Die Godin
leicht. »Von… von Pistolen war aber nie die Red, Fritz.«
»Des gibts doch nicht!« zischte Urban. »Natürlich war davon nicht die Rede, du Depp! Hörst nicht, was ich sag? Es ist nur für den Fall, daß uns einer aufs Kreuz legen will. Aber von mir aus kannst ja auch deinen Finger nehmen, wenn du über den Haufen geschossen werden willst.«
»Die sind bewaffnet?«
»Nein. Die schmeißen mit Roßbollen! Herrgottnochmal! Also weiter: Der Kandl geht zu mir in den Keller.«
»Und dann?« Schoos war skeptisch.
»Na was? Dann wird uns der Posch das Geld geben müssen, ohne daß er was dafür kriegt. War mir eigentlich am liebsten. Also - auf jetzt, Paul. Schoos, komm mit. Wir gehen.« Urban verließ den Wagen. Auch die anderen stiegen aus.
Im Mondlicht schimmerte, hinter einer Gruppe hoher, alter Kastanien, das Gemäuer eines kleinen zweistöckigen Gebäudes. Der Bierkeller des Klosters lag an einer Schwemmböschung des Inn. Das Gewölbe war vom Erdgeschoß des Hauses in den Hang getrieben worden.
Kajetan, der schon seinen Beobachtungsposten eingenommen hatte, sah Urban und Schoos über der Hangkante verschwinden und kurz vor dem Haus wieder auftauchen.
Eine Gestalt löste sich aus dem Schatten des Gebäudes und bewegte sich auf die beiden Ankömmlinge zu. Wortfetzen flogen herüber; eine kurze Begrüßung schien stattzufinden. Die drei Männer verschwanden wieder im Dunkel der Bäume.
Ein feuchtwarmer Luftzug kräuselte das niedrige Gras. Auf der anderen Seite des Flusses mußte sich Altwasser befinden; Frösche gaben ein fernes Konzert.
Kajetan starrte auf die Schotterstraße, die, vom Kloster kommend, zur alten Fährlände führte. Nichts bewegte sich. Auch aus dem Gebäude drang kein Laut. Er fühlte sich unwohl. Plötzlich fühlte er einen heißen Stich unter seinem Haaransatz. Er patschte ärgerlich danach. Erst jetzt hörte er, daß die Luft vom feinen Summen der Schnaken erfüllt war.
Er duckte sich tiefer. Was geschah im Keller?
Ein Ast knackte. Leise schwirrte ein Nachtvogel über ihn hinweg und verlor sich in der Finsternis.
Eine Ölfackel beleuchtete den Keller. Leutnant Posch hatte einige der Kisten geöffnet, die in Ölpapier gewickelten Gewehre entnommen und geprüft. Er nickte zufrieden.
»Der Preis gefällt der Österreichischen Heimwehr zwar nicht unbedingt, aber…«
»Posch, ich bitt Ihnen«, sagte Urban milde, »Sie werden doch jetzt nicht damit anfangen.«
»Gar kein Bewegen? Zu was brauchts ihr im Reich denn das Zeug noch? Euer Führer sitzt auf Festung, die Partei ist verboten, und es schaut nicht so aus, als ob die nach der Gaudi bei der Feldherrnhalle jemals wieder auf die Fuß kommt. Aber bei uns in Österreich, da schaut das anders aus. Da fällt die Bewegung nicht gleich zusammen, wenns mit der Wirtschaft ein bisserl aufwärtsgeht. Wir haben noch Ideale!«
»Freut uns.« Urban verzog seinen Mund. »Aber ausgemacht ist ausgemacht.«
Der Offizier tat einen Schritt auf Urban zu.
»Was wollt ihr denn noch mit den Waffen, die ihr für den Marsch auf Berlin gesammelt habt? Die verrosten euch doch! Dann hat doch keiner mehr was davon. Wer braucht die denn noch? Sag? Die in Ungarn drunt vielleicht?«
»Vielleicht. Da hab aber keine Sorg.« Urbans Stimme klang kühl. Er zeigte auf die Kisten. »Posch - da ist die Ware. Ich krieg achtzigtausend. Wie ausgemacht. Entweder zahlens, oder wir lassen es in Zukunft bleiben.«
Der Offizier lenkte ein. Er griff in die Innentasche seiner Jacke und zog ein Bündel Banknoten heraus. »Zählens nach.«
Urban war schnell damit fertig. Er steckte das Bündel ein. »In Ordnung. Und?«
»Was und?«
»Wie schauts jetzt mit der Provision aus?«
»Haha! Immer gut aufgelegt, der Herr Urban, was?«
»Was mit der Provision ist, hab ich gefragt.«
»Redens keinen Stiefel. Davon war nie die Red.«
»Posch, wenn ich eins nicht mag, dann das, wenn mich einer für deppert verkaufen will. Eine Provision ist selbstverständlich. Ebenso selbstverständlich ist, daß die nicht im Angebot auftaucht.«
Das Gesicht des Offiziers wurde dunkel. Er ging einen Schritt auf Urban zu.
»Meinst du!« zischte er.
»Mein ich«, bestätigte Urban ungerührt.
»Dann sperr einmal deine Löffel auf, du Windbeutel. Da draus wird nichts. Und ich weiß nicht, ob auch der Kommerzienrat Dandl, in dem sein Auftrag du die Waffen eurer ehemaligen Freicorps-Helden verscherbelst, so begeistert ist, wenn er von solchen Geschäfterln hört.«
Urban lachte höhnisch.
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