Die Goblins 01 - Die Goblins
oder später müssten wir ihn töten. Ist es da nicht vernünftiger, die Sache hier und jetzt zu Ende zu bringen und ihm den Gnadenstoß zu versetzen?«
Straum hatte seit Barius’ Attacke noch nicht gesprochen. Er schien es zufrieden, Ryslind diese Aufgabe zu überlassen. Vielleicht sprach er aber auch durch Ryslind, Jig war sich da nicht so sicher.
Jig stemmte sich gegen die Wand und schob sich daran hoch. Seine Beine fühlten sich wie Wackelpudding an, und er befürchtete, beim ersten Gehversuch wieder auf dem Boden zu landen, aber es ging ihm dennoch weitaus besser als ein paar Minuten zuvor. Selbst während er darauf wartete, zu sehen, wie Straums legendärer Zorn Barius in ein Häuflein Asche verwandelte, konnte ein Teil von Jigs Verstand nicht umhin, ehrfürchtig über die Magie zu staunen, mit der er sich selbst geheilt hatte.
»Wie schade, dass das Zepter nicht benutzt werden kann, um dich auf der Stelle ins Jenseits zu befördern«, meinte Ryslind. »Eine seiner wenigen Schwächen. Ich schätze allerdings, ich könnte dich in eins von Straums Kindern transformieren. Das wäre doch ein passender Schluss, dem dienen zu müssen, den du zu morden getrachtet hast. Nicht für immer, selbstverständlich. Nur für ein paar Jahrhunderte. Oder weniger, falls du die Stärke aufbringst, gegen ihn zu rebellieren. Du hast ja gesehen, was denen widerfährt, die das versuchen.«
Jig sah an ihnen vorbei auf den Ausgang. Solange sie sich auf Ryslind konzentrierten, konnte er sich wahrscheinlich unbemerkt an ihnen vorbeischleichen. Sogar Straums Drachenkind schien durch die letzte Bemerkung des Zauberers abgelenkt.
Nachdem er erst einmal aus Straums Hort entkommen war, wäre der Rest einfach: zurück durch die Tunnel und den Wald und wieder hoch zu seinem eigenen Zuhause. Falls seine Beine nicht nach zwei Schritten unter ihm nachgaben, musste er sich natürlich immer noch mit Ogern, Hobgoblins und wer weiß welchen Kreaturen herumschlagen, aber welche Rolle spielte das schon? Das alles hatte er vorher auch schon überlebt.
Ein einziger, wackliger Schritt gelang ihm, bevor jemand auf ihn aufmerksam wurde. Riana war von Ryslinds Katz-und-Maus-Spiel nicht so sehr gefangen genommen wie die Übrigen. Ihre Blicke schweiften ohne Unterlass durch die Höhle; vermutlich wartete sie auf einen geeigneten Moment zur Flucht, ebenso wie Jig. Sie zuckte zusammen, als sie sah, dass er lebte und sich bewegte.
Das war’s dann also. Jig wartete auf ihren Aufschrei. Das Schlaueste für sie wäre, Jig als Ablenkung zu benutzen, um ihre eigene Flucht zu tarnen. Er seufzte. Immerhin würde ein Mitglied ihrer Gruppe entkommen. Wahrscheinlich hatte sie sowieso die besseren Chancen, sich durch den Wald zu schlagen.
Der erwartete Schrei blieb aus. Stattdessen sah Riana wieder zu den anderen, um sicherzugehen, dass sie nichts bemerkt hatten, und begann ihm zuzunicken.
Nicht dir, Blödmann, meldete sich die leicht verzweifelt klingende Stimme Tymalous Schattensterns in seinem Kopf.
Jig warf einen Blick über die Schulter. Da war nichts außer Regalen, die sich unter Straums angehäuftem Müll bogen. Ein paar hübsche Gürtelschnallen, zusammengefaltete Heroldsröcke in unterschiedlichen Stadien des Verfalls … oh. Jig starrte die Elbe an. Sie konnte doch nicht ernsthaft wollen, dass er …
Doch sie nickte energischer, womit sie sich wohl ebenso auf Jigs Begreifen als auch auf die hinter ihm aufgereihten Wurfspieße bezog.
Hatte sie vergessen, dass er ein Goblin war, und ein halbblinder noch dazu? Er hatte in seinem ganzen Leben noch keinen Speer oder Wurfspieß geworfen!
Wäre er ein wahrer Abenteurer gewesen, hätten die Dinge vielleicht anders gelegen. Dann hätte er aufspringen, einen markerschütternden Schlachtschrei ausstoßen, einen Wurfspieß ergreifen – vermutlich den mit der silbernen Spitze und den wie Flossen geformten Kanten – und ihn mit aller Kraft auf Straum schleudern können. Einem wahren Abenteurer wäre es möglicherweise sogar geglückt, den Drachen zu verwunden, vorausgesetzt sein Wurfgeschoss hätte diese Schuppen durchdringen können.
Aber Jig war ein Goblin, und Goblins hatten eine andere Herangehensweise an große, gefährliche Monster: Sie liefen vor ihnen davon. Wenn sie Glück hatten, übernahm jemand anders die Rolle des Helden. Das bedeutete entweder das Ende des Monsters oder aber genügend Durcheinander, sodass der Goblin mit heiler Haut entkommen konnte.
Moment mal! Jig gab sich einen kräftigen
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