Die Glücksbäckerei – Die magische Prüfung (German Edition)
Fertig! Backen!«
Polly zog sich mit Basil und Nella schleunigst zu Balthasar und Albert in die Opernloge zurück und überließ es Rose und Tymo, im Plätzchenteig zu schwimmen – oder unterzugehen.
Rose eilte zu ihren Zutaten und fand eine Tüte Mehl und eine kleine Flasche mit Vanille-Aroma. Sie öffnete den roten Kühlschrank und entnahm ihm einen Eierkarton und ein Paket Butter. Sie stellte die Zutaten auf dem hölzernen Hackblock bereit und stieß geräuschvoll die Luft aus. »Okay. Los geht’s. Tymo, kannst du die Messbecher bringen?«, fragte sie.
Doch Tymo war schon eifrig damit beschäftigt, in die Kamera zu reden. Mit gekreuzten Armen lehnte er lässig am Hackblock und ließ seinen Bizeps spielen. Rose erkannte die Pose, eine der Standardwaffen aus Tymos Arsenal der Charmeoffensive – er nannte sie »den männlichen Mann«.
»Nichts ist verzwickter als zu backen«, kommentierte er in die Kamera und ließ die Finger über die steifen roten Spitzen seiner gegelten Haare gleiten, »aber nichts bereichert einen mehr. Ich habe alles geopfert, um hier zu sein. Meine Frühjahrsferien … alles. Das bereitet mir natürlich Probleme beim Mädchenkennenlernen, weil ich nämlich backe von dem Moment des Aufwachens bis zu dem Moment, wenn ich mein Hemd ausziehe und mich schlafen lege. Für die Richtige wäre ich allerdings bereit, meinen Teiglöffel wegzulegen.« Er zwinkerte vielsagend in die Kamera, die langsam zu Rose schwenkte.
Was für ein seltsames Gefühl, gefilmt zu werden, dachte Rose. Es hatte einfach etwas an sich, zu wissen, dass du beobachtet wirst – zu wissen, dass du für interessant genug gehalten wirst, um dein Gesicht und deine Handlungen und Worte für die Ewigkeit festzuhalten – es machte Rose ein bisschen schwindelig. Aber es trieb sie auch an, während sie die Messbecher holte und zwei Tassen Mehl in die Schüssel leerte.
»Wow«, sagte Tymo und deutete auf Tante Lilys Küche, auf die nicht weniger als sieben Kameras gerichtet waren, um jede ihrer eleganten Bewegungen einzufangen. »Warum haben wir nicht so viele Kameras?«
»Es geht hier nicht um Kameras, Tymo«, sagte Rose. »Bring mir gefälligst das blaue Einmachglas.«
Tymo holte das Glas, öffnete es und kratzte jedes Bisschen der grau gewordenen Mandelbutter heraus. Er ließ alles zu den übrigen Zutaten in die Schüssel fallen.
Rose rührte, und der Teig wurde blutrot.
»Ah, rot! Die Farbe der Leidenschaft!«, sagte Tymo und zwinkerte wieder in die Kamera.
Rose rührte weiter, und die Farbe des Teigs verwandelte sich in ein tiefes Schwarz. Sie rührte und rührte, und die Mischung wurde zäh und gummiartig und schwer, bis sie sich schließlich zu einer dicken schwarzen Kugel am Boden der Schüssel zusammenballte.
»Da stimmt was nicht!«, sagte Rose. Sie warf einen Blick auf den großen Küchentimer an der Wand – nur noch eine halbe Stunde, gerade genug, um die Plätzchen auszubacken.
Rose sah hoch zu ihrer Familie auf der Empore. Polly lächelte und streckte ihr den aufgerichteten Daumen hin, doch Rose konnte erkennen, dass sie beunruhigt aussah.
Rose setzte einen Löffel um den anderen der dicken schwarzen Masse auf ein Backblech, dann schob sie es in den Ofen. »Vielleicht werden sie ja was beim Backen«, flüsterte sie. »Bitte, lass sie was werden.«
Als der Timer auf null rückte, erscholl ein ohrenbetäubendes Scheppern durch den Saal.
»Löffel weg!«, dröhnte Jean-Pierre Jeanpierre. »Marco wird eure
süßen
Gebäcke jetzt zu mir an den Preisrichtertisch bringen, und ich werde jedes kosten.«
Ein flotter braungebrannter junger Mann in einer Uniform mit weißen Handschuhen stellte Roses fertigen Teller mit schwärzlichen Plätzchen zusammen mit den Tellern der neunzehn anderen Teilnehmer auf einen silbernen Rollwagen, der so lang war wie das Rotorblatt eines Hubschraubers. Der Mann flog praktisch über den schwarz-weiß-gefliesten Gang auf die Bühne im vorderen Teil des Saales zu, dann stellte er die Süßspeisen vor Jean-Pierre Jeanpierre.
Alle zwanzig Wettstreiter kamen im Gänsemarsch aus ihren Küchen und nahmen in einer Reihe vor der Bühne Aufstellung.
»Jetzt seid ihr noch zu zwanzigst«, verkündete Jean-Pierre Jeanpierre wichtigtuerisch, »aber in fünf Minuten werden nur zehn übrig sein.
Bonne chance
.«
Roses Plätzchen standen ganz vorne auf dem silbernen Tablett. Sie sahen eher wie verschrumpelte Affenköpfe aus als wie süße Plätzchen – vermutlich ganz anders als
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