Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)
Eingang von einem Geheimgang entdeckt, der unter dem Fluss auf die andere Naheseite führte. Sie hatten einige Pfeiler der mittelalterlichen Drususbrücke ausgebessert, als sie darauf stießen. Durch den Gang konnten die Schwestern früher ungesehen unterhalb der Nahesohle von Bingerbrück nach Bingen fliehen.
Emma zwängte sich durch die schmale Öffnung und trat in einen engen Gang. Der schmale Kegel der Taschenlampe zeigte an den Wänden und der Decke grob zusammengefügte Kalksteine. Sie musste den Kopf einziehen, um nicht gegen einen der herabhängenden Steine zu stoßen. Sie verharrte und lauschte erneut in das undurchdringliche Dunkel. Schritte waren zu hören, doch dann wurde es ruhig. Emma erstarrte. Vielleicht hatte der Eindringling den Ausgang erreicht. Oder er stand ebenfalls still und horchte.
Dann waren wieder Schritte zu hören, die sich immer weiter entfernten. Entschlossen ging Emma weiter. Nach kurzer Zeit führte der Gang über etliche Treppenstufen steil bergab. Die Dunkelheit umfing sie wie eine undurchdringliche Decke. Nach unzähligen Stufen ging das Gefälle über in einen horizontal verlaufenden Gang, in dem Emma ohne Probleme aufrecht stehen konnte. Der schmale Strahl ihrer winzigen Taschenlampe tanzte über Unebenheiten der Steinplatten auf dem Boden. Zweifelnd hob Emma den Blick. Oberhalb des Tonnengewölbes über ihrem Kopf musste eigentlich die Nahe sein. Emma schauderte. Sie zwang sich, an etwas anderes als die Wassermassen über ihr zu denken, und hastete weiter durch die Dunkelheit. Mit der freien Hand tastete sie in ihrer rechten Jackentasche nach ihrem Handy und drückte einen Knopf, um das Display zu erleuchten. Natürlich hatte sie hier unten keinen Empfang. Sie stopfte das Handy zurück, blieb erneut stehen und lauschte. In ihren Ohren schienen die Druckwellen zu explodieren, die vonihrem keuchenden Atem ausgingen. Sie musste die Luft anhalten, um etwas anderes zu hören. Doch vor ihr blieb es gespenstisch still.
Emma überlegte fieberhaft, ob sie noch weitergehen sollte. Angst erfüllte sie und flüsterte ihr ein, was zum Teufel sie hier eigentlich machte, sie sollte oben im Klosterhof neben Paul stehen und auf die Polizei warten.
Plötzlich erklangen wieder weit entfernte Schritte. Emma schüttelte die ängstlichen Gedanken ab, zog kampflustig die Schultern hoch und setzte sich in Bewegung. Sie war schon etliche Meter weiter, als sich plötzlich das Klima änderte. Bisher waren die Steine trocken gewesen, und die Luft roch dumpf. Doch nun waren an den Steinen Flecken mit grüner Färbung zu sehen, die sich immer weiter ausbreiteten. Ein Schwenk ihrer Taschenlampe machte ihr klar, dass der Gang vor ihr von einer dünnen Moosschicht überzogen war. Der Geruch nach Schimmel und Feuchtigkeit verstärkte sich. Auf einmal wirkte auch die Akustik anders. Die Geräusche schienen in erster Linie das Echo ihrer eigenen Schritte zu sein. Emma blieb stehen und lauschte misstrauisch in die Dunkelheit.
Auf einmal hörte sie weit entfernte Geräusche hinter sich. Emma wandte den Kopf und lauschte. Die Schritte mehrerer Menschen klangen durch die Dunkelheit. Die Polizei musste ihr in den Gang gefolgt sein und würde sie in kürzester Zeit erreichen. Emma spürte Erleichterung. Inzwischen hatte sie jegliches Zeitgefühl verloren. Es war auf jeden Fall besser, auf die Polizisten zu warten. Doch bis die Beamten bei ihr waren, hatte der Mörder vielleicht schon den Ausgang erreicht und verschwand für immer in der Nacht.
Emma vernahm ein lautes Poltern aus der Richtung des Fliehenden. Sie richtete den Strahl ihrer Taschenlampe nach vorne und überlegte kurz. Dann ging sie weiter. Nun führteder Gang über viele Stufen steil nach oben und endete abrupt vor einer Wand mit einem Durchbruch. Mit hektisch klopfendem Herzen näherte sich Emma der Öffnung und hielt inne. Dahinter war es ruhig. Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und zwängte sich durch den Durchbruch. Der Gang mündete in einen großen Raum mit steinernen Wänden. Vor ihr lag eine Grabplatte auf dem Boden, ähnlich wie jene, die in der Abteikirche den Zugang verschlossen hatte.
Obwohl die Angst ihr die Luft abzuschnüren drohte, schob sich Emma weiter heraus und trat in einen steinernen Raum, der sich mehrere Meter über ihrem Kopf wie in einer Kirche zu einem Kreuzgewölbe verjüngte. Emma hob ihre Taschenlampe und ließ den Lichtstrahl über Decken und Wände gleiten. Das Deckengewölbe wirkte sehr alt und ruhte auf halbrunden
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