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Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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mit der Hand durch die kurz geschorenenHaare, setzte dann den Hut wieder auf und blickte auf das Gebirgspanorama rund um die Stadt.
    »Ich habe gehört, dass es um diese Jahreszeit in den kanadischen Rockies großartig sein soll«, sagte ich.
    »Ich bin immer Flachlandbewohner gewesen. Halten Sie sich von Carl Hinkels Anwesen fern, Mr. Holland, wenn Sie nicht auf einem Tonband landen wollen.«
    »Haben Sie endlich eine Wanze dort?«
    »Drücken wir’s mal so aus. Ich habe das Gefühl, dass irgendjemand Wyatt Dixons Schädel aufgeschraubt und ihm reingespuckt hat. Sie wissen nicht zufällig irgendwas darüber, oder?«
    »Nicht das Geringste«, sagte ich und schaute stur geradeaus.
    Er stieg über die Zementtreppe zum Ausgang hinab, ohne noch einmal zurückzublicken.
    Wyatt Dixon hatte eine ganze einfache Vorstellung vom Leben. Man schluckte seinen Schmerz hinunter, scherte sich nicht um die Welt und fand sich damit ab, dass Ungerechtigkeit in der Natur des Menschen liegt. Die einzige unverzeihliche Sünde war der persönliche Verrat.
    Der heller werdende Himmel im Morgengrauen, der Stand der Sonne am Mittag oder in der Abenddämmerung, Regen, Eis oder Dürre, die die Oberfläche der Erde abtrugen – all das hatte nichts mit dem persönlichen Schicksal eines Menschen zu tun. Man tat den ersten Atemzug durch einen Klaps. Wenn man Glück hatte, fand man mit dem Mund eine Brustwarze, bevor man verhungerte. Man wuchs aus dem eigenen Kot heraus und aß, was man vorgesetzt bekam, brachte den Säuen ihr Schlabberfutter, rupfte die Hühner im siedenden Wasser, hackte Holz fürs Räucherhaus, pflückte und häckselte Baumwolle, trieb Rinder zusammen und entfernte ihre Hörner, schoss Mustangs und Wildesel für Hundefutterherstellerund ergoss sich vielleicht auf einem Bohnenfeld in den Schoß eines Mexikanermädchens. Mit fünfzehn ging man dann eines Morgens am wartenden Schulbus vorbei zu den Bahngleisen und stieg in einen Güterwaggon, der einen bis nach Dallas und zur Meldestelle der Army brachte.
    Wyatt mochte die Army. Er mochte das Essen, die guten Klamotten, das Bier aus dem PX, die schönen Waffen, die man bekam. Der Haken war nur, dass die Army ihn nicht mochte. Der schwarze Küchensergeant jedenfalls nicht, nachdem Wyatt ihn gefragt hatte, ob er einen Schwanz hinten in der Hose stecken hätte.
    Der Stützpunktpsychiater hatte gesagt, Wyatt neigte zu asozialem Verhalten. Der Küchensergeant pflichtete ihm wahrscheinlich bei, nachdem Wyatt ihm hinter einer Bar in San Antonio mit einer Bierflasche die Nase gebrochen, seine Streifen abgeschnitten und ihm in den Mund gestopft hatte.
    Während er im Bunker saß und darauf wartete, dass sein Onkel mit einer Geburtsurkunde aufkreuzte, überlegte Wyatt, wie er künftig verhindern könnte, dass er noch einmal derart in die Klemme geriet. Schließlich kam er dahinter. Lass dich von keinem Computer erfassen.
    Er reiste als Gehilfe eines Zeltpredigers quer durchs Land, molk für einen Tierarzt in West Kansas Klapperschlangen, schlachtete südlich der Grenze Rinder, knetete tagtäglich mit jeder Hand fünfhundertmal einen Hartgummiball und war mit einundzwanzig ein gestandener Rodeoclown, der keine Angst kannte, obwohl er zweimal aufgespießt und an die Bande geknallt worden war, der ein Pferd mit der Faust bewusstlos schlagen oder einem Stier mit bloßen Händen das Rückgrat brechen konnte.
    Die Frauen in den Bierkneipen küssten ihm die Finger, und die Männer fürchteten sie. Er kaute Zigaretten, als wären esTabakpfrieme, nähte seine Wunden selbst, bat niemanden um einen Gefallen, trank Tequila wie Wasser, borgte sich kein Geld, trug seine sämtlichen Habseligkeiten in einem Pappkoffer bei sich, las jeden Abend ein neues Comic-Heft, trug Zweihundert-Dollar-Hüte und nähte eine amerikanische Flagge als Innenfutter in seinen Staubmantel, den er bei Regen oder Kälte trug.
    Aber seine Kollegen beim Rodeo störten sich an seinem Clownsgrinsen. Auch wenn sich Wyatt abschminkte, hatte er immer noch den gleichen irren Gesichtsausdruck, zu dem seine Augen mit ihrem durchdringenden, funkelnden Blick ein Übriges beitrugen. Eine Barrel-Reiterin behauptete, er hätte sie vergewaltigt. Daraufhin wollten ihn die Vorstandsmitglieder des Rodeoverbandes aus dem laufenden Tourneebetrieb ausschließen.
    Na und? Das Leben war immer noch schön. Man konnte in eine Decke gerollt unter den Sternen schlafen, kam manchmal in einem Wohnwagen unter, hatte jede Menge Geld, konnte Bier trinken und

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