Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel

Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel

Titel: Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
Vom Netzwerk:
Sputnik.
    „Ich bitte darum.“
    „Schiller...“
    „Falsch geraten“, stellte der Studienrat fest.
    „Dann Goethe“, griff der Junge mit dem buntkarierten Hemd ein.
    „Gut geraten“, meinte der Lehrer. „Goethe ist fast immer richtig.“
    „Es hebt die Freiheit siegend ihre Fahne“, zitierte jetzt Karlchen Kubatz seinerseits und fügte gleich hinzu: „Schiller in Wilhelm Teil.“
    „Freiheit ist ein Luxus, den sich nicht jedermann gestatten kann“, revanchierte sich Purzer prompt. „Stammt schlicht und einfach von Bismarck.“ Er schaute lächelnd in die Klasse, und die Klasse schaute lächelnd zurück.
    Man hätte jetzt einen Maikäfer hören können, wenn er vor der Tür über den Korridor gekrabbelt wäre.
    „Natürlich bleibt es bei der Klassenarbeit“, brach Purzer schließlich das Schweigen. „Sie ist laut Schulordnung rechtzeitig angemeldet, und ich sehe gar keinen Grund, weshalb wir auf diese zwei Stunden intensiver Freude verzichten sollten.“
    „Das ist eiskalter Hohn“, zischte Emil Langhans. Er fing an, mit allen Fingern auf der Holzfläche seines neuen Tisches Klavier zu spielen, und scharrte gleichzeitig mit den Schuhen. Die Klasse machte es ihm nach und brodelte wie ein mittlerer Vulkan kurz vor dem Ausbruch.
    „Eine Affengemeinheit“, grollte Karlchen Kubatz durch die Zähne und lächelte dabei scheinheilig zu Herrn Purzer hinüber.
    Aber der Studienrat tat so, als hätte er Watte in den Ohren. Er putzte in aller Seelenruhe seine Brille. Und erst, als er damit fertig war, klopfte er mit einem Kugelschreiber, den er inzwischen zusammen mit dem gefürchteten Notenbüchlein in dem erbsengrünen Leineneinband aus der Innentasche seines Jacketts geangelt hatte, gar nicht besonders laut auf eines seiner Bücher und sagte wie immer, wenn eine Unterrichtsstunde begann: „Fahren wir fort, wo wir beim letztenmal stehengeblieben sind. Seite neunundsechzig oben...“
    „Abwarten und Tee trinken, mein Herr“, murmelte Emil Langhans noch, bevor sich der Protest der Klasse wieder gelegt hatte. Er blinzelte seinen Kumpanen zu, und die Schüler der 9 B begriffen sofort. Sie beruhigten sich wie auf ein geheimnisvolles Kommando. Einige grinsten jetzt sogar, als sie ihre Bücher aus den Schulmappen kramten und in ihnen zu blättern anfingen.
    „ When I came out of the room , Charley turned towards me and asked me ...“ las Dr. Purzer vor und unterbrach sich jetzt, hob wieder einmal den Kopf ein wenig schief und blickte auf die Klasse.
    Nicht besonders lustvoll hoben die Schüler ihre Arme hoch oder zeigten auch nur die blanken Handflächen.
    „Manuel“, sagte Herr Purzer.
    „... asked me “, wiederholte der Junge aus dem Blumengeschäft am Marktplatz und fuhr fort, „ to put the money into my pocket . Where have you come from? We have just come out of this...“
    Manuel Kohl las fehlerlos und flüssig weiter. Nach einer Weile unterbrach ihn der Klassenlehrer. „Das genügt“, sagte er und klappte sein erbsengrünes Notizbuch auseinander.
    „Ein Jammer, daß du in Mathematik nicht genauso gut bist.“ Er blickte zu dem schmalen Jungen hinüber und schüttelte den Kopf. „Aber vielleicht springst du heute bei der Klassenarbeit über deinen eigenen Schatten, was mich freuen würde. Tz, tz, tz!“ Er wandte sich wieder der Klasse zu. „Fahren wir fort!“
    „Das System ist ganz einfach dämlich“, murmelte in diesem Augenblick Emil Langhans vor sich hin. „Wolltest du etwas sagen?“ fragte der Studienrat. „Nichts von Bedeutung“, erwiderte der Klassensprecher der 9 B. „Ich hab’ nur laut gedacht!“
    „Ich glaube, das Wort ,System’ verstanden zu haben?“ fragte Purzer.
    „Es ist mir wirklich nur so rausgerutscht“, wich Emil wieder aus.
    Der Studienrat ließ den schlaksigen Jungen mit der Hornbrille nicht aus den Augen. Dabei lächelte er so freundlich und so unverbindlich wie ein Buddha. „Dürfen wir nicht vielleicht doch erfahren, welchen Höhenflug deine Gedanken nehmen, während wir uns ganz nüchtern mit englischen Texten herumschlagen?“ Emil Langhans lehnte sich beleidigt in seinen Stuhl zurück und grollte: „Bitte bedienen Sie sich, wenn Sie sich über mich lustig machen wollen...“
    „Das war bestimmt nicht meine Absicht“, entschuldigte sich Purzer auf der Stelle. „Also, ganz ernsthaft, was geht dir durch den Kopf?“
    „Man hat dieses Klassenzimmer umgekrempelt“, meinte Emil Langhans zögernd, „und glaubt vielleicht, daß damit der Fall erledigt

Weitere Kostenlose Bücher