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Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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noch mehr offenbaren wollte, dass sie mit ihm teilen wollte, dass es Salina war, die sie auf dem Platz behindert hatte, dass es die Gildemeisterin war, die sie bis zum richtigen Moment zurückgehalten hatte. Dennoch schwieg sie. Wäre sie gezwungen, Salina zu benennen, dann wäre sie auch gezwungen, die Bruderschaft zu benennen – und dann müssten viele andere leiden, nicht zuletzt Bardo.
    Die Kugel unter ihren Händen kribbelte, als würde in ihrem Kern ein schwaches Feuer brennen. Die Wärme war verlockend und nach der Kälte der Verliese tröstlich.
    Sie hätte auf die nächste Frage des Prinzen vorbereitet sein sollen, obwohl sie eher beiläufig gestellt wurde. »Also, Ranita, warst du häufig auf dem Kathedralenplatz?«
    »Oh, nein!« Rani erinnerte sich ebenso daran, dass sie angeblich vom weit entfernten Zarithia in die Stadt gekommen war, wie auch daran, dass sie die Wahrheit sagen musste. Sie schluckte die leichte Lüge – »Niemals« – hinunter und brachte stattdessen das wahrheitsgemäße »Nicht häufig« hervor.
    Hal wandte sich zu ihr um, wie ein Wolf, der ein Lamm von der Herde abgrenzt. »Und wann warst du vor deiner Wahl als Erste Pilgerin das letzte Mal in der Kathedrale?«
    Seine grauen Augen blickten so durchdringend, dass Rani sich unwillkürlich fragte, ob er sie an jenem Tag bemerkt hatte, als Tuvashanoran als Verteidiger des Glaubens präsentiert wurde. Ranis Mund wurde trocken, und das Herz zog sich ihr in der Brust zusammen. Sie hatte keine Lüge bereit, keine Halbwahrheit für diesen Prinzen, der sich mit ihr angefreundet hatte, oder zumindest hatte sie das geglaubt. Vielleicht hatte er sie nur zum Narren gehalten, ihr ein Märchen erzählt, wie er dem ganzen Hof vorgemacht hatte, ein plappernder Dummkopf zu sein.
    »Ranita Glasmalerin, ich habe dir eine Frage gestellt. Wann warst du vor dem Tag, an dem du zur Ersten Pilgerin erwählt wurdest, das letzte Mal in der Kathedrale?«
    Rani schluckte schwer, aber sie konnte nur flüstern: »An dem Tag, an dem Euer Bruder der Verteidiger des Glaubens werden sollte, Euer Hoheit.«
    Unruhe entstand unter Jairs Wächtern, das Murmeln einer Menge, der das Schauspiel gefiel, dessen sie Zeuge wurde. Hal machte dem Hauptmann des schwarz gewandeten Kontingents ein gebieterisches Zeichen und blieb beharrlich, als wäre er sich Ranis inneren Kampfes nicht bewusst. »Und was hast du an jenem Tag in der Kathedrale gemacht, Ranita?«
    Ranita. Ihr Name als Lehrling, eine Glasmalerin. Ein Name, für den ihre Familie Opfer gebracht hatte. Ein Name, für den ihre Familie gestorben war. Sie schluckte schwer und hob den arglosen Blick zu dem des Prinzen. »Ich habe an jenem Tag nichts Böses getan, Euer Hoheit.«
    Sie atmete tief ein und erzählte die Geschichte, sorgfältig darauf achtend, nur die Wahrheit zu sagen, auch wenn sie jene Teile der Geschichte ausließ, die Tuvashanorans wahren Mörder, Bardo, entlarven würden. Ihre Geschichte war die letzte Gabe, die sie zu Ehren ihrer Familie darbringen konnte.
    Sie erzahlte, wie sie zur Kathedrale gekommen war und wie das Sonnenlicht so strahlend durch das Buntglas geschienen hatte. Sie erzählte von der Schönheit und dem Glanz, während sie beobachtet hatte, wie sich Prinz Tuvashanoran vor den Altar kniete. Und dann, kaum innehaltend, um Atem zu holen, erzählte sie, wie sie den Bogen sich vor dem Fenster des Verteidigers hatte abzeichnen sehen und wie sie aufgeschrien hatte, um den Prinzen zu retten. Um Tuvashanoran zu retten. Nicht ihn zu töten.
    Während Rani sprach, wurde die Kugel unter ihren Fingern warm. Zunächst dachte sie, es sei die normale Eigenart von Glas, das sich an die menschliche Berührung gewöhnte. Aber als sie ihre Worte wählte, als sie sich der Inbrunst ihres Glaubens an jenem Herbsttag erinnerte, pulsierte die Kugel unter ihren Händen, strahlte Hitze aus wie ein Eichenfeuer.
    »Und, Ranita, erkanntest du an jenem Morgen in der Kathedrale jemanden?«
    Ihre sorgfältig konstruierte Geschichte flimmerte in der Luft zwischen ihnen. Mit den Händen auf der Kugel bestand keine Möglichkeit zu lügen, keine Chance, den Fragen auszuweichen, die nach einem einfachen Ja oder Nein verlangten. Sie erwog, die Strafe auf sich zu nehmen und diese ganze traurige Scharade zu beenden. Sie dachte, dass sie die Frage verneinen sollte, ihr Bestes tun sollte, um das letzte Mitglied ihrer Familie zu bewahren, um Bardo zu retten. Sie sollte Worte äußern, die es ihrem Bruder ermöglichen würden zu leben,

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