Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin
Kräuterheilmittel eingetauscht hatte.
Dartulamino besaß scharfsinnige Augen, als wäre er es gewohnt, die Seelen der Menschen auseinanderzupflücken und die düsteren Tiefen ihrer Gedanken zu erforschen. »So. Einer Eurer… Ratsuchenden hat also beschlossen, Euch von der Gefolgschaft zu erzählen.«
»Ja. Von der Gefolgschaft des Jair.« Sie hielt inne, bevor sie beschloss, ihren letzten Trumpf auszuspielen. »Und von dem Königlichen Pilger, auf den Ihr wartet und der über alle Königreiche regieren und der Gefolgschaft wahre Macht verleihen wird.«
»Ihr wisst zu viel, Frau!« Der Nordländer wurde augenblicklich zornig.
»Er hat gelernt, mir zu vertrauen, der Ratsuchende«, sagte Kella und bemühte sich sehr, ihre Stimme einfältig und vertrauenswürdig klingen zu lassen. »Er kam viele Monate lang zu mir, und er war dankbar für die Behandlung, die ich ihm gewährte. Sein Hexenschuss wurde geheilt, und er ging davon wie ein junger Mann. Ging und ritt und frönte… weiteren männlichen Sportarten.« Sie lächelte verzerrt und zuckte die Achseln, als wäre sie sich solch weltlicher Dinge nicht wirklich bewusst.
»Und wo ist dieser Mann jetzt?« Die gelblichen Lippen des Mannes waren misstrauisch geschürzt.
»Das weiß ich nicht.«
Dartulamino sah sie mehrere Herzschläge lang an, bevor er nickte. »Also gut. Ihr kommt mit Wissen über die Gefolgschaft zu uns. Ihr sprecht vom Königlichen Pilger. Ihr dürft mit diesem Wissen leben.«
Kellas Erleichterung wurde durch ihr Erstaunen vereinnahmt. Sie hatte die Bedingungen der Prüfung, der sie gerade unterzogen worden war, nicht erkannt. Sie hatte nicht gewusst, dass sie um ihr Leben gehandelt hatte. Ein großes Gewicht glitt von ihren Schultern, eine Last, deren sie sich nur einen Moment zuvor noch nicht bewusst gewesen war. Sie dachte erneut an die Menschen, die im Norden hingerichtet worden waren, an tapfere Soldaten, die in den kalten Straßen der Stadt gepfählt worden waren, nur weil sie für ihren König gekämpft hatten. Was tat sie hier? Warum spielte sie mit dem Feuer?
Weil Feuer die stärksten Tinkturen braute. Weil Feuer das Blut gegen die Winterkälte wärmte. Weil Feuer in den Wäldern Kraft bedeutete.
Kella brauchte die Gefolgschaft. Sie musste mit diesen Männern zusammenarbeiten, um dafür zu sorgen, dass sie und ihre Schwestern in Zukunft frei wären und dass niemals briantanische Fanatiker durch Sarmonia marschierten. Sie räusperte sich und sprach mit der Zuversicht einer jungen Frau. »Ich kann Euch dienen.«
Dartulamino nickte, als hätte sie irgendeine traditionelle Formel gesprochen. »Oh, das werdet Ihr. Unsere Gefolgsleute teilen ihr Wissen. Ihr habt an unserem Treffen teilgenommen, und wir erwarten nicht weniger von Euch als vollständige Ergebenheit.«
Sie untersagte es sich, schwer zu schlucken, wohl wissend, dass diese Männer die Reaktion als ein Zeichen von Schwäche ansehen würden. »Ja.«
»Dann ist es an der Zeit, dass Ihr Euer Wissen preisgebt. Alles.«
»Jetzt?«
»Jetzt.«
Kella dachte an die in ihren Dachsparren trocknende Distarinde. Sie erinnerte sich an den Süßwein, den sie erst vor wenigen Tagen geerntet hatte. Sie dachte an ihre Kalmuswurzel, die Katzenminze und den süßen Augentrost. Aber sie wusste, dass diese Männer nicht an ihrem Kräuterwissen interessiert waren. Sie kümmerten keine Tränke und Tinkturen und Breiumschläge, wie stark die Kräuterhexe auch war, die sie braute.
Diese Männer wollten etwas über Jalina wissen.
Das war immerhin der Grund dafür, warum der Soldat – warum Crestman – durch den Wald geritten war. Das war der Grund dafür, warum er sie ursprünglich aufgehalten hatte.
Kella konnte sich an ihre Entscheidung an jenem ersten Tag erinnern, so deutlich, als träfe sie sie erneut. Sie hatte beschlossen, den Soldaten anzulügen, damit er sein Angebot erhöhen würde, damit sie mehr aus ihm herausholen könnte.
Das war, bevor sie den Zorn in seinen drahtigen Fingern gespürt hatte. Das war, bevor er ihr sein Knie in den Rücken gebohrt hatte. Der Soldat hatte keinen guten Grund, Jalina zu finden, und wahrscheinlich einen noch weniger guten Grund, ein Auge auf den kleinen Jungen zu werfen. Nein, Kella hatte hart genug dafür gearbeitet, diesen Jungen auf die Welt zu bringen. Sie würde ihn nicht dem ersten Mann mit einem Schwert und einem hitzigen Temperament ausliefern, der auf der Suche nach ihm daherkam.
Außerdem waren Jalina und Würmchen durch den Vertrag
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