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Die Glücksbäckerei – Das magische Rezeptbuch

Die Glücksbäckerei – Das magische Rezeptbuch

Titel: Die Glücksbäckerei – Das magische Rezeptbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Littlewood
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ein enttäuschtes Gesicht. Sie konnte Zitronentarte nicht ausstehen.
    Basil auch nicht. »Igitt! Zitrone!« Er zuckte zurück und schob die Lippen zu einem Fischmaul vor.
    »Nein, nein!«, rief Lily, »Es ist keine Zitrone drin! Ich kann Zitronentartes auch nicht ausstehen! Nein, ich verspreche euch, das hier schmeckt anders als alles, was ihr bisher probiert habt.« Mit einem langen Messer teilte sie einzelne Stücke aus. »Dieses Rezept stammt von meinem Urururgroßvater Albatross.«
    Rose blickte auf das Stück auf ihrem Teller. Nur die oberste Schicht war gelber Pudding – darunter vermischten sich Schichten von Purpurrot bis Blau und dann kam etwas, das wie eine Fischhaut schillerte. Rose biss hinein und schmeckte die dicke, buttrige Füllung, die süß und ein bisschen salzig war und tatsächlich ganz anders schmeckte als alles, was sie bisher kannte.
    Die Glyck-Kinder saßen stumm da und aßen diesen vollendeten Kuchen in kleinen Bissen, damit sie so lange wie möglich davon hatten.
    »Seht ihr, das ist so eines von diesen besonderen Rezepten, die ich auf meinen Reisen zu sammeln versuche«, erklärte ihnen Lily. »Wirklich einmalige Rezepte.«
    In der Küche klingelte das Telefon, doch alle waren zu vertieft in ihren Kuchen, um es zu bemerken – selbst Mrs Carlson, die stumm kaute und einen verzückten Ausdruck auf dem Gesicht hatte.
    Nur Nella, die nach einem Bissen das Interesse an dem Kuchen verloren hatte, rannte in die Küche, kletterte auf eines der roten Lederpolster in der Nische und ging an das alte Wandtelefon mit der Wählscheibe. Von dort rief sie: »Mama ist am Telefon! Tymo, komm und sprich mit ihr!« Sie ließ den Hörer von der Wand hängen und rannte wieder zu der Gruppe hinaus.
    Murrend stand Tymo auf.
    Lily ergriff ihn am Handgelenk. »Iss den letzten Bissen auf, Tymo – ich möchte nicht, dass etwas verschwendet wird!«
    Tymo grinste beim Anblick der langen, eleganten Finger von Tante Lily, die um sein Handgelenk lagen. Wie ein gehorsamer Hund steckte er das letzte Stück Tarte in den Mund und schluckte es in einem Bissen hinunter, dann eilte er zur Hintertür wie in Trance. Er sah den an der Schnur schaukelnden Hörer und hielt ihn sich ohne große Begeisterung ans Ohr.
    Rose konnte hören, dass er so wie immer telefonierte – mechanisch, fast wie ein Roboter. »Hallo … Gut … Nein, nichts Besonderes.«
    Was ja nun wirklich nicht stimmte! Tante Lily war aufgetaucht, was vielleicht das Außergewöhnlichste war, das in der gesamten öden Geschichte von Calamity Falls jemals passiert war.
    Rose hatte das Bedürfnis, zum Telefon zu eilen und ihren Eltern alles von Tante Lily zu erzählen. Sie wollte sichergehen, dass sie es richtig gemacht hatte, die Tante in den Familienbetrieb aufzunehmen. Sie hatte es fest vor, direkt nach dem nächsten Bissen Tarte. Und nach dem übernächsten. Oder doch erst, wenn sie den Teller ganz leer gegessen hatte. Sie konnte einfach nicht aufhören zu essen. Nicht mal, nachdem Tymo aufgelegt, sich wieder im Garten niedergelassen hatte und sagte: »Ach, es war nur das Übliche –
räumt schön auf und geht früh zu Bett
und bla-bla-bla.«
    Tante Lily hielt ihm eine Gabel mit Tarte vor den Mund, so dass er verstummte. Und dann wurden alle still und aßen schweigend weiter, bis jeder Teller und alles Besteck sauber abgeleckt und jeder Krümel der Tarte verspeist war, als hätte es sie gar nicht gegeben.

    Jeden Abend vorm Zubettgehen versammelten sich die vier Glyck-Kinder oben in dem kleinen Badezimmer mit der grünen Blumentapete zu einem geheiligten Ritual, das sie
Bürstentermin
nannten. Zu viert drängten sie sich in ihrer Nachtwäsche um das winzige weiße Porzellanbecken und putzten sich gemeinsam die Zähne.
    Tymo, in seinen einzigen blauen Boxershorts und ohne Oberteil, stolperte herum und fuhr sich lustlos mit der Zahnbürste über die Zunge. Nella schmierte sich den Mund mehr oder weniger mit Zahnpasta voll, dann spuckte sie aus. Nur Rose putzte die Zähne, wie man es machen sollte: immer vom Zahnfleisch weg, zweimal rundum, innen und außen.
    Basil saß in dem kleinen Schaukelstuhl neben der Wanne mit den Löwenfüßen, hatte die Arme über der Brust verschränkt und zog einen Flunsch.
    »Was ist jetzt schon wieder los, Basil?«, murrte Rose, während sie Nella die Zahnpasta von Lippen, Nase und Wangen wischte. Aber sie wusste es schon: Er war, wie auch die beiden anderen, in Gedanken ganz bei
Tante
Lily, die sich zurzeit im Gästezimmer unten im

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