Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin
Königs gehörte.
Was dann? Warum schlug sein Herz bis in seinen Arm und seine Finger hinab? Warum kochte sein Blut bei der Erwähnung des morenianischen Monarchen?
»Dann sagt es uns«, forderte der Soldat, so als ob er in eine Privatunterhaltung mit dem Nordländer vertieft wäre. »Welche Schritte wurden unternommen, um Morenia unter unsere Kontrolle zu bringen?«
Der Besucher sah sich in dem Raum um, hielt den Soldaten mit einem Blick fest, der trotz der verhüllenden Seide stahlhart wirkte. »Morenias Heer wurde vernichtet. Seine Männer wurden durch öffentliche Hinrichtungen gezähmt – jeweils einer von zehn Soldaten wurde ausgelost und auf der Hauptstraße, die von den Stadttoren zum Palast führt, gepfählt. Jeglicher Bürger, der dabei erwischt wurde, einem solchen Soldaten zu helfen, wurde auf der Stelle als Verräter hingerichtet. Verräter wurden gestreckt und gevierteilt, und ihre Köpfe wurden neben den öffentlichen Brunnen auf Lanzen aufgespießt. Beine und Arme wurden an den Kreuzungen der größeren Straßen der Stadt platziert. Bisher wurden nur sieben Brunnen gekennzeichnet. Weniger als dreißig Straßen sind ausgeschildert.«
Kellas Magen drehte sich bei der grimmigen Aufzählung um. Es waren nicht so sehr die Worte, die sie störten. Sie wusste, dass diese Männer in Kriegszeiten hart waren. Sie rebellierte eher gegen den kalten Tonfall des Nordländers, seine äußerste Geringschätzung der Menschen, die sein Akzent als die Seinen offenbarte. Kümmerte es ihn nicht, dass seine Landsleute vertrieben wurden? Kümmerte es ihn nicht, dass sein Heimatland zerstört wurde?
»Und die Liantiner?«, rief eine Frau aus der Gruppe. »Haben sie ihre Spinnen zurückgenommen?«
»Sie haben die morenianischen Octolaris befreit, zumindest diejenigen innerhalb des Palastes. Einige Adlige hielten Spinnen an ihren eigenen Höfen. Wir arbeiten daran, sie zurückzubekommen. Das liantinische Seidenmonopol hat seine Perfektion noch nicht zurückerlangt, aber es ist wieder stärker als vor der Vernichtung Morens.«
Kella war erneut über den Tonfall des Mannes entsetzt. Erkannte er nicht, dass er von Männern und Frauen und Kindern sprach, die in Kriegszeiten litten? Erkannte er nicht, dass eine Stadt mehr war als nur Stein und Holz, mehr als Handelswaren, dass es Menschen waren, die darin lebten?
Und doch konnte Kella die Zufriedenheit der Versammlung mit dieser Antwort spüren. Sie hörte in ihrem Seufzen und den gemurmelten Gebeten Anerkennung. Sie freuten sich, dass diese Stadt im Norden, dieses Moren, vernichtet war. Sie wollten dessen Zerstörung, gleichgültig, welchen Preis die Menschen dafür zahlen mussten.
Dann erkannte Kella die wahre Bedeutung der Geschichte, die sie hörte. Der Nordländer war bereit, sein eigenes Heimatland zu vernichten. Er war bereit, Soldaten zu ermorden, Bürger hinzurichten, die Leben unschuldiger Kinder und Frauen in Gefahr zu bringen. Für seine eigenen Ziele, für die Ziele der Gefolgschaft, war er bereit, ein gesamtes Königreich den eindringenden Liantinern auszuliefern.
Und wenn er ihnen helfen würde, könnte ihn auch nichts davon abhalten, den Briantanern zu helfen, den inbrünstigen Andächtigen, die – zumindest gemäß dem grün gewandeten Priester, der am Vortag zu ihrer Hütte gekommen war – Hexen zum Tode verurteilten.
Hexen wie Kella. Hexen wie all die Schwestern.
Kella musste etwas tun. Sie musste verhindern, dass der Konflikt aus dem Norden in den sarmonianischen Wald gelangte. Sie musste alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Gefolgschaft davon abzuhalten, die Tore zu Sarmonia zu öffnen und die Briantaner hereinzulassen. Briantaner würden sie töten, ihre Schwestern töten. Sie musste die Kräuterhexen retten, um welchen Preis auch immer.
Sie hätte es beinahe versäumt, ihre Aufregung zu verbergen. Der Soldat neben ihr durfte nicht erkennen, dass sie nun einen Plan hatte, dass sie schließlich die volle Bedrohung erkannt hatte, die er darstellte, er und seine Versammlung. Wenn er entdeckte, dass sie mehr an der Gefolgschaft interessiert war als zuvor, würde er sie auf der Stelle töten.
Kella zwang sich, drei beruhigende Atemzüge zu tun, atmete ihre Anspannung aus, während sie ihre Lungen leerte. Sie würde der Gefolgschaft auf neue Art zuhören. Sie würde alles erfahren, was sie konnte, und dann würde sie ihr Wissen mit den Schwestern teilen. Gemeinsam würden die Kräuterhexen eine Möglichkeit ersinnen, sich zu schützen, Sarmonia
Weitere Kostenlose Bücher