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Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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den Boden gekullert war, und warf ihn in einen Apfelkorb.
    »Dieses Tal war mal ein schöner Flecken Erde. Aber jetzt zieht es das Lumpenpack aus ganz Amerika hierher«, sagte er.
    An diesem Abend kurz vor 23 Uhr, nachdem er den vermutlich längsten Tag seines Lebens hinter sich hatte, wurde Terry Witherspoon nur zweihundert Meter vor dem Eingang zu Carl Hinkels Anwesen von einem Deputy-Sheriff des Ravalli County angehalten. Der Mond stand hoch und gelb über den Bergen, und an dem Fahnenmast auf Carls Hof flatterte die umgedrehte amerikanische Flagge.
    Terry hatte es fast geschafft. Klopf keine Sprüche, sagte er sich. Sei eiskalt. Sag ihm, du bist von einem Laster gefallen. Lass Wyatt die Sache mit Molinari regeln.
    Ein paar Minuten später hatte Terry alle seine Vorsätze vergessen, saß in Handschellen auf dem Rücksitz des Streifenwagens und war auf dem Weg ins Bezirksgefängnis.

28. KAPITEL
    Tags darauf, am Samstag, brachte mich ein Beschließer zu der Arrestzelle, in der Terry Witherspoon die Nacht verbracht hatte.
    »Sind Sie in letzter Zeit mal angespuckt worden?«, fragte er.
    »Kann ich nicht behaupten«, erwiderte ich.
    »Stellen Sie sich nicht zu nah ans Gitter.« Der Beschließer ging zurück, setzte sich an einen kleinen Tisch auf dem Korridor und nahm eine Zeitung zur Hand.
    Die Zelle war mit den Überresten des Essens vom Serviertablett bespritzt, das Terry an die Wand geworfen hatte. Er stand unter einem vergitterten Fenster und rümpfte die Nase.
    »Was wollen Sie hier?«, fragte er.
    »Der Sheriff von Missoula hat mir gesagt, dass Sie im Kahn sitzen. Ich dachte, ich schau mal vorbei und plaudere ein bisschen mit Ihnen«, sagte ich.
    »Ich gehöre ins Krankenhaus. Die haben mich in den Knast gesteckt.«
    »Haben Sie einem Deputy-Sheriff den Finger ins Auge gestoßen?«
    »Das war ein Versehen. Er hat mich am Arm gepackt. Es hat wehgetan.«
    Dann erlebte ich einen Auftritt, wie ich ihn ausnahmslos im Umgang mit Psychopathen erlebt hatte. Terry bekam einen Tobsuchtsanfall, er zischte regelrecht vor Wut. Er war das Opfer, nicht die anderen. Er war derjenige, dem ein Tort angetan wurde – von der Welt, dem Schicksal, dem Kosmos, vielleicht sogar von seinen eigenen Genen. Ich hatte die Pflicht und Schuldigkeit, ihm aufmerksam zuzuhören, Mitgefühl für ihnaufzubringen. Dass er eine Freundin von mir lebendig begraben hatte, spielte keine Rolle. Nichts war für ihn von Bedeutung, nur sein eigenes Leid und das Unrecht, das ihm von zwei brutalen Schmalztollen wie Molinari und Frank und jetzt auch noch von einem Haufen Hinterwäldler aus Montana angetan wurde, die ihre Dienstmarken vermutlich aus der Haferflockenpackung hatten.
    »Ich würde ein bisschen darauf achten, was ich zu diesen Jungs sage, Terry.«
    »Warum?«, fragte er.
    »Die mögen Sie nicht.«
    »Ich muss fünfhundert Dollar Kaution hinterlegen«, sagte er dann, so als sollte ich die Sache für ihn regeln. »Wyatt und Carl sind nicht daheim. Jemand muss die Kaution für mich aufbringen.«
    »Meinen Sie etwa, dass Wyatt sich auch nur im Geringsten darum schert, was aus Ihnen wird?«, sagte ich.
    Er schob seine Brille hoch und schaute mich verständnislos an.
    »Möglicherweise kommt er vorbei und stellt die Kaution für Sie, aber er wird sich nicht mit Molinari anlegen. Nicki ist ein gestandener Mafioso, Terry, ein knallharter sizilianischer Gangster. Meinen Sie etwa, Wyatt will mit dem Mob aneinander geraten, weil Sie von ein paar Basebällen getroffen wurden?«
    »Wyatt ist mein Freund.«
    »Schon möglich«, sagte ich, stützte mich mit einem Arm an die Zellentür und blickte den Korridor entlang zu dem Beschließer, der seine Zeitung las.
    »Jemand muss wegen der toten ATF-Agenten den Kopf hinhalten. Der wirkliche Täter ist jetzt vermutlich oben in Kanada. Denken Sie drüber nach, Terry. Wer kommt aus eurerBande am ehesten dafür in Frage? Jemand, der Sue Lynn erledigen wollte und nicht wusste, dass die Agenten in ihrem Auto saßen? Jemand, der mal Packjunge war und sonst nie einen Job hatte?«
    Daraufhin machte er etwas, das ich nicht erwartet hatte. Er kam zur Zellentür, legte beide Hände locker um die Gitterstäbe, belastete das eine Bein und drehte die Hüfte heraus. Er schürzte die Lippen, als hätte er einen Entschluss gefasst, der uns beide betraf. Seine Augen wirkten eigenartig ruhig, wie dunkles Wasser, völlig ausdruckslos, so als wäre er absolut mit sich im Reinen und hätte, jedenfalls in diesem Moment, keinerlei Angst

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