Die Glücksbäckerei – Die magische Prüfung (German Edition)
jeweils zu tun wäre, aber sie hatte keine Ahnung, wie sie den morgigen Vormittag ohne übersetztes Rezept und ohne Zutaten überstehen sollte.
Sie versuchte einzuschlafen, aber ständig bildete sie sich ein, Flötenmusik zu hören. Das muss irgendein abartiger Albtraum sein, dachte sie. Die Musik schien aus der Wand und unter einem Sekretär in der Ecke zu kommen. Nur einen Augenblick später sprang Rose aus dem Bett und folgte dem Klang. Sie entdeckte ein kleines Loch in der Fußleiste, durch das sie die Flötenmusik jetzt deutlicher hören konnte.
»Hallo?«, flüsterte sie in das Loch.
Die Flötenmusik hörte auf. Kurz darauf streckte Jacques sein pelziges Schnäuzchen durch das Loch.
»Jacques!«, flüsterte Rose. »Du bist zurück!«
»Ich bin nicht
zurück
«, erwiderte er. »Ich wohne hinter diesem Loch und widme mich meinen nächtlichen Fingerübungen. Aber ich bin
nicht
zurückgekommen. Ich habe die Ermahnung der Schottischen Faltohrkatze beherzigt. Im
Buch der Mäuse
steht, dass ich wegbleiben muss, bis die Ermahnung aufgehoben wird.«
»Es gibt auch ein
Buch der Mäuse
?«, fragte Rose.
Jacques kam aus dem Loch, sah sich rechts und links um und setzte sich auf die Hinterbeine. Er hatte eine winzige silberne Flöte in den Vorderpfoten, die so groß wie ein Zahnstocher war. »Jede Maus hat eine Ausgabe vom
Buch der Mäuse«,
sagte er. »Es ist eine historische Darstellung von Mäusen und ihrer Unterdrückung durch Menschen und Katzen sowie über ihre Verherrlichung durch Insekten und kleine Vögel.«
Rose nickte. »Wir hatten auch ein Buch, das uns wichtig war. Es ist eine Sammlung von magischen Familienrezepten, eine Art Zaubergeschichte unserer Familie. Einige der Rezepte daraus sind gut; andere sind gefährlich. Von den gefährlichen haben wir die Finger gelassen. Außer von einem, aber das war ein Missgeschick.«
»Du sagst, dass ihr das Buch
hattet
? Wo ist es jetzt?«, fragte Jacques.
»Es ist das Buch, das du im Fantasy-Stockwerk gesehen hast«, erklärte Rose. »Allein aus dem Grund sind wir hier. Um meine Tante Lily bei der Backmeisterschaft zu schlagen und das Buch zurückzuerobern. Aber ich glaube kaum, dass ich das schaffe.«
»Du bist bedrückt«, sagte Jacques und tätschelte Rose das Knie mit seiner winzigen Pfote, die nicht größer als eine Linse war. »Und deshalb bist du zu so später Stunde noch wach.«
Rose sann eine Weile nach, dann nahm sie Jacques zwischen ihre Hände und brachte ihn in das Zimmer von Basil und Tymo. Ihre Brüder schliefen bereits.
»Jungs! Tymo! Basil! Wacht auf! Ich habe eine Idee!«, rief Rose und übertönte Jacques protestierendes Flehen. »Statt darauf zu warten, morgen früh zu verlieren, könnten wir heute Nacht doch in das Fantasy-Stockwerk schleichen und das Buch zurückstehlen!«
»Was?«, sagte Basil schlaftrunken.
»Rose, geh wieder ins Bett«, murmelte Tymo.
Rose rannte an Tymos Bett und rüttelte ihn an den Schultern wach. Gleichzeitig hielt sie Jacques fest, damit er nicht entwischte. »Wir können in Lilys Zimmer schleichen, ihr das Backbuch klauen und dann morgen gleich nach Hause fahren, um in Calamity Falls alles in Ordnung zu bringen. Was könnte leichter sein?«
Tymo, immer noch mit geschlossenen Augen, setzte sich im Bett auf. »Na ja, vielleicht …«
»Basil, willst du nicht, dass die ganze Sache vorbei ist?«, fragte Rose.
»Es sieht dir irgendwie gar nicht ähnlich, dass du einbrechen und jemandem etwas stehlen willst, Rose.«
»Ich will nicht stehlen; ich will nur dafür sorgen, dass wir das Buch zurückbekommen, und ich glaube nicht, dass ich das durch einen Sieg in der Meisterschaft schaffen kann«, erwiderte sie.
Jacques schüttelte seinen kleinen schmalen Kopf. »
Non, non
. Ich kann euch nicht zeigen, wie man in das Fantasy-Stockwerk kommt. Es ist zu gefährlich.«
Rose überlegte einen Augenblick. »Würde dich ein Stück Brie möglicherweise umstimmen?«, fragte sie.
Jacques saß in der Brusttasche von Roses Kapuzenshirt, als sie und ihre Brüder durch die Hotellobby gingen. An der Seite erstreckte sich die schmucke Empfangstheke, und ein riesiges Blumengesteck in der Mitte beherrschte die Halle. Es reichte fast bis zu dem gigantischen Kronleuchter hinauf, der von der mit Fresken bemalten Decke hing.
Die große Uhr über der Empfangstheke zeigte eine halbe Stunde nach Mitternacht. Der Kronleuchter strahlte hell, doch die übrigen Lichter in der Halle waren gedimmt, und die Lobby war fast leer.
Rose und
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