Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Glücksbäckerei – Das magische Rezeptbuch

Die Glücksbäckerei – Das magische Rezeptbuch

Titel: Die Glücksbäckerei – Das magische Rezeptbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Littlewood
Vom Netzwerk:
unbeschreiblich. Wie das Wasser aus einer Vase mit verwelkten Gänseblümchen. Wie der Essig, in dem man einen kranken Frosch gebadet hatte. Wie ein Joghurt, der noch aus dem Mittelalter stammte. Wie der Schweiß einer Leiche, wenn Leichen schwitzen könnten.
    »Wer hat hier
gefurzt
?«, schrie Basil.
    Rose hielt sich mit einer Hand die Nase zu und packte mit der anderen den baumelnden Sehnerv. Er entglitt ihr wie im Zooladen ein Fisch, der nicht gefangen werden wollte, doch nach ein paar Versuchen hatte sie den Nervenstrang um einen Finger gewickelt und zog das baumelnde Auge aus dem Glas.
    Tymo und Basil hielten sich ebenfalls die Nasen zu und würgten.
    »Wie kriegen wir es jetzt dazu, dass es weint?«, stöhnte Tymo.
    »Keine Ahnung«, überlegte Rose laut. »Was würdet ihr zu jemandem sagen, um ihn zum Weinen zu bringen?«
    Basil beugte sich über das baumelnde Auge. »Dein Hund ist gerade gestorben!«, rief er.
    Das Auge drehte sich um und sah Basil spöttisch an, als wolle es sagen:
Netter Versuch.
    »Du bist das hässlichste Ding, das ich je gesehen habe«, brummte Tymo.
    Das Auge senkte das Lid so weit, dass es fast zu lächeln schien.
    »Du Blödmann, du hast ihm gerade ein Kompliment gemacht!«, sagte Basil.
    Rose runzelte die Stirn. Wie brachte man jemanden – oder den abgetrennten Teil von jemandem – zum Weinen, der keine Gefühle hatte? Sie blickte hinüber zu den verdunkelten Fenstern, wo die Mädchenschar sich zu rühren begann.
    Auf einmal wusste sie, was sie tun mussten.
    »Tymo! Halte es!«, rief sie und schob das Auge dem überraschten Tymo in die Hand. Er schrie auf wie ein Baby, und seine Finger umklammerten den sehnigen, glitschigen Nervenstrang.
    Rose rannte in die Speisekammer und holte ein Hackmesser und eine Zwiebel, die größte gelbe Zwiebel, die sie finden konnte. Beides brachte sie zu Tymo, der das Auge über der Teigschüssel baumeln ließ. Auf einem Brett schnitt sie die Zwiebel mitten durch in zwei Hälften. Dann schnitt sie die Hälften in Hälften und hackte weiter, bis das Brett mit kleinen Zwiebelwürfeln voll war.
    Und während sie hackte, stieg der würzige, erdige Geruch der Zwiebel in ihre Augen und ließ sie so sehr brennen, dass Rose kaum noch Luft bekam. Was tat sie logischerweise? Sie vergoss Tränen. Sie weinte richtig, wegen dem Ding unten im Keller, weil es die Wahrheit gesagt hatte – mehr als alles wollte sie bedeutend und berühmt sein, egal wie. Und hübsch.
    Sie schniefte und schwenkte das Brett voller Zwiebelstückchen unter dem Auge des Hexers herum.
    Tymo und Basil hatten die Ellbogenbeugen über die Augen gelegt. Daher konnte nur Rose sehen, wie das Auge wütend blinzelte und eine dicke, ölig schwarze Träne fallen ließ, die in die Schüssel tropfte, und dann noch eine und noch eine, bis aus den Augenwinkeln des körperlosen Auges nur noch dickliches Schwarz drang.
    »He, Jungs«, flüsterte Rose, »schaut mal!«
    Das Auge selbst begann in einem kalten violetten Licht zu schimmern, und die schwarzen Tränen, die in den Teig gesickert waren, zischten und barsten. Auf einmal begann sich die riesige Schüssel um die eigene Achse zu drehen, zuerst langsam mit metallischem Rasseln, dann immer schneller wie eines der halsbrecherischen Fahrgeschäfte auf dem Rummel, in denen Rose immer schlecht wurde.
    Alle drei traten zurück. »Ich habe kein gutes Gefühl«, sagte Basil.
    »Pssst«, sagte Tymo.
    Der Teig wurde an die Wände der Schüssel geworfen, dann stieg er auf und blubberte über den Rand. Aber er tropfte nicht auf den Boden. Stattdessen, während sich die Schüssel immer noch drehte, hob sich der Teig, bis er wie ein dicker, klebriger Ball unter der Decke schwebte. Aus dem Teigball wurde ein menschliches Gesicht mit riesigen gerunzelten Brauen und tiefen, hohlen Augen, die glühten und Rose böse anstarrten. Ein Mund bildete sich darunter und schrie sie mit wortloser Mimik an.
    »Lass mich in Ruhe!«, schrie sie zurück.
    In dem Moment hörte das Auge zu glühen auf, schmatzend verschmolz es wieder mit dem Teig, und das ganze Ding fiel mit einem
Platsch
in die Schüssel zurück.
    Es war vorbei.
    Tymo ließ das Hexerauge auch wieder in das Glas fallen. Rose verschloss es gut und brachte es in die geheime Vorratskammer zurück. Als sie es wieder auf das Regalbrett stellte, hätte sie schwören können, dass sie das Auge – oder irgendetwas anderes – murren hörte.

    Basil, Rose und Tymo füllten jede verfügbare Kuchenform mit dem Teig, der eine

Weitere Kostenlose Bücher