Die gläserne Welt
über zwei dicke Brillengläser hinweg pfiffig betrachtete. »Ah!« rief das Männchen, »da kommen Sie ja, meine Herren!«
Gruth legte die Stirn in Falten. »Was soll das heißen? Da kommen Sie ja! Als ob Sie uns hier erwartet hätten! Wo ist Mister Trufood?«
»Trufood? Hähä! Der ist über alle Berge – das heißt, weniger Berge als Ozean. Und erwartet – jawohl, meine Herren, ich erwartete Sie. Mister Trufood hat mich vor seiner Abreise auf Sie vorbereitet. Er hielt es für denkbar, daß die Polizei kommen würde, na – und Sie sind von der Polizei, nicht wahr?«
Gruth schaute den Zwerg finster an. »Trufood ist also schon geflohen, nachdem er hier einen Riesenschwindel begangen hat. Halb und halb hatte ich mir das bereits so gedacht. – Aber nun sagen Sie, wer Sie sind! In welchem Verhältnis Sie zu dem Schwindler stehen.«
Das Männchen grinste. Es war, als lauerte Schadenfreude in seinem Blick. »Ich, Sir? In welchem Verhältnis? Sie sehen in mir den Käufer seines Geschäfts. Eigentlich nur dieser Räume. Was noch darin steht, ist nicht viel wert. Es wurde mit einigen Dollars von meiner Wenigkeit abgegolten. Aber die Lage der Räume ist günstig. Ich kann sie gebrauchen. Im übrigen habe ich mit Mr. Trufood nichts mehr zu tun.«
Der Inspektor packte den Kleinen am Arm und schüttelte ihn. »Sie wußten, daß Trufood ein Schwindler war! Warum haben Sie ihn nicht gleich angezeigt?«
»Weil ich keine Veranlassung dazu hatte«, sagte der Zwerg mit einem frechen Augenblinzeln, »ich hatte schließlich auch mein Gutes von ihm. Außerdem stand es Ihnen ja frei, ihn durch Ablauschen seiner Gedanken zur Strecke zu bringen. Doch Sie entdeckten ihn offenbar nicht!«
»Geben Sie mir seine Wohnung an!«
»Die ist hier im Hause. Die hat er auch aufgegeben. Ich bewohne sie jetzt.«
»Egal. Wir werden die Räume besichtigen, werden eine Haussuchung abhalten, verstehen Sie?«
»Oh ja, ich verstehe sehr gut. Tun Sie nur, was Sie nicht lassen können, Herr Inspektor!«
»Wieviele Büroräume sind das hier?«
»Drei. Bitte, Sie können sich überall umsehen. Hier nebenan ist der Verkaufsraum gewesen, daneben der Lagerraum.«
Gruth besichtigte alles genau, obwohl das jetzt eigentlich sinnlos war. Wo er hinblickte, sah es wüst aus. Alles Mögliche lag und stand auf roh zusammengezimmerten Regalen umher: Farbtöpfe, Kannen, Stoffreste, Teller, Tassen, Nippesfiguren, Tapetenrollen, elektrische Kochplatten und Rasierapparate. In dem Lagerraum stand ein Kessel, in welchem sich noch ein Rest Teer befand. Fetzen zerrissener Haarnetze lagen umher.
Auch in Trufoods bisheriger Wohnung konnte man keine besondere Feststellung machen. Wohin der Betrüger geflohen war, wußte der Bucklige angeblich nicht. Das mußte also erst durch Ablauschen festgestellt werden. Jedenfalls aber hatte Trufood bei seiner Abreise mindestens zwei Millionen Dollar bei sich gehabt, die er durch seinen Gaunerstreich einnahm. Dies konnte durch den Inspektor einwandfrei aufgeklärt werden. Es fragte sich nur noch, wie Trufood so etwas fertigbrachte, wieso ihm die Wiederverkäufer die Netze gleich in größeren Mengen bar abkauften, ohne sich von der Brauchbarkeit des Artikels genau überzeugt zu haben.
Auch in dieser Beziehung sollte Gruth bald Klarheit gewinnen. Er lud sich den Inhaber eines großen Geschäftshauses vor, wo allein über sechzigtausend Netze verkauft worden waren. »Menschenskind«, wetterte der Inspektor, »wo haben Sie bloß Ihren Verstand gehabt, Mann, als Sie einen so großen Posten gleich ohne weiteres übernahmen?«
»Ohne weiteres?« wiederholte der Kaufmann, »wie kommen Sie darauf, so etwas anzunehmen, Inspektor? Ganz und gar nicht ohne weiteres. Ich habe die Angelegenheit nachgeprüft, habe mich von der Wirkungsweise des Netzes selbst überzeugen lassen – abgesehen von den Urkunden, die mir Mr. Trufood auch noch gezeigt hat.«
»Urkunden? Nachgeprüft? Ich verstehe nicht – inwiefern konnten Sie nachprüfen? Bitte berichten Sie! Nehmen Sie Platz, Sir! Entschuldigen Sie, wenn ich Sie nicht sofort zum Sitzen aufforderte, aber – ich hatte mich über Ihre vermutliche Dummheit wirklich so aufgeregt – also erklären Sie! Wie, bitte, – wie haben Sie nachprüfen können, ob das Netz wirklich eine abschirmende Wirkung hat?«
»Sehr einfach«, sagte der Kaufmann und zündete sich, ebenfalls etwas erregt, eine Zigarette an, »als ich zu Trufood ins Büro kam, führte er mich sogleich vor ein Lauschgerät?«
»Wie?«
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