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Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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dass Mairs Verzweiflung auf ihr Quadrat aus schwarzer Seide konzentriert war. Sähe sie das Tuch nicht mehr, würde sie endgültig wahnsinnig. Gnädigerweise begriff einer der Soldaten allmählich Mairs Besessenheit. Er steckte das zerlumpte Tuch durch ihren Gürtel und wurde von seinen Kameraden gehänselt, weil er die Bestie aus dem Norden gezähmt hatte.
    Die übrigen Morenianer hatten sich friedlicher ergeben. Sie wussten, dass sie das Gesetz gebrochen hatten, indem sie den Wald durchstreiften, und vertrauten darauf, dass ihr Lehnsherr die Dinge klären würde. Hal war als einer der letzten Männer gefangen genommen worden. Rani fragte sich, wie er es geschafft hatte, sich so weit vom Lager zu entfernen, ob er die Sarmonianer vollkommen hatte umgehen wollen, oder ob er einen anderen Plan verfolgt hatte. Er verhielt sich seltsam, nachdem er erst zu seinen Leuten zurückgebracht worden war, und er weigerte sich, ihrem Blick zu begegnen. Farso war auch keine Hilfe. Er war eindeutig mit Hal herangebracht worden, aber er blieb stumm, während er zu seinen Gefangenenwärtern blickte und sich nur mit der Zunge über die Lippen fuhr wie ein großer, hechelnder Hund.
    Nun gut, dachte Rani, während sie sich in König Hamids Raum umsah. Eines nach dem anderen. Die Möglichkeiten einschätzen. Sie machte sich wie jeder gute Händler daran, die Mittel zu erwägen, die sie zur Verfügung hatte.
    Zunächst war Halaravilli ein König. Er könnte argumentieren, dass er als Botschafter Morenias hier sei, weshalb ihm alle Vergünstigungen dieser Position gewährt werden sollten.
    Zweitens waren die ihn begleitenden Männer Adlige, und sie hatten tatsächlich kein Wild und keine Schwäne gejagt, während sie in den Wäldern lagerten. Sie hatten die sarmonianischen Gesetze praktisch nicht verletzt.
    Drittens… Rani überdachte die Fakten, rang darum, einen dritten Vorteil zu benennen. Sie konnte nichts ersinnen, ebenso wenig wie sie Argumente für die Gnade und Freundlichkeit des sarmonianischen Hofes ersinnen konnte.
    Rani unterdrückte ein Seufzen. Nun, vielleicht hatte Hal einen Plan, wenn sie schon keinen hatte. Vielleicht hatte er eine andere Flucht berechnet. Das könnte der Grund für sein seltsames Schweigen sein, seine offensichtliche Weigerung vorzutreten und Hamids Erscheinen zu verlangen, wie ein König zu fordern, seinen Fall einem Ebenbürtigen vorzutragen.
    Weitere Vermutungen wurden von hektischer Geschäftigkeit am andern Ende der Halle unterbrochen. Zwei junge Knappen in Gold verzierten, königsblauen Tuniken betraten den Raum. Hinter ihnen folgte eine Ehrengarde aus einem Dutzend Soldaten, Männer, die eindeutig aufgrund ihrer Größe und Kraft erwählt worden waren. Tatsächlich wirkten die Wächter, als könnten sie alle Brüder sein, so ähnlich war ihre Hautfarbe, ihre Haltung, ihr düsterer Prunk.
    Eine Ansammlung Adliger folgte den Wächtern, fünf Männer in reich mit Edelsteinen verzierten Gewändern. Rani sah, dass zwei von ihnen ihre vierteiligen Wappen mit dem königlichen Hirsch geschmückt hatten. Also waren sie im königlichen Haus verheiratet. Alle Waffen trugen eine seltsame Vorrichtung – eine mit einer Schwanenfeder versehene Kappe.
    Ein weiterer Knappe betrat den Audienzraum, bevor Rani die Bedeutung ergründen konnte. Ein Kind, das ein Kissen trug, das größer als sein Kopf war. Auf dem Kissen ruhte eine Krone, ein reich verzierter Reif aus goldenen Blättern und verflochtenen, goldenen Zweigen, die durch den Raum hindurch unheilvoll glänzten. Ein zweiter Knappe trug ein ähnliches Kissen, aber seine Last war eine bleigefasste Glaskugel.
    Unter anderen Umständen hätte Rani sich über die Kugel gewundert. Sie hätte vielleicht nach ihrer Herkunft und der bei ihrer Gestaltung eingesetzten Kunstfertigkeit gefragt. Sie hätte vielleicht die Bleilinien betrachtet, aus deren Anordnung gelernt, berechnet, wie man sie hätte besser gestalten können. Aber nun ärgerte die offenkundige Darstellung weltlicher Macht sie nur. Sie wollte den Mann sehen, der einen solchen Schatz besaß, den Mann, der die Morenianer wie gewöhnliche Gefangene hatte warten lassen.
    Und sie wurde nicht enttäuscht. König Hamid von Sarmonia bildete das Ende der Prozession. Er rauschte mit der Zuversicht eines Mannes in den Raum, der weiß, dass er ein Königreich besitzt. Er war jünger, als sie erwartet hatte – vielleicht nur zehn Jahre älter als Hal. Er war groß und hager und so schlank, dass Rani die Hand einer

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