Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin
Paneel rutschte in den Händen des Mannes leicht, aber er fing es auf, bevor es auf den Boden auftraf. Rani Händlerin war jedoch schon halb von der Bank aufgesprungen, die Hände ausgestreckt, wie eine Mutter, die ein stolperndes Kleinkind beschützt. Das Händlermädchen atmete kaum, als der Jackhand den Mond in sein Spinnenseidetuch hüllte. Ihre Aufmerksamkeit galt nun den anderen Stücken.
Erst als das letzte Glaspaneel verstaut war, lehnte sich Rani auf ihrer Bank zurück. Sie wandte sich Mareka zu und flüsterte: »Das war wundervoll! Wer sind diese Gaukler?«
Mareka rümpfte die Nase und zuckte die Achseln, um ihre Ansicht zu vermitteln, dass das Stück langweilig und mittelmäßig gewesen sei. »Es ist eine Truppe, die durch Liantine zieht. Meine Spinnengilde fördert sie.« Rani Händlerin nickte nur und nahm die Information in sich auf wie Grünwein.
Crestman fuhr bei der Nennung der Gilde jedoch hoch. Seine Reaktion genügte, um Mareka an das vergiftete Sklavenmädchen zu erinnern, und dieser Gedanke brachte sie unausweichlich auf die giftigen Octolaris, auf die vierundzwanzig hungrigen Spinnen, die in ihrem Schlafzimmer darauf angewiesen waren, dass sie ihnen ihre Abendmahlzeit brachte.
Mareka erhob sich vom Tisch, ersann mühelos eine Unmenge Lügen. Sie stellte jedoch fest, dass keine davon nötig war. Rani Händlerin blickte weiterhin zum Podest, umklammerte Crestmans Arm und flüsterte ihm etwas über Glasherstellung zu. Der Soldat wirkte uninteressiert, obwohl er die Finger der Händlerin mit seinen bedeckte. Sogar Mair, das Unberührbaren-Mädchen, war abgelenkt und beugte sich zu ihrer blassen Gefährtin, um irgendein Geheimnis zu teilen.
Mareka war bereits fast zur Tür der Großen Halle gelangt, als sie hörte, wie jemand ihren Namen rief. Sie wandte sich um und sah Jerusha, die am Arm ihres Mannes hing wie eine gemusterte Raupe am Finger eines Lehrlings. Marekas Augen verengten sich zu Schlitzen, aber sie zwang einen Schleier der Höflichkeit über ihre Worte. »Ich gratuliere dir, Schwester. Die Gaukler haben gewiss von deiner Geschichte profitiert.«
Jerusha gewährte ihr ein frostiges Lächeln und sagte: »Die Gaukler, und auch unsere Gilde. Unsere Meister werden gewiss großes Lob dafür einheimsen, dass sie solch eine unterhaltsame Truppe unterstützen. Sage mir, Mareka. Ich habe das Haus Liantine zu unserer Spinnengilde gebracht und unseren guten Ruf im ganzen Land gestärkt. Welche Pläne hast du dafür ersonnen, vor unseren Meistern Wiedergutmachung zu leisten?«
Mareka blickte die Halle hinab zu der Stelle, wo König Halaravilli mit Berylina sprach. »Ich habe meine Pläne geschmiedet, Schwester«, sagte Mareka zu Jerusha. »Warte nur ab. Die Spinnengilde wird von mir profitieren, und ich werde mich dir bei der Großen Versammlung des Mittwinters anschließen. Ich werde doch noch Gesellin.«
7
Der Sonnenschein schien warm auf die Zuschauerränge, und eine sanfte Brise trug den Duft neuen Grases über den liantinischen Turnierplatz. An einem anderen Tag wäre Rani vielleicht von der Vorführung der Reiterkünste gefesselt gewesen, die König Teheboth als Nachmittagsunterhaltung arrangiert hatte. Heute versuchte sie jedoch, unter dem Schutz des Turniergepränges eine Unterhaltung mit Hal zu führen.
Rani achtete darauf, dass die Aufmerksamkeit ihres Gastgebers von den Vorbereitungen für die nächste Runde Scheinkämpfe vereinnahmt war, bevor sie scharf flüsterte: »Warum habt Ihr Euch die Mühe gemacht, mich hierherzubringen, wenn Ihr auf nichts hören wollt, was ich sage?«
»Auf nichts hören?«, rief Hal aus und senkte dann seine Stimme. »Rani, du weißt, dass ich gestern keine Wahl hatte. Nicht einmal die unmittelbare Offenbarung all der Tausend Götter hätte Teheboth dazu gebracht, dich mit auf diese Frühlingsjagd zu nehmen. Was sollte ich tun, das Kleine Heer vollkommen vergessen? Die Gelegenheit vorübergehen lassen, mich nach ihrem Schicksal zu erkundigen?«
»Genau das hättet Ihr tun sollen. Ihr habt alles verloren, weil Ihr zu früh gehandelt habt. Ihr werdet keine Gelegenheit haben, das Thema erneut mit ihm zu erörtern.«
Rani wurde Hals heftige Erwiderung erspart, weil Teheboths Edelleute nun bereit waren, ihr überragendes Können im Turnier zu demonstrieren. Sie zwang ihre Aufmerksamkeit auf die Arena und beobachtete, wie zwei Reiter ihre Pferde zu entgegengesetzten Seiten des geräumten Feldes führten.
Die Reiter hatten Mühe, ihre lebhaften Pferde
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