Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
Mienenspiel gab es nur zwei Möglichkeiten. Entweder grinste er idiotisch, wie eine ausgehöhlte Kürbislaterne, oder er ließ sich gar nichts anmerken. Terry musste dabei immer an eine Totenmaske mit künstlich eingesetzten Augen denken.
    Wyatt las den Brief zu Ende, faltete ihn zusammen und steckte ihn in den Hosenbund. Er öffnete die linke Hand, worauf die Ballons vom Wind emporgetragen wurden und über den Bitterroot davontrieben. Langsam und bedächtig wandte er sich Terry zu und verzog das eben noch maskenhafte Gesicht zu einem idiotischen Grinsen.
    »Ich muss mal kurz in die Stadt. Wie heißt übrigens die Klinik, wo du ab und zu hingehst? Ich will mich gegen Grippe impfen lassen«, sagte er.
    Was meint Wyatt mit »ab und zu«?, dachte Terry. Er war nur in die Klinik gegangen, weil er von Wyatt beziehungsweise von diesem Nicki Molinari verprügelt worden war. »Die ist neben der Orange Street Bridge. Ist irgendwas nicht in Ordnung?«
    »In so einem Land?« Wyatt wandte das Gesicht gen Himmel, reckte die rasierten, mit Babypuder eingeriebenen Unterarme hoch und drehte die Handteller nach oben, als wollte er um Gnade bitten. »So was Prachtvolles wie die USA gibt’s doch nirgends. Dass du mir daran ja nie zweifelst.« Dann deutete er mit einem Finger auf Terry, dass die Adern an seiner Schulter zuckten.
    Wyatt schwang sich in sein tief gelegtes rotes Auto mit dem offen liegenden neuen Kühler und den ausgebeulten Kotflügeln und bretterte durch den Staub davon. Zwei Stunden später kehrte er zurück, zog sein Hemd aus, schnallte den Werkzeuggürtel um und machte sich wieder an Carls Traktor zu schaffen.
    »Ich habe gedacht, im Sommer kann man sich nicht gegen Grippe impfen lassen«, sagte Terry.
    »Ein Blödmann wie ich muss eigens nach Missoula fahren, um das festzustellen«, sagte Wyatt und grinste ihn unter seinem Hut an.
    Terry ging in den Speisesaal, steckte drei Dollar in die Blechbüchse auf der Anrichte und aß mit Carl und den anderen zu Mittag. Er warf einen Blick aus dem Fenster und sah gerade noch, wie Wyatt die letzte Schraube an dem Traktor anzog, den Schraubenschlüssel auf den Boden warf, durch das Viehgatter stieg und quer über die Koppel auf schnellstem Weg zu seinem Blockhaus ging.
    Aber auf der Weide stand ein Jungbulle, der sein Revier nicht mit Wyatt teilen wollte. Er rannte am Gatter entlang, fuhr dann herum, schnaubte und ging mit gesenktem Kopf auf Wyatt los.
    Wyatt hätte jederzeit zum Zaun laufen und über das Gatter springen können. Stattdessen zog er sein zusammengeknülltes Hemd aus der hinteren Hosentasche und schlug es dem Bullen um Schnauze und Augen, ließ es dann in den Staub hängen, bewegte es hin und her wie eine Schlange und brachte den Bullen zum Stehen.
    Langsam schob Wyatt die Hand vor, packte das eine Hörn des Bullen, wirbelte herum, so dass ihn der Bulle nicht mehr sah, packte das andere Hörn und verdrehte ihm den Hals, bis er in einer Wolke aus Staub und getrocknetem Mist zu Boden fiel.
    Im Speisesaal waren alle aufgestanden und verfolgten das Schauspiel draußen auf der Weide. Wyatt drückte den Stiefelabsatz ins Gemächt des Bullen und drehte dessen Hals weiter herum, bis die Sehnen wie schwarze Taue hervortraten und seine Augen aus den Höhlen quollen, als ob sie jeden Moment platzten.
    Carl Hinkel warf seine Gabel auf den Teller und stürmte aus der Hintertür, stolperte über einen Erdhubbel und rannte winkend auf Wyatt zu.
    »Was, in Gottes Namen, machst du da? Weißt du, was mich dieses Tier gekostet hat?«, schrie er.
    Wyatt stand auf, warf dem Bullen einen Stein an den Kopf und trat ihm ins Hinterteil. Grashalme und Erdkrumen klebten an seinem nackten Rücken.
    »Ich glaube, ich nehm mir heute ’ne Lunchtüte mit und esse am Fluss«, sagte er.
    »Macht dir irgendwas zu schaffen, mein Junge?«
    »Niemand nennt mich ›mein Junge‹, Carl.« Wyatt hob seinen Hut auf, setzte ihn auf den Kopf und bog mit Daumen undZeigefinger die Krempe gerade. Er grinste Carl an, schob sich dann eine Prise Schnupftabak in den Mund. »Nein, Sir, niemals.«
    Die Männer, die rund um Carl standen, blickten zu Boden.
    Danach lief Terry eine halbe Stunde lang an der Uferböschung auf und ab, während Wyatt unten am Fluss saß, das Essen aus seiner Tüte vertilgte und einen Liter Buttermilch dazu trank. Wyatts muskulöser Rücken war kreuz und quer mit Narben überzogen, als hätte ihn jemand mit einer Reitgerte ausgepeitscht. Wyatt hatte Terry nie erzählt, wer ihn mit einer

Weitere Kostenlose Bücher