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Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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mit ihm geredet.
    »Ich tanze für mein Leben gern, Terry«, sagte sie, beugte sich dann dicht an sein Ohr und hauchte ihn mit ihrem rauenkühlen Atem an, der nach dem Himbeeraroma der Weinschorle roch, den die Stenze draußen auf dem Parkplatz ausgeschenkt hatten. »Ich muss mal auf die Toilette. Bin gleich wieder da.«
    Das Mädchen ging mit zwei Freundinnen den Korridor entlang, und alle drei blickten kurz zu ihm zurück und kicherten. Er ging durch den Seitenausgang hinaus, zündete sich im Gebüsch eine Zigarette an und schaute hinauf zum Mond. Dann bemerkte er, dass sich das Fenster der Mädchentoilette genau hinter ihm befand und die obere Scheibe heruntergezogen war, damit frische Luft durchziehen konnte.
    »Habt ihr den Anzug gesehen?«, sagte das pummelige Mädchen. »Neonblau mit weißen Socken. Den muss er sich bei einem schwarzen Leichenbestatter besorgt haben.«
    »Mecker nicht über die Socken, Jenny. Sie passen zu seinen Schuppen«, sagte ein anderes Mädchen, worauf alle drei johlten.
    Er stand eine ganze Zeit lang in der Dunkelheit. Seine Wangen prickelten, und das Blut rauschte ihm in den Ohren. Dann ging er die leere Straße entlang zurück zu seinem Wohnviertel, während die Musik hinter ihm allmählich verklang. Das Licht der Natriumdampflampen fiel wie grauer Dunst auf die Bretterhäuser, die alten Autos und die Gärten, in denen die Leute aus purer Not Gemüse anbauten. Er ging an seinem Haus in der Gasse vorbei, in dem seine Eltern vor dem Fernseher saßen, bis zu der Bar am Highway, wo die Sessel mit rotem und schwarzem Vinyl gepolstert waren, der Barkeeper goldene Ohrringe und schwarzes Leder trug, eine Statur wie ein Anabolikaschlucker hatte und wo sich spätnachts noch Handelsvertreter aufhielten.
    Der Mann, der ihn an der Bar aufgabelte, sagte, er käme aus Raleigh, aber er hatte einen Yankeeakzent.
    »Was würdest du dir wünschen, wenn ich dir das Schönste auf der Welt kaufen könnte?«, fragte der Mann.
    »Riesenmilchschnitten aus dem Dairy Queen. Ich hab mal zwölf Stück gegessen«, sagte Terry.
    »Du bist noch ein Junge, nicht wahr?«, sagte der Mann und strich ihm im Auto über die Haare.
    Im Motel aß Terry Riesenmilchschnitten aus einer Papiertüte, ließ sich Zeit und genoss jeden einzelnen Bissen, während der Mann mühsam seine Enttäuschung und Begierde unterdrückte.
    »Da drüben ist ein Kühlschrank. Du kannst dir ein paar für später aufheben«, sagte der Mann.
    »Ich überleg’s mir«, sagte Terry.
    Als sie im Bett lagen, wurde Terry zum ersten Mal in seinem Leben klar, welche Macht eine Frau, beziehungsweise jemand, der ihre Rolle übernahm, über einen Mann ausüben konnte.
    Später duschte der Mann, zog sich an und erzählte, dass er mit seinem Sohn, der auf ein privates College in Massachusetts ging, eine Reise nach Hollywood unternehmen wollte. Der Schein einer Neonreklame fiel durch die Vorhänge und tauchte den Mund des Mannes in ein eigenartiges rotes Licht, sodass er sonderbar verzerrt wirkte, wie eine zerdrückte Blume. Terry konnte den Blick nicht von dem Mund abwenden, sah, wie merkwürdig er sich in dem blassen Gesicht bewegte. Er stellte fest, dass er immer wütender wurde, wusste aber nicht, warum.
    »Warum redest du ständig von deinem Sohn? Warum hältst du nicht das Maul?«, sagte Terry.
    »Wie bitte?«, sagte der Mann und wandte sich vom Spiegel ab, vor dem er seine Krawatte band. Als Terry nichts erwiderte, grinste der Mann sein Spiegelbild an und widmete sich wiederseinem Krawattenknoten. »Ich würde dich gern anrufen, wenn ich wieder in der Stadt bin. Für mich war das ein toller Abend, Terry. Bei dir fühle ich mich wieder jung.«
    Terry spürte, wie ihn die Wut packte, so als hätte jemand unmittelbar neben ihm die Tür eines Hochofens aufgerissen. Er stieß den Kopf des Mannes in die Kloschüssel, rammte seinen Mund immer wieder auf den Rand, bis das Porzellan von oben bis unten voller roter Streifen war. Dann räumte er die Brieftasche des Mannes aus, riss ihm die Uhr vom Handgelenk und zog seinen Klassenring ab, schüttelte den übrigen Inhalt der Brieftasche in die Kloschüssel und warf die Brieftasche darauf.
    »Im Kühlschrank ist noch eine Riesenmilchschnitte«, sagte er und schüttelte sich vor Lachen.
    Neun Monate saß er in der staatlichen Besserungsanstalt, wurde dann einen Tag nach seinem achtzehnten Geburtstag entlassen, und seine Akte kam unter Verschluss. Nicht übel. Er machte dort auf dem zweiten Bildungsweg seinen

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