Die Glücksbäckerei – Die magische Prüfung (German Edition)
später kam Jacques wieder ins Wohnzimmer gehuscht.
Er streckte Rose sein Schnäuzchen entgegen. Seine Augen waren weit aufgerissen, und er zitterte und war schweißgebadet. »
Mademoiselle
. Bitte.«
Rose bückte sich und legte die Hand flach auf den Boden. Jacques kletterte auf ihre Handfläche, und Rose hob ihn vorsichtig auf die Anrichte. Er setzte sich auf die Hinterbeine und wischte sich den Schweiß aus dem Fell, während sich die Familie um ihn versammelte, um seinen Bericht zu hören.
»
Alors
, es war eine grauenvolle Reise«, sagte er, »aber nach übergroßen Mühen kauerte ich schließlich zwischen zwei Dosen Bohnen in einem offenen Schrank in der Küche der Hexe. Die Luft war erfüllt von einem Geruch nach –«
»Kuchen?«, warf Basil ein.
»Non!«,
sagte Jacques. »Nach etwas
Bösem
. Während ich wartete, wurde ich von einer bestialischen Küchenschabe geärgert. Ich habe sie verscheucht. Und dann kam die Hexe in die Küche. Sie stand am Backofen und blätterte ein dickes Buch mit einem braunen Ledereinband durch.«
»Das alte Backbuch!«, stieß Polly hervor.
»Es ist hier, in
diesem
Hotel?«, staunte Albert. »Erstürmt das Fantasy-Stockwerk! Oder wie immer es heißt.«
»Nach einer Weile klappte die Hexe das Buch zu und ging aus der Küche. Als sie wieder hereinkam, zog sie einen großen Schrank auf Rollen hinter sich her.«
»Einen Schrank?«, fragte Albert ungläubig.
»Ja«, sagte Jacques. »Einen großen Schrank aus dunklem Holz. Als sie die Doppeltüren öffnete, konnte ich Gläser sehen. Dutzende Einmachgläser, bläulich getönt. Ich konnte nicht erkennen, was in den Gläsern war. Dann sagte sie laut vor sich hin: › SÄUERLICH ‹. Und dann nahm sie eines der Gläser heraus. In eine Schüssel schüttete sie Mehl und ein paar andere Dinge, und dann entleerte sie das Glas über der Schüssel. Dabei stieg aus der Schüssel der Klang von Weinen auf. Schließlich gab sie noch ein Glas Kapern dazu.«
»Kapern?«, wiederholte Tymo, der seine Fingernägel inspizierte. »Die kleinen sauren grünen Dinger? In einen Kuchen?«
Polly nickte kurz. »Sie macht
Saure Zitronenküchlein
«, sagte sie. » SÄUERLICH war eine der Kategorien, als ich im Jahr zweiundneunzig teilgenommen habe. Sie übt das Rezept wahrscheinlich, falls diese Kategorie gefordert wird. Hat sie sonst noch was gemacht?«
»Oui«
antwortete Jacques. »Aus einer Pappschachtel schüttete sie eine Prise Pulver in die Tarte.«
Tymo murmelte:
»Lilys Geheimsubstanz.«
»Dann passierte etwas, das mir die Fellhaare zu Berge stehen ließ! Aus der Schüssel stieg ein unheimliches Flüstern auf:
Lilllyyy
…«
»Hast du noch mehr beobachtet?«, fragte Polly.
»Oui, Madame«,
sagte Jacques. »Ganz viele Dinge.«
Er erzählte von dem Klang eines kraftvollen skandinavischen Soprans – eindeutig eine
Soprano-Hochzeitstorte
, wie Polly meinte. »Wahrscheinlich für die Kategorie ZUCKERLOS .«
»Dann stieg lila Rauch auf –«
»Könnte sich um eine
Flimmernde Biskuitrolle
handeln«, sagte Albert. »Für die Kategorie GEROLLT .«
»Dann gab es eine grüne Explosion –«
»
Frühlings-Soufflé
. Eindeutig FLUFFIG «, merkte Polly an.
Und dann beschrieb Jacques ein unheimliches Schweigen, begleitet von einem bunt schillernden Wirbel und dem Heulen eines leisen, hohlen Windstoßes.
»Eine Halt-den-Mund-Tarte«,
sagte Polly. »Ich weiß allerdings nicht, für welche Kategorie sie das vorsieht. Ihr kennt euch doch mit der
Halt-den-Mund-Tarte
aus, Kinder?«
Rose, Tymo und Basil sahen sich betreten an. Rose konnte sich gut erinnern, wie ihre Zunge während Lilys Besuch in Calamity Falls jedes Mal erlahmt war, wenn sie ihren Eltern am Telefon von Tante Lilys Besuch erzählen wollte.
»Nachdem wir jetzt einiges kennen, worauf sie sich vorbereitet«, sagte Polly und marschierte in Kreisen um das Sitzkissen, »müssen wir uns auch einen Vorrat an Spezialzutaten zusammenholen, damit wir für den Kampf gegen sie gerüstet sind, egal, was für ein geheimes Thema des Tages vorgegeben wird.«
Balthasar verschwand in seinem Zimmer und zerrte, als er wieder herauskam, einen blauen Koffer hinter sich her, der aussah, als stamme er noch aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Er klappte den Deckel auf. Staunend blickte Rose auf Reihen von kleinen blauen Einmachgläsern, die säuberlich darin verstaut und alle mit einem handgeschriebenen Etikett ausgezeichnet waren.
»Wie jeder gute Küchenmagier reise ich niemals ohne meinen Vorrat.
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