Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin

geschützt.
    »Hexe!« Sie hatte sich zu lange Zeit genommen zu antworten. Crestmans Gesicht verdüsterte sich, sein Zorn wurde durch die schimmernde Narbe betont, die in der düsteren Hütte hervorstach. Dartulaminos Blick zuckte zu dem anderen Mann, aber der Nordländer unternahm nichts, um seinen Kameraden zu beruhigen. Kella musste handeln. Sie musste ihnen etwas geben, irgendetwas, sonst würde sie vielleicht nicht in ihr Zuhause zurückkehren.
    »Ich kann Euch sagen, wo sich in den Wäldern eine Frau mit einem Baby versteckt.«
    »Eine Frau?« Gier überzog Crestmans Züge, und er hob seine klauenförmige, linke Hand an, als wollte er die Information auf der Stelle aus ihr herausreißen.
    »Ja. Eine Frau.«
    »Königin Mareka? Diejenige, nach der ich Euch zuvor fragte?«
    »Königin?« Sie ließ ein wenig Verwunderung in ihren Tonfall einfließen, während sich die Information gleichzeitig einpasste. Jalina. Die Frau, die ihre Begleiter mit einer Haltung selbstsicherer Erhabenheit umhergescheucht hatte. Königin… Nun, das war eine größere Geschichte, als Kella gedacht hatte.
    »Spielt keine Spiele mit mir, alte Frau! Ich habe sie Euch beschrieben. Ich sagte Euch, sie wäre schwanger oder hätte gerade entbunden.«
    »Ich kenne keine Mareka«, sagte Kella. Zumindest das entsprach der Wahrheit. Die Frau, die sie kannte, die Frau, die den Vertrag unterzeichnet hatte, trug einen anderen Namen. Sie bezweifelte, dass der Soldat diese Wortklauberei zu schätzen wüsste, aber sie musste mit den wenigen Mitteln arbeiten, die ihr zur Verfügung standen.
    »Wer dann?«, fragte Dartulamino, und Kella blinzelte, denn sie hatte die Bedrohung fast vergessen, die er darstellte. Fast vergessen, aber nicht ganz.
    »Diese nennt sich Rani Händlerin.«
    »Rani?« Crestmans gesamter Körper erstarrte, als er ihren Namen flüsterte.
    »Ja«, sagte sie, und es tat ihr fast leid, dass sie das Mädchen erwähnt hatte, das gekommen war, um den verzweifelten Priester nach Hause zu geleiten.
    »Sie ist hier? Im Wald?«
    »Das ist sie.«
    »Ist sie allein?«, unterbrach Dartulamino sie, bevor der Soldat reagieren konnte.
    »Ich habe sie mit noch jemandem gesehen. Mit einem Priester.«
    Dartulamino nickte. »Natürlich. Mareka verbirgt sich hier, deshalb floh Halaravilli nach Süden. Er brachte dieses Händlerbalg mit sich, und Siritalanu ebenfalls. Sie müssen direkt von der Kathedrale gekommen sein, unmittelbar von den Ritualen…«
    »Wo?« Crestmans Stimme klang in der einsamen Hütte lauter als nötig, und Kella zuckte bei der Schärfe seines Tonfalls zusammen. »Wo ist sie?«
    »Das weiß ich nicht sicher«, wich Kella aus. »Ich habe ihr Lager nicht wirklich gesehen.«
    »Aber Ihr habt eine Vermutung! Ihr kennt diese Wälder!« Kella hätte den Namen der Händlerin nicht ins Spiel gebracht, wenn sie gewusst hätte, dass Crestman so zornig würde. Die Kräuterhexe in ihr wollte ihn zu der verwaisten Feuerstelle hinüberführen, wollte ihn beruhigen, während sie einen heißen Molkentrank aus Trostblatt brauen würde.
    »Sie ist zu mir gekommen, das ist alles. Sie kam zu meiner Hütte.«
    »Wann?«
    Sie dachte rasch nach. »Erst kürzlich. Gestern.« Das stimmte, auch wenn es ihn auf die falsche Spur führte. Kella konnte erkennen, wie er rechnete, ermaß, entschied, wie weit das Mädchen gekommen sein könnte.
    »Wird sie zurückkommen?«
    »Das weiß ich nicht. Wenn sie mich braucht, weiß sie, wo sie mich findet.«
    Crestman begann, auf und ab zu laufen, was die Aufmerksamkeit auf sein verkrüppeltes Bein zog. Ein fester Schritt, ein schleifender Schritt, ein weiterer Schritt, ein weiteres Ziehen… Kella wollte ihn bitten innezuhalten, still zu stehen, sie nachdenken zu lassen, aber sie wagte es nicht, etwas zu sagen.
    »Wenn Ihr zurückgeht«, sagte er schließlich, »werdet Ihr sie finden. Bringt sie in Eure Hütte und fesselt sie. Wickelt ein weißes Tuch um die dreifache Eiche an der Biegung des Flusses. Ihr wisst, welche ich meine?«
    Kella nickte. Sie könnte das Händlermädchen finden. Tovin würde ihr dabei helfen. Tatsächlich hielt sich Rani Händlerin fast sicher auf der Großen Lichtung auf, bei den Gauklern und den anderen Nordländern, die den Wald heimsuchten.
    Crestman fuhr fort. »Lasst das weiße Tuch dort, und ich werde kommen. Ich werde Rani Händlerin abholen und schon lange bestehende Schulden klären.« Das Leuchten in den Augen des Soldaten hielt Kella davon ab, etwas zu erwidern. Es gab keinen guten