Die Gilde der Schwarzen Magier - Die Rebellin - The Black Magician's Guild 1 - The Magician's Guild
Sonea bemerkte gerade noch, dass der Neuankömmling die Kleidung eines Dienstboten trug, bevor er sich ihrem Blick wieder entzog.
Sie hörte eine Stimme, konnte aber die Worte nicht verstehen.
Der Mann in dem Umhang nickte. »Es ist vollbracht«, sagte er, befingerte die Schließe und streifte sich den Umhang von den Schultern.
Sonea stockte der Atem, als sie sah, was darunter zum Vorschein kam. Der Mann trug die zerlumpten Kleider eines Bettlers.
Und sie waren voller Blutflecken.
Der Mann blickte an sich hinab, und ein Ausdruck von Ekel trat in seine Züge. »Hast du meine Roben mitgebracht?«
Der Diener murmelte eine Antwort. Sonea unterdrückte einen Aufschrei der Überraschung und des Entsetzens. Der Mann war ein Magier.
Er zog sich das blutbespritzte Hemd über den Kopf und entblößte dabei einen ledernen Gürtel, den er um die Taille trug. An dem Gürtel hing eine große Dolchscheide.
Im nächsten Moment nahm er den Gürtel ab und warf ihn mitsamt dem Hemd auf einen Tisch, dann zog er eine große Wasserschale und ein Handtuch zu sich heran. Der Magier tauchte das Handtuch ins Wasser und wusch sich mit geschickten Bewegungen die roten Flecken von seiner nackten Brust. Wann immer er das Handtuch ausspülte, färbte das Wasser sich ein wenig dunkler.
Dann konnte Sonea einen Arm sehen; der Diener hielt dem anderen Mann ein Bündel schwarzen Stoffs hin. Der Magier nahm es entgegen und verschwand kurz aus Soneas Blickfeld.
Sie lehnte sich ein wenig zurück. Schwarze Roben? Ein schwarzgewandeter Magier war ihr noch nie begegnet. Bei der Säuberung hatte keiner der Magier schwarz getragen. Die Position, die dieser Mann innerhalb der Gilde einnahm, musste einzigartig sein. Sie beugte sich wieder vor und betrachtete einmal mehr die blutbefleckten Kleider. Vielleicht war der Mann einer der gefürchteten Assassinen, ein fanatischer Mörder, der vor nichts zurückschreckte.
Dann kam der Magier wieder in Sicht. Er trug jetzt die schwarzen Roben und hatte sich das dunkle Haar gekämmt und zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Er griff nach dem Gürtel und öffnete den Verschluss der Dolchscheide.
Sonea sog scharf die Luft ein. Der Griff des Dolches, der jetzt zum Vorschein kam, glitzerte im Licht. Die Juwelen, die darin eingelassen waren, funkelten rot und grün. Der Magier untersuchte die lange, gebogene Klinge und wischte sie dann sorgfältig an dem Handtuch ab. Anschließend wandte er sich dem Diener zu, der irgendwo außerhalb von Soneas Blickfeld stand.
»Der Kampf hat mich geschwächt«, sagte er. »Ich brauche deine Kraft.«
Sie hörte eine gemurmelte Erwiderung. Dann konnte sie die Beine des Dieners sehen und schließlich seinen ganzen Körper, bis auf den Kopf, als er sich auf ein Knie niederließ und den Arm ausstreckte. Der Magier umfasste das Handgelenk des Mannes. Er drehte es nach oben und ließ den Dolch sachte über die Haut des Mannes gleiten. Blut quoll hervor, und der Magier drückte seine Hand auf die Wunde, als wolle er sie heilen.
Und plötzlich begann etwas in Soneas Ohren zu flattern. Sie straffte sich kopfschüttelnd, weil sie glaubte, ein Insekt sei ihr ins Ohr gekrochen, aber das Summen ließ sich nicht vertreiben. Ein Frösteln überlief sie, als ihr klar wurde, dass das Geräusch von irgendwo innerhalb ihres Kopfes kam.
Das Gefühl brach ebenso plötzlich ab, wie es begonnen hatte. Als sie sich wieder über das Gitter beugte, sah Sonea, dass der Magier den Diener losgelassen hatte. Langsam drehte er sich um und ließ den Blick über die Mauern gleiten, als suche er nach etwas.
»Seltsam«, sagte er. »Es ist beinahe so, als...«
Er konzentriert sich nicht auf die Mauer, dachte Sonea plötzlich. Er sucht nach etwas hinter der Mauer.
Angst stieg in ihr auf. Sie rappelte sich hoch, schlüpfte durch die Hecke und entfernte sich von dem Haus.
Du darfst nicht rennen, ermahnte sie sich. Du darfst kein Geräusch machen. Mit Mühe widerstand sie dem Drang, auf die Bäume zuzustürzen, und zwang sich stattdessen, sich vorsichtig davonzuschleichen. Als sie den Fußweg erreicht hatte, beschleunigte sie ihre Schritte, und wann immer ein Zweig unter ihren Füßen knackte, zuckte sie heftig zusammen. Der Wald erschien ihr dunkler als zuvor, und mit wachsender Panik begriff sie, dass sie nicht mehr genau wusste, wo sie gesessen hatte, als Cery fortgegangen war.
»Sonea?«
Als eine Gestalt aus dem Schatten trat, fuhr sie jäh zusammen. Dann erkannte sie jedoch Cerys Gesicht und keuchte
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