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Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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Brust.
    Sie wandte das Gesicht aufwärts und schloss die Augen. Das Blut umspülte ihre Lippen. Ihre Lider brannten unter seiner Wärme, unter seinem pulsierenden, scharlachroten Licht. Sie tat einen letzten tiefen Atemzug, hielt ihn an und wartete auf das Ende. Wartete. Wartete. Wartete…
    »Verdammt, Junge! Ich sagte dir, du solltest ihre Hände an den Sattel binden!« Eine raue Hand wurde ausgestreckt und packte sie, zog sie aufrecht.
    »Ich dachte nicht, dass sie heruntergleiten könnte«, jammerte eine junge Stimme. Jünger als die Gildelehrlinge. Jünger als die Kinder, die in ihren Missetaten ertrunken waren.
    Rani atmete tief ein, bestürzt über das Gefühl kühler Luft um sie herum. Ihre Augen flatterten, aber sie presste sie fast augenblicklich zu, vom strahlenden Sonnenlicht geblendet. Sonnenlicht, durch ihre Lider. Das war es, was sie gesehen hatte. Nicht Blut. Nicht die Vergeltung von Hunderten von Glasmalern.
    Als sie schluckte, merkte sie, dass ihr Kiefer schmerzte. Schmerz zog sich ihren Nacken hinab, strahlte über ihren Hinterkopf aus. Sie versuchte, ihn zurückzudrängen, versuchte, ihn mit der Macht ihrer Gedanken zu zähmen, aber sie konnte dem Schmerz nicht standhalten.
    Die Tausend. Sie sollten für sie da sein. Sie sollten ihr helfen.
    Sie bemühte sich, an die Götter zu denken, einen Namen zu ersinnen, der ihr helfen könnte. Eine einzelne Silbe. Ein einzelnes Wort.
    Mair.
    Nein. Mair war kein Gott. Mair war eine Unberührbaren-Frau, die sie hasste. Mair war eine Feindin, die glaubte, Rani hätte ihren Sohn getötet. Mair würde ihr jetzt nicht helfen, würde Rani in keiner Weise beistehen.
    Rani konnte sich auf niemanden außer sich selbst verlassen. Auf sich selbst und auf die Götter, die durch ihren karmesinroten Schmerzdunst zu fern waren.
    Sie rang darum, die Finger an ihren Kiefer zu heben, das Ausmaß ihrer Verletzung zu ermessen. Aber sie konnte ihre Hände nicht anheben. Sie waren so schwer, so unbeholfen. Sie dachte über die Seltsamkeit des Gewichts nach, versuchte herauszufinden, was sie an der Bewegung hinderte.
    Natürlich!, erkannte sie schließlich. Ihre Handgelenke waren zusammengebunden. Der Junge – wer auch immer er war – hatte sie vielleicht nicht an den Sattel gebunden, aber sie war dennoch so fest gefesselt, dass eine Flucht unmöglich war.
    Während das Pferd weitertrabte, erinnerte sie sich allmählich, dass sie gar nicht entkommen wollte. Sie schluckte schwer und versuchte sich zu konzentrieren, versuchte, sich trotz des scheußlichen Schmerzes in ihrem Gesicht zu erinnern. Sie wollte nicht entkommen. Sie hatte gewollt, dass die Gefolgschaft zu Kellas Hütte käme. Sie hatte ihnen ein letztes Mal gegenübertreten wollen, hatte an einem letzten Treffen teilnehmen wollen.
    Sie wappnete sich erneut gegen den Schmerz des Schluckens, und dann zwang sie sich, sich über ihre Umgebung klar zu werden. Sie befand sich auf einem Pferderücken, auf einem trabenden Pferd. Ihr Kiefer pulsierte bei jedem Schritt, und leichte Übelkeit stieg ihr in die Kehle. Sie verdrängte den Brechreiz.
    Unten war Erde, festgetretene Erde. Sie konnte Kiefernnadeln riechen. Ein steifer Wind rauschte in den Ästen der Bäume. Die Sonne schien warm auf ihr Gesicht. Die Straße musste einen breiten Streifen durch den Wald schlagen.
    »Hör auf, dich zu verstellen. Wir wissen, dass du wach bist.«
    Crestman.
    Ranis Herz verkrampfte sich vor Schreck, während sie gleichzeitig ihr Mitleid unterdrückte. Sie hatte den verkrüppelten Mann in Kellas Hütte geschaffen. Sie hatte einen guten Soldaten gebrochen, ihn in eine verbitterte, hasserfüllte Tötungsmaschine verwandelt.
    Aber er konnte sie nicht töten wollen. Nicht jetzt. Hätte er ihren Tod beabsichtigt, hätte er das bereits tun können, sie auf Kellas Hüttenboden verhungern lassen, sie sogar erstechen können. Sie war hier sicher. Zumindest eine Weile.
    Sie zwang sich, die Augen zu öffnen.
    Er schien älter, als sie ihn in Erinnerung hatte, älter als er in der briantanischen Gasse erschienen war, als er ihr einen seelenlosen Handel angeboten hatte. Andererseits konnte sie sich noch immer an den gequälten Jungen erinnern, der er gewesen war, an den Kindersoldaten, der durch grausame Umstände über seine Grenzen hinausgetrieben worden war.
    Nun hatte Verbitterung sein Gesicht völlig neu gezeichnet. Kein Kind war in seinem Körper geblieben, nicht einmal eine Erinnerung an den Jungen, der er einst gewesen war. Sie prüfte seinen Namen

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