Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin
Hauptfakten mitgeteilt haben, bevor er den Audienzraum betrat. Rani begann, ungeduldig zu werden. Sie wollte die Dinge richtigstellen, dieses Schauspiel beenden. Aber sie sah den scharfen Blick, den Hal Puladarati zuwarf, die klare Anweisung an den unbedeutenderen Adligen vorzutreten und zu sprechen. Also gut. Der Herzog sollte als morenianischer Botschafter fungieren. Rani rang um Schweigen, erinnerte sich, dass Puladarati Hal schon seit Jahrzehnten diente, so diente, wie ein Adliger es tun sollte.
König Hamid richtete sich an die Gruppe insgesamt. »Was habt Ihr selbst zu sagen? Seid Ihr im nördlichen Wald umhergestreift?«
Puladarati trat vor, neigte den Kopf zum Gruß und blieb nur um Haaresbreite auf der Seite der Höflichkeit. Seine Worte klangen unterkühlt, als ärgere er sich darüber, vor Hamids Hof angefochten zu werden. »Wir haben den Wald betreten und wir lagerten dort, Mylord. Aber wir sind nicht umhergestreift, nicht wenn Ihr damit meint, dass wir entlang den Waldwegen Verwüstung angerichtet hätten. Nicht wenn Ihr damit meint, dass wir Eurem Volk oder Eurem Königreich irgendwelchen Schaden zugefügt hätten.«
Wenn König Hamid über den Tonfall des Beraters überrascht war, so gelang es ihm, dieses Gefühl zu verbergen. »Dennoch, Ihr habt in den Wäldern ein Feuer entfacht.«
»Ein sorgfältig gehütetes Herdfeuer, nur so groß wie nötig, um unsere Mahlzeiten zuzubereiten.«
»Ein Feuer«, wiederholte König Hamid und beugte sich leicht vor.
»Ein Feuer«, räumte Puladarati ein.
»Und Ihr habt aus den Bäumen in den Wäldern Schutzhütten errichtet.«
»Nur aus herabgefallenen Ästen, Mylord. Wir haben keinen einzigen Ast abgesägt.«
»Ihr benutztet das Holz in unserem Wald?«
»Ja, Mylord.« Puladarati schien beunruhigt, ein zweites Eingeständnis machen zu müssen. König Hamids Soldaten fühlten sich ebenfalls unbehaglich. Sie traten näher an die Gefangenen heran und legten die Hände an ihre Waffen. Als brauchten die Morenianer weitere Warnungen, dachte Rani. Ihre eigenen Waffen waren ihnen abgenommen worden, als sie im Wald umringt wurden. Außerdem war jeder Nordbewohner ebenso fest gefesselt wie Rani, und jene, die ihren Gefangenenwärtern Widerstand geleistet hatten, sogar noch fester.
Wie konnte Hal dazu schweigen? Wie konnte er sich dem unterwerfen, was auch immer König Hamid sagen würde?
Der König des südlichen Reiches fuhr fort. »Ich sehe wenig Grund dafür, diese Scharade fortzuführen. Ihr habt den Frieden des Königs im nördlichen Wald geschändet. Ihr seid vom Weg abgewichen. Ihr habt im Wald Feuer angezündet. Ihr habt Holz benutzt, um Schutzhütten zu bauen. Die Strafe ist eindeutig. Von diesem Tage an…«
»Wenn ich bitte sprechen dürfte, Euer Majestät.«
König Hamid schien von der Unterbrechung überrascht. Rani erkannte jedoch, dass er nicht so erstaunt war, wie ein König aus dem Norden es gewesen wäre. Irgendwie erwartete er von seinen Gefolgsleuten, das Recht zu haben, ihn mitten im Satz zu unterbrechen.
Zumindest von einigen seiner Gefolgsleute. Der Mann, der vortrat, gehörte nicht zu den sarmonianischen Wahlmännern, nicht zu den reich mit Edelsteinen geschmückten Männern, die vor dem König eingetreten waren. Er war keiner der Adligen, der den Tag des Gerichts seines Herrn beehrte, keiner der Bittsteller, der seinen Fall vor seinen König bringen wollte.
Es war Tovin Gaukler.
Rani glaubte, ihr Herz hätte ausgesetzt. Es erstarrte in ihrer Brust, hielt in seinem nüchternen Pulsieren inne, als hätte sich eine Hand darum geschlossen. Dann erinnerte es sich mit aller Kraft seiner Aufgabe und krampfte sich so schmerzhaft zusammen, dass sie dachte, sie müsste aufschreien.
Tovin Gaukler, der vor fast zehn Monaten aus Morenia geflohen war… Tovin Gaukler, der sich fast geweigert hatte, vor seiner Abreise mit ihr zu sprechen. Tovin Gaukler, der darauf bestanden hatte, dass sie diejenige gewesen sei, die ihn vertrieben hätte, die ihn gezwungen hätte, den Frieden und das Glück in Moren aufzugeben…
Tovin Gaukler, der sie einst geliebt hatte, und den sie geliebt hatte.
König Hamid wandte sich mit geübt geduldigem Blick dem Gaukler zu. »Gaukler, Ihr habt an diesem Hof keinen Rang. Ich seid auch kein Wahlmann oder Landbesitzer.«
Tovin verbeugte sich geschmeidig, als wäre der milde Tadel ein Lob. »Nein, Mylord. Aber ich würde dennoch gerne mit Euch sprechen, wenn Ihr gestattet. Unter vier Augen, wenn ich nicht vor Eurem Hof
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