Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin
seinen Einsatz übergab, achtete er darauf, die Münze mitten in ihre Handfläche zu legen, und schloss ihre Finger darum. »Ich hoffe, die Tausend Götter haben uns nicht irregeführt, Mylady«, sagte er mit ernstem Nicken. Berylina errötete, entzog ihm ihre Hand aber nicht.
Rani schluckte schwer und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Turnierfeld zu. Natürlich musste Hal um die Prinzessin werben. Er musste sie erfreuen. Er musste alles in seiner Macht Stehende tun, um ihr ihre Schüchternheit zu nehmen. Natürlich, natürlich, natürlich.
Crestman regte sich neben ihr, und Rani konnte sich kaum daran hindern, ihn anzufauchen. Die Gestalten auf dem Platz wirkten seltsam verschwommen. Die Frühlingsbrise war rauer, als Rani vermutet hatte – sie musste Staub aus der Arena in ihre Augenwinkel geweht haben. Sie wischte sich mit einer Hand verstohlen darüber und rieb sie trocken. Sie wagte jedoch nicht nachzusehen, ob Crestman ihre Bewegung bemerkt hatte.
Ob Berylina ein spezielles Wissen besaß oder ob Hal nur Glück hatte – Charion gewann den Wettbewerb. Ihr Reiter lenkte die kleine Stute wagemutig, sammelte zwanzig der Ringe ein und duckte sich unter dem schweren Körper der letzten Stechpuppe hindurch. Der andere Reiter barg nur achtzehn Ringe und wurde vom heftigen Stoß einer Figur fast aus dem Sattel geworfen.
Crestman schnaubte und murmelte leise, dass der schwerere Reiter hätte gewinnen können, wenn er sein Pferd geschickter geführt hätte. Hal jauchzte vor Freude über seinen Sieg, wobei seine Augen vor Aufregung glänzten. Teheboths automatisches Stirnrunzeln verwandelte sich zu einem berechnenden Grinsen, während er zusah, wie seine Tochter beide Münzen dem morenianischen König aushändigte. »Gut gemacht, Mylord«, sagte Teheboth.
»Nur durch die Gunst Eurer Tochter«, erwiderte Hal höflich.
»Nur durch die Gunst Pars«, beharrte Berylina so nachdrücklich, dass beide Männer sie erstaunt ansahen.
Rani hatte bis zum Ende der Reiterspiele, als die Gruppe von den Zuschauerrängen herabkletterte und gemächlich zum Palast zurückschlenderte, keine Gelegenheit mehr, mit Hal zu sprechen. Es wurde von den Adligen erwartet, dass sie sich den Nachmittag über in ihren Räumen erfrischten. Heute Abend fände ein weiteres Festessen mit Tanz statt – und die Gaukler würden wieder auftreten. Rani freute sich auf die Glaspaneele und darauf, erneut deren kunstvolle Ausführung zu studieren.
Während Berylina von ihren Kindermädchen rasch davongeführt wurde, blieb Rani absichtlich zurück. Sie hoffte, dass sie einige Augenblicke Zeit hätte, ihre Unterhaltung mit Hal zu Ende zu führen, und bedeutete Crestman, schon vorauszugehen. Sie war erleichtert, als der Amanthianer ihrer Aufforderung folgte. Aber sie sah ihn über die Schulter blicken, als Hal neben sie trat.
»Sire«, begann sie, sobald sie sich sicher war, dass niemand sie belauschte. »Ihr wisst, dass ich nicht mit Euch streite, um Euch das Leben schwer zu machen.« Sie schluckte schwer. »Ich weiß, dass ich keinen besonderen Liebreiz besitze und keine spezielle Ausbildung genossen habe. Und ich strapaziere Eure Geduld recht häufig. Aber Ihr müsst mich Euch helfen lassen, wenn ich kann. Ich hätte mit König Teheboth das Kleine Heer erörtern sollen.«
Hal blieb stehen und sah sie mit festem Blick an. »Glaubst du wirklich, er würde mit dir sprechen? Wir sind hier nicht in Morenia. Teheboth Donnerspeer hält nicht viel von Frauenworten.«
»Er wird zuhören, wenn es zum Nutzen Liantines ist. Er wäre ein Narr, wenn er einen Vorteil einfach deshalb ignorierte, weil er den Überbringer nicht mag.«
»Was auch immer er sonst sein mag, Teheboth ist kein Narr. Er wird dennoch nicht mit dir sprechen. Du kannst ihm durch mich einen Handel anbieten, ich werde deine Worte benutzen, aber er darf nicht glauben, du würdest die Entscheidungen für mich treffen.«
»Ich entscheide nicht, was Ihr tun werdet! Ich biete Euch nur Unterstützung an. Ich biete Euch Rat an.«
»Er wird keine so feinen Unterscheidungen treffen, wenn du diejenige bist, die spricht.«
»Das ist nicht fair, Mylord! Würde Farsobalinti meine Strategien ersinnen, würdet Ihr ihn an Eurer Seite dulden. Ihr würdet ihn vor Teheboth seine Meinung äußern lassen, und Ihr würdet ihn dafür ehren.«
»Die Welt ist selten fair«, sagte Hal. Als Rani erneut Einwände erheben wollte, hob er eine gebieterische Hand. »Übrigens, Rani, bist du bereit, wegen Berylina zu
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