Die gläserne Welt
Wilburs Angebot, sie noch ein Stück zu begleiten, Gebrauch zu machen.
Die Brüder hatten nun den Beweis, daß nicht nur sie allein mit ihrer Erfindung etwas anfangen konnten, – daß mit Hilfe ihres Gerätes offenbar jeder normale Mensch in der Lage war, sich in die Gedankenwelt anderer einzuschalten. Welche praktischen Folgerungen waren daraus zu ziehen?
Dies war noch schwer zu beurteilen. Noch war die Anwendung all zu unsicher, allzusehr auf den Zufall gestellt.
Allerdings hatte man bereits eine ganze Reihe von Personen belauscht, und gewissenhaft hatten die Brüder die Schwingungsgrade aller dieser Menschen auf einer besonderen Tabelle vermerkt, so daß man sich jederzeit erneut auf sie einstellen konnte; doch irgend ein Nutzen war damit kaum verbunden – wenn man von jenen beiden Fällen absehen wollte: dem einen, bei dem es gelang, einen Mord zu verhindern, und jedem anderen, der ihnen immerhin eine hohe Belohnung eingebracht hatte.
»Es wäre ja schön«, meinte Wilbur, »wenn wir uns auf die Weise noch mehr Belohnungssummen verdienen könnten. Aber wir müßten zu lange suchen.«
George stützte den Kopf in die Hände und sann. »Irgendwie«, meinte er, »muß es doch möglich sein, unseren Schwingungsempfänger auf bestimmte Menschengruppen, ja, sogar auf bestimmte Personen zu lenken.«
»Immerhin«, überlegte Wilbur, »dürfte auch jetzt schon der Apparat für die Polizei von Bedeutung sein. Ob wir nicht einmal mit dem Inspektor sprechen?«
Inspektor Gruth, ein freundlicher, behäbiger Herr in den mittleren Jahren, war ein Wohnungsnachbar von ihnen. Er hatte schon lange gewittert, daß Tafts mit besonderen Dingen beschäftigt waren. Ob man sich ihm einmal anvertraute?
George vertrat die Meinung, in dieser Beziehung, das heißt: im Hinblick auf eine wertvolle Unterstützung der Polizei, mit der Erfindung nicht länger hinter dem Berge halten zu dürfen. »Du hast es an Burns gesehen, Wilbur«, bemerkte er, »haben wir doch bereits einen Mord verhindert und einer alten Dame das Leben gerettet.«
»Schon gut«, erwiderte Wilbur, »aber dann müssen wir zunächst einmal für den Inspektor ein neues Empfangsgerät bauen.« –
Als der Apparat fertig war, wurde Gruth zu einer Besprechung ins Laboratorium gebeten. Mit kurzen Worten, ohne sich darauf irgend etwas zugute zu tun, erklärten die Brüder ihm die Erfindung.
Inspektor Gruth war verblüfft. Ihm wurde gleich klar, daß es sich hier um eine Entdeckung handelte, deren große Bedeutung man vorerst nur ahnen konnte. Er setzte sich an den Apparat, drehte die Skala und begann zu lauschen:
›... Jetzt kommt der Kerl doch wieder später nach Hause – und das Essen ist schon gerichtet. Mein Gott! – Johnny, zum Teufel, nimmst du sofort die Finger da aus dem Marmeladentopf! Dieser verdammte Bengel! Warte, ich komme dir! Immer muß er was anstellen, kaum, daß man ihm den Rücken gedreht hat. – Ob Tante Kitty heute nachmittag, wenn sie zum Kaffee kommt, schon das neue blaue Kleid anhaben wird? ...‹
Gruth schaltete einen Zahn weiter. Die Meditationen einer geplagten Hausfrau und Mutter waren augenblicklich nicht nach seinem Geschmack. Immerhin aber interessant, – wirklich hochinteressant, daß jetzt so etwas möglich war!
Nun belauschte er einen Hochschulprofessor, der sich bei der Ausarbeitung eines Vortrages befand. – Und jetzt? – Aufgepaßt!
›... Los! Da um die Ecke, damit uns die Polizei nicht schließlich doch noch erwischt. – Ein schnittiger Wagen, was? Soll gleich bei Sebastian umgespritzt werden, daß ihn sein eigener Besitzer nicht mehr erkennen würde. – Und daß der Harry sofort die Motornummer umstanzt! – So. Hier wird gehalten. Da ist ja der Sebastian schon! He – Sebastian! Eben haben wir vor der Oper diesen Wagen erwischt. Von der Nummer 38 331 brauchen wir eigentlich nur die Dreien in Achten zu ändern, was meinst du? 88 881. – Das ist zu auffallend, Conny! – Zu auffallend? Unsinn. Und daß Droopman benachrichtigt wird, damit er morgen den Wagen gleich über die Grenze bringt. Ja, Conny. Hier darf er nicht bleiben. Einen Vorschuß von sechshundert Dollar wird er uns wohl gleich geben ...‹
Gruth ist hochgefahren. »Hallo, Jungs!« rief er, »schon habe ich eine Autodiebesbande erwischt! Bitte entschuldigt mich – aber der Sache muß ich gleich nachgehen. Fabelhaft! Selbstverständlich nehme ich euer Angebot an; ihr könnt mir diesen Empfänger geben. – Nein, nein, keine Sorge, ich verrate
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