Die Glücksbäckerei – Die magische Prüfung (German Edition)
wieder an, und die Zuschauer in den Opernlogen klatschten, während sich alle Bäcker und ihre Gehilfen mit hitzigem Geflüster zu beraten begannen.
SÜSS . Rose konnte hundert Versionen eines normalen Muffins backen, aber heute trat sie nicht nur gegen die besten Bäcker der Welt an, sondern auch gegen Tante Lily, die jedes nur erdenkliche Zauberrezept aus dem Backbuch machen konnte, dem sie dann zur Krönung noch eine Prise ihrer Geheimsubstanz beigeben würde. Um es über die erste Runde zu schaffen, musste Rose ohne Frage unbedingt etwas aus dem Backbuch der Familie Glyck zubereiten, und dazu benötigte sie Polly und Balthasar.
Während Rose darauf wartete, dass ihre Mutter und ihr Ururururgroßvater zu ihr in den Saal kamen, warf sie einen Blick hinüber zu Lily. Ihre Tante beriet sich mit einem unglaublich winzigen Mann in einem bunten Overall aus lila, weißer und goldener Seide, ein Gewand, wie man es sich an einem mittelalterlichen Narren vorstellte. Der Mann war zwar klein, aber nicht so typisch unproportioniert wie ein kleinwüchsiger Mensch – eher, als ob ein ganz normaler Mann eingeschrumpft war. Mit dem Kopf erreichte er nur knapp Lilys Hüfte. Er hatte eine dunkle Hautfarbe, war kahlköpfig und sein Gesicht zierten dichte schwarze Augenbrauen und ein langer schwarzer Schnauzbart.
War das Lilys Assistent?, fragte sich Rose.
Balthasar und Polly kamen herbeigeeilt, mit Albert, Basil und Nella im Schlepptau.
»Seht euch das an«, sagte Rose und hielt die Schachtel mit
Lilys Geheimsubstanz
hoch. »Das hat sie der Gala gestiftet. Jeder hat es unter seinen Vorräten.«
»Diese gemeine Betrügerin!«, rief Polly.
»Ich habe genau das Richtige, um sie zu schlagen«, sagte Balthasar und reichte Rose eine der Seiten in seiner gestochenen Handschrift. »Das habe ich vor ein paar Monaten übersetzt. Es ist Spitze.«
Während Tymo ihr über die Schulter blickte, begann Rose das Rezept zu lesen:
Zuckersüße Plätzchen gegen Leichenbittermienen
Es war im Jahr 1456 in der französischen Stadt Paris, da gestand der kleine Philippe Canard Sir Falstaffe Glyck, sein einziger Wunsch anlässlich seines fünften Geburtstages sei es, dass ihm seine ständig sauertöpferische, unleidige, schlecht gelaunte und generell griesgrämige Großmutter ein Lächeln schenken möge. Diese folgenden süßen Plätzchen verabreichte Sir Glyck also der Gräfin Fifi Canard, die ihren Enkel Philippe daraufhin bei seiner Geburtstagsfeier in die Arme nahm, ihn auf die Wange küsste und dabei so lieblich lächelte, dass der kleine Philippe selbst fortan sein ganzes Leben lang strahlte.
Sir Glyck gab fünf Fäuste weißes Mehl in eine hölzerne Schüssel. Er schlug ein Hühnerei in das Mehl, dann gab er eine eichelgroße Menge Vanille und ein Paket geschmolzener Butter von Kuhmilch hinzu. Danach rührte er süßes Liebesgeflüster in erstarrter Mandelbutter unter den Teig.
»Das ist also unsere Spezialzutat«, sagte Tymo. »Süßes Liebesgeflüster in Mandelbutter. Das sollte leicht genug zu bekommen sein. Ich flüstere einfach in das Glas.«
Balthasar verdrehte die Augen. »Nein, mein Kleiner. Du brauchst das süße Geflüster von
zwei Verliebten
, nicht von
einer
Person, die
gerne verliebt sein will
.«
»Krass,
Abuelo
«, gab Tymo zurück. »Echt krass.«
Es folgten noch ein paar weitere Anweisungen, dann endete das Rezept damit:
Er stellte die Plätzchen in den Ofen, HEISS wie sieben Flammen , und zwar für eine ZEITSPANNE von sechs Liedern , dann verabreichte er die Plätzchen der missgelaunten Gräfin, die von nun an liebenswürdig wurde.
In dem Moment trat Lily herbei, Arm in Arm mit Jean-Pierre Jeanpierre. Der kleine Mann, mit dem sie zuvor geredet hatte, war nirgends zu sehen.
»Da!«, sagte Lily und deutete auf die Seite mit dem Rezept. »Sie schummeln!«
Polly trat zwischen Lily und das Rezept. »Lily, wenn du dich in noch tiefere Niederungen begibst, müssen sie dich vom Grund der Seine hochziehen!«
Lily lächelte Jean-Pierre Jeanpierre an. »Ich hasse es wirklich, Kinder verpetzen zu müssen«, sagte sie. »Ich versuche nur, den hohen Standard der Gala zu schützen.«
Albert trat mit einem zahnigen Grinsen hinzu. »Das waren keine Regelwidrigkeiten, mein Herr! Die Regeln verbieten den Gebrauch eines Rezeptbuchs
beim Backen
. Die Kinder haben nur ihr Rezept geplant. Sobald die Meisterschaft beginnt, ist der Zettel verschwunden.«
Gus, immer noch in der Babytrage vor Balthasars Brust, schlug nach Roses
Weitere Kostenlose Bücher