery auch nicht. Nie mehr.
Blinzelnd kämpfte sie gegen die Tränen an, die ihr die Sicht raubten. Als sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm, drehte sie sich um und fand sich einem leuchtenden, ovalen Spiegel gegenüber. Sie betrachtete das Gesicht mit den roten Augen. Der Mund des Mädchens verzog sich voller Verachtung.
Soll ich so leicht aufgeben?, fragte sie das Spiegelbild. Soll ich plärren wie ein Kind?
Nein! Tagsüber mochten sich überall in der Gilde Magier aufhalten, aber sie hatte die Gilde bei Nacht gesehen und wusste, wie einfach es war, sich unbemerkt auf dem Grundstück zu bewegen. Wenn sie wartete, bis es dunkel wurde, und es ihr gelang, aus dem Haus zu schlüpfen, würde sie nichts daran hindern, in die Hüttenviertel zurückzukehren.
Das Schwierigste bei dem Unterfangen würde es natürlich sein, hinauszukommen. Wahrscheinlich würden die Magier sie einschließen. Andererseits hatte Rothen selbst gesagt, dass die Magier durchaus bisweilen Fehler machten. Also würde sie warten und ihre Umgebung genau beobachten. Sobald sich eine Gelegenheit bot, würde sie bereit sein, sie zu ergreifen.
Das Gesicht im Spiegel hatte aufgehört zu weinen und war jetzt starr vor Entschlossenheit. Sie fühlte sich ein wenig besser und ging zu dem kleinen Tisch hinüber. Nach kurzem Zögern griff sie nach einer Haarbürste und strich beinahe liebevoll über den silbernen Griff. Wenn sie etwas wie diese Bürste zum Pfandleiher brachte, konnte sie sich davon neue Kleider kaufen und genug zu essen für mehrere Wochen.
Hatte Rothen auch nur darüber nachgedacht, dass sie ihn vielleicht bestehlen würde? Natürlich brauchte er sich keine Gedanken über einen möglichen Diebstahl zu machen, wenn er darauf baute, dass sie nicht fliehen konnte. Solange sie in der Gilde festsaß, würde es ihr nichts nutzen, wertvolle Gegenstände an sich zu bringen.
Als sie sich abermals umsah, wurde ihr plötzlich bewusst, dass dies ein sehr eigenartiges Gefängnis war. Sie hatte eine kalte Zelle erwartet und keinen Luxus.
Vielleicht wollten die Magier sie ja wirklich auffordern, der Gilde beizutreten.
Sie blickte zu dem Spiegel auf und versuchte sich vorzustellen, eine Robe zu tragen. Eine Gänsehaut überzog ihren Körper.
Nein, dachte sie, ich könnte niemals eine von ihnen sein. Damit würde ich alle verraten - meine Freunde, die Hüttenleute, mich selbst ...
Aber sie musste lernen, ihre Kräfte zu kontrollieren. Die Gefahr war durchaus real, und Rothen hatte wahrscheinlich die Absicht, ihr einige Dinge beizubringen - selbst wenn er damit nur verhindern wollte, dass sie in der Stadt weiteren Schaden anrichtete. Sie bezweifelte jedoch, dass er ihr mehr als das beibringen würde. Bei der Erinnerung an die vielen Enttäuschungen und das Grauen der letzten sechs Wochen schauderte sie. Ihre Kräfte hatten ihr schon genug Schwierigkeiten eingetragen. Gewiss wäre sie nicht enttäuscht, wenn sie sie nie wieder würde benutzen können.
Was würde dann aus ihr werden? Würde die Gilde ihr gestatten, zu den Hütten zurückzukehren? Unwahrscheinlich. Rothen behauptete, die Gilde wolle sie in ihre eigenen Reihen aufnehmen. Sie? Ein Mädchen aus den Hüttenvierteln? Auch das war unwahrscheinlich.
Aber warum machten sie ihr dann ein solches Angebot? Gab es noch irgendeinen anderen Grund dafür? Bestechung? Vielleicht versprachen sie ihr, sie in Magie zu unterweisen, wenn sie... was tat? Was könnte die Gilde von ihr wollen?
Und plötzlich kannte sie die Antwort.
Die Diebe.
Wenn sie entkam, wäre Faren dann immer noch bereit, sie zu verstecken? Ja - vor allem, wenn ihre Kräfte nicht länger gefährlich waren. Sobald sie Farens Vertrauen genoss, wäre es nicht weiter schwierig, gegen die
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