Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin
nach Moren, sie fürchtete, vor die Gefolgschaft gebracht zu werden, mehr als alles andere, dem sie gegenübergestanden hatte. »Bitte, Heiliger Vater. Was auch immer Ihr tut, bringt mich nicht zur Gefolgschaft. Ich kenne ihre Macht. Ich weiß, zu was sie fähig ist. Hal und ich, wir kamen nach Sarmonia, um der Gefolgschaft zu entkommen. Wir ergeben uns der Macht der Gefolgschaft.«
Der Priester warf einen raschen Blick zu Crestman. »Ich dachte immer, sie hätte mehr Kampfgeist in sich.«
Rani ließ einen Teil des Schmerzes in ihrem Kiefer ihren Worten Tränen verleihen. »Das hatte ich, früher, bevor Laranifarso starb. Bevor ich bei meiner Gildeprüfung versagte.«
Die Worte brannten auf ihrer Zunge, sogar noch schärfer als Plads Essig gewesen war. Sie spürte die Götter näher kommen, von ihrer Erinnerung an den Verrat im heiligen Brianta aufgerüttelt. Sie konnte sich jetzt mit ihnen verbinden und all ihre Macht anziehen… Sie konnte…
»Bei deiner Prüfung versagt.« Der Priester warf den Kopf zurück, die dünnen Lippen waren zu einem freudlosen Lächeln zusammengepresst. »Ich muss sagen, dass mir das persönliches Vergnügen bereitet hat, Ranita Glasmalerin.« Er äußerte höhnisch ihren Gildenamen. »Du wolltest der Gefolgschaft immer wieder entgegenarbeiten, aber du hast das Ausmaß unserer Macht niemals wirklich verstanden. Du hast niemals wirklich geglaubt, zu was wir fähig sind.«
Sie versuchte, ihren Hass zu dämpfen, versuchte, ihre Antwort nicht auszuspeien. Sie scheiterte. »Was? Zu was seid Ihr fähig? Eure Gefolgschaft ist bis in den Kern verdorben, Dartulamino!«
Die fahlen Wangen des Priesters zitterten, als er an den Zügeln seines Hengstes zog. »Genug!« Dartulaminos Stimme klang lauter als jede Peitsche, und sein Pferd schoss einige Schritte vorwärts. »Beruhigt sie, Crestman. Verabreicht ihr etwas, sonst werde ich dafür sorgen, dass sie nie wieder spricht.« Dartulamino gab seinem Pferd die Sporen und galoppierte davon.
Ranis Herz hämmerte. Sie hätte ihren Zorn zügeln sollen. Sie hätte ihren Mund halten sollen. Nach allem, was sie erlitten hatte, nach allem, was sie getan hatte – und dann fast zu verlieren, dann fast ihren Plan zu verraten…
Während Crestman dem Priester nachsah, konnte Rani einen Funken Unmut in seinen Augen sehen, ein Aufflackern von Abscheu auf seinem narbigen Gesicht. Es dauerte nur einen Moment, bis Crestman seine heile Hand hob und zweien der anderen Reiter ein Zeichen gab. »Hinunter mit ihr.«
Bevor Rani sich darauf vorbereiten konnte, hatten die Männer sie schon von ihrem Pferd gehoben. Sie konnte nicht recht herausfinden, wie sie ihre Füße aus den Steigbügeln befreiten, wie sie die Zügel ihres Pferdes zu fassen bekamen. Sie ergriffen jeweils einen ihrer Arme, zwangen sie, unmittelbar zu Crestman zu schauen, als dieser humpelnd vor sie hin trat.
Das Glasfläschchen in seiner Hand war vertraut. Rani hatte vor Monaten dessen Zwilling in der Hand gehalten. Sie hatte es in den Gassen Briantas von Crestman entgegengenommen. Damals hatte das Fläschchen Gift enthalten.
Panik durchströmte sie. Wie fest war Crestman an Dartulamino gebunden? War sein eigener Rachefeldzug im Moment durch den Priester gezähmt? Ihr gesamter Körper sehnte sich danach, für ihre Freiheit zu kämpfen. Ihr Geist schrie, sie sollte sich ihren Gefangenenwärtern entwinden, darum ringen, den schattigen Waldrand zu erreichen.
Nein. Dies war der einzige Weg, wie sie zum Herzen ihres Feindes vordringen könnte. Dies war der einzige Weg, wie sie einen tödlichen Schlag anbringen könnte.
Crestman benutzte seine heile Hand, um ihren zusammengepressten Kiefer zu öffnen, und sie gab fast augenblicklich nach, denn sie wollte ihren gequetschten Kiefer verzweifelt vor weiterer Misshandlung schützen. Dennoch ging er grober vor als nötig. Er goss die Flüssigkeit schnell aus und ertränkte sie fast mit dem brennenden Zeug.
Kella hätte vielleicht gewusst, was sie trank. Die Kräuterhexe wäre vielleicht in der Lage gewesen, die Bestandteile, welche die brennende Flüssigkeit ausmachten, zu identifizieren. Sie hätte vielleicht den Prozess des Brauens, das Umrühren, das Gären erklären können.
Aber das kümmerte Rani nicht. Sie wusste nur, dass Crestmans Getränk sie verbrühte. Es versengte ihre Lungen, entflammte ihr Herz. Es fraß ihren Bauch auf, entzündete ihren Rumpf, ihre Arme, ihre Beine, ihre Finger, ihre Zehen.
Mit einer Spur ihres Geistes merkte sie, dass
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