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Die gläserne Welt

Die gläserne Welt

Titel: Die gläserne Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Hoff
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Sie einen Kognak trinken.« Der Arzt lachte wiederum. Johnny zog sich zur Tür zurück.
    »Also es wird jetzt anders werden«, sagte der Doktor, »du wirst dir nichts mehr gefallen lassen. Und du wirst keine Schmerzen mehr haben.«
    »Aber ich kann doch nicht –« setzte Johnny an.
    »Doch. Du kannst. Und du willst sogar.« Der Blick des Arztes bohrte sich in den des Patienten, »du willst, nicht wahr?«
    Johnny taumelte, wurde blaß. »Ja – ich will!«
    »Und nun troll dich nach Hause. Zu deiner Barbara, Johnny. Ich habe jetzt keine Zeit mehr für dich. Andere Patienten warten auf mich. Vergiß mir nicht, deine Frau zu schicken.«
    Kopfschüttelnd stolperte der Neger davon ...
    Man hatte von Dr. Morton eine bestimmte Eidesformel verlangt, bevor ihm als ersten Arzt in den Staaten ein Ablauschgerät übergeben wurde. Die Formel lautete: ›... und verpflichte ich mich hierdurch feierlich, mit diesem mir anvertrauten Gerät keinerlei Mißbrauch zu treiben, es stets in sicherem Gewahrsam zu halten und lediglich davon Gebrauch zu machen, wo es nach meinem besten Wissen nur guten, heilenden und die Menschheit fördernden Zwecken dient ...‹
    Es war eine Formel, die man eigens zu solchen Zwecken ausgearbeitet hatte, und die in allen künftigen Fällen angewandt werden sollte.
    Morton war Chefarzt eines der größten Krankenhäuser. Er hatte sich als bedeutender Psychiater einen Namen gemacht; seine Veröffentlichungen über Geisteskrankheiten und neue Methoden zu ihrer Heilung hatten in Fachkreisen Aufsehen erregt. Dabei war und blieb er ein Original. Er störte sich nicht an Negerpatienten. In seiner Ausdrucksweise paßte er sich ihnen an.
    Nun stellte er die Schwingungszahlen seiner Patienten fest, vorwiegend solcher, bei deren verschlossenem Wesen er bisher nicht erkennen konnte, wo ihre seelischen Hemmungen lagen.
    Morton verfolgte sie bis in das verstrickteste Labyrinth ihrer Ganglien.
    Abgründe, seltsame Wirrnisse und Verbindungen der Gedanken taten sich vor ihm auf.
    Tiefer, als es ihm selbst bei seiner hypnotischen Heilmethode möglich gewesen war, drang er nun in das Unterbewußtsein seiner Patienten ein. Viele gefielen sich, so, wie Johnny, der Neger, in der Rolle des Leidenden, spielten sich selber und anderen eine Komödie vor, nur, weil sie von anderen Menschen dadurch besser behandelt wurden, – weil sie Mitleid erweckten und Rücksichtnahme erreichten. Aber es gab auch richtige ›Kurzschlüsse‹, falsche Verknüpfungen an sich guter Ideen, Hemmungen aus den Untergründen des Instinkts oder einer falschen Erziehung heraus. Morton konnte jetzt klar sehen in vielen Punkten, die ihm sonst ewig ein Rätsel geblieben wären. Bei Irren deckte er Vorstellungsgruppen auf, die er nun auf Grund seiner Erkenntnis auf suggestivem Wege blockieren konnte, so daß sich alsbald eine Heilung vollzog.
    Nach und nach bemerkten seine Patienten, daß sie ihm nichts mehr vormachen konnten, – daß er, wie sie zunächst noch meinten, ihre geheimsten Gedanken ›erriet‹. Es war ihnen unheimlich, und sie tobten. Aber er machte die Leute auf diese Weise gesund. Rücksichtslos räumte er alle Hemmungen fort, mit denen sie sich bei ihrer ›Flucht in die Krankheit‹ selber den Rückweg abschneiden wollten. Er horchte Kranke vor und nach schweren Operationen ab, wodurch er sich aufschlußreiche Erkenntnisse über die psychische Konstitution dieser Menschen erwarb. Er konnte feststellen, wo es am Glauben mangelte, oder am Willen, wieder gesund zu werden. So wurde es möglich, überall einzugreifen und, bei einer völlig neuen Behandlungsmethode, verblüffende Erfolge zu erzielen.
     
    Johnny, der Neger, hatte sich vom Arzt aus zu seiner Arbeitsstelle begeben. Das war die Rossita-Bar. Hier mußte er allabendlich den Türhüter spielen, in einer phantastischen Uniform, mit einem vergoldeten Stab in der Hand. In dieser Aufmachung kam er sich immer wie einer der heiligen Dreikönige vor, und zwar wie Kaspar, der aus dem Mohrenlande – nur mit dem Unterschied, daß er hier nicht vor einer Krippe stand, über der ein riesengroßer Wunderstern leuchtete, sondern vor einem modernen Tanzlokal, das mit der morgenländischen Herberge auch nicht die geringste Ähnlichkeit hatte.
    Er sprang hinzu, wenn ein Auto kam, um den Verschlag zu öffnen, begrüßte die vornehmen Gäste mit einer devoten Verneigung des schwarzen Schädels und riß vor ihnen mit einer schwungvollen Geste die Tür zum Lokal auf. Er gab Auskünfte und beobachtete, was

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