Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin
sie wieder auf ihr Pferd gehoben wurde. Sie erkannte, dass sie bis spät in die Nacht ritten, dass sie schließlich auf dem Boden schlief und unter dem Nachthimmel wie ein Lasttier angepflockt wurde.
Sie erkannte, dass jemand zu ihr kam, während sie schlief, eine Frau, geschmeidig und leise. Sie erkannte die Gefahr eines Messers an ihrer Kehle, das Aufblitzen noch einer anderen Waffe. Sie hörte den geflüsterten Fluch, und dann die sanfte Aussprache. »Noch nich’. Es is’ noch nich’ deine Zeit.«
Sie erkannte, dass Crestman am Morgen zu ihr kam, dass er weiteres Gift ihre Kehle hinabgoss. Er spürte, wie er sich nahe an sie heranbeugte, spürte, wie er eine schweißdunkle Haarlocke aus ihrem Gesicht strich. Er hörte das Flüstern, als er sich noch näher heranbeugte, als er Worte formulierte, die so sanft waren, dass sie sie geträumt haben mochte.
»Ich wünschte, es wäre anders verlaufen, Ranita. Ich hätte dich vor der Gefolgschaft gerettet. Ich wollte nur immer dir dienen, aber du wolltest mich nicht haben. Du hast mich in Liantine verkauft. Ich wollte dich einst retten, aber jetzt weiß ich, dass du sterben wirst.«
Und Rani konnte nur zuhören und hoffen und versuchen, sich daran zu erinnern, dass sie hierfür gekämpft hatte. Sie hatte für eine letzte Chance gekämpft, die Gefolgschaft zu sehen.
13
Hal rollte sich auf der Federmatratze herum und legte einen Arm über sein Gesicht, um seine Augen vor einem durchdringenden Lichtstrahl zu schützen. Sein Kopf hämmerte wie eine Kriegstrommel, und er versuchte, genug Speichel in seinem Mund zu sammeln, um sich von dem üblen Geschmack zu befreien, der seine Zunge bedeckte. »Lasst mich allein«, stöhnte er, und die Worte schnitten durch seinen Schädel.
Mehrere gesegnete Herzschläge lang konnte er sich nur daran erinnern, dass er allen zu gehen, ihn in Ruhe zu lassen befohlen hatte. Er zwang sich, ein Auge zu öffnen, und sah sich in dem seltsamen Raum um. Hatte er diesen Krug an die Tür geworfen? Das war eine Verschwendung guten Weins.
Hamids Wahlmänner, erinnerte Hal sich verschwommen. Sie hatten ihn in diesen Raum geführt. Aber wie war er nach Riadelle gekommen?
Hal atmete tief durch, um das Pochen in seinem Kopf zu dämpfen. Er konnte sich erinnern, in seinem Zelt gestanden zu haben, inmitten der Großen Lichtung. Er hatte mit Farso gesprochen, wie immer versucht, den Mann aufzuheitern, ihm die sorglose Jugend zurückzubringen, die er einst gehabt hatte. Er hatte gewünscht, er könnte einen Weg finden, Farso daran zu erinnern, dass ein gesamtes Königreich ihn brauchte, dass Hal ihn brauchte.
Und dann erinnerte sich Hal plötzlich, was geschehen war. Die volle Wucht dessen stürmte auf ihn ein, prallte in seinen Bauch und zwang den Atem aus seinen Lungen. Er war blind. Er war taub. Er war verstummt durch das, woran er sich erinnerte.
Und irgendwie gelang es ihm zu stöhnen. Der alte Thait musste sich jenseits der Himmlischen Tore schiefgelacht haben. Der Gott der Ironie hatte sich schon immer eines boshaften Sinns für Humor erfreut, aber war er jemals so grausam gewesen? Hatte er einem Mann jemals solches Verderben zugefügt?
Durch den Nebel stoßend, der seinen Schädel dort erfüllte, wo sein Gehirn sein sollte, konnte sich Hal an die Soldaten erinnern, die in sein Zelt gestürmt waren, an den Hauptmann, der vor ihm niedergesunken war, dahingestreckt, noch bevor er seinen Bericht abliefern konnte. Hal konnte die gefesselte und geknebelte Kräuterhexe sehen, die alte Frau, die vor ihm auf die Knie gezwungen wurde. Es hatte einen einzigen endlosen Moment gegeben, in dem er gewusst hatte, was der Mann sagen würde, als alles Blut aus seinem Gesicht gewichen war.
Und dann die Worte. Die entsetzlichen Worte.
Mareka. Tot. Marekanoran. Tot.
Hal hatte sich vollkommen vergessen. Er hatte sich auf die Kräuterhexe gestürzt. Er schlug auf ihr verfärbtes Gesicht ein, trat sie, tastete nach einer Waffe, irgendetwas, um ihr das Tausendfache des Schmerzes zuzufügen, der sein Herz zerriss. Nur Farso hatte es gewagt, ihn zu stoppen, hatte es gewagt, ihn zurückzuhalten und zu befehlen, die Frau fortbringen zu lassen.
Farso hatte ihn festgehalten, während er seine Wut hinausbrüllte, während er an seiner Kleidung zerrte, an seinem Gesicht, an allem, was seinem blinden, verzweifelten Zorn nachgeben würde.
Er war so verflucht töricht gewesen! Er hatte geglaubt, er würde seine Frau beschützen, seinen einzigen Sohn und
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