Die Godin
Befehlsverweigerung, jawohl! So einen müßt man auf der Stell an die Wand stellen! Haha!« Urban lachte schallend. »Und den Kandl, die Schlafhauben, gleich mit dazu!«
Kandl lächelte gequält.
»Wenn er mich doch von hinten angepackt hat!« verteidigte er sich.
»Geh zu! Du hättst ihn auch nicht gesehen, wenn er von vorn gekommen war. Manchmal frag ich mich schon, Kandl, ob dein Hirn auch da ist, wos hingehört. Was sagst denn du dazu, Gotti? Du mußt es am ehesten wissen. In der Hosen, gell?«
»Wissen wir doch«, kicherte sie. »Vorn oder hint, Gotti?«
Ein Kreischen flog an die Decke. Kandl blickte säuerlich. Auf seinen Wangen hatten sich handtellergroße rote Flächen gebildet.
»Könnt jedem passieren!« sagte er gereizt.
»Naa. Des passiert allerweil bloß dir«, sagte Gotti gehässig. »Dem Paul könnt so was nicht unterkommen.« Sie sah Kajetan herausfordernd an. Kandl streifte sie mit einem drohenden Blick. Sie spitzte entschuldigend den Mund.
»Aber der Beste von allen ist dein Pater gewesen!« japste Schoos.
»Wer? Sein Pater?« Gotti prustete los. »Der Fritz hat einen Pater?« Alle Blicke richteten sich auf Urban, auf dessen vergnügtem Gesicht sich ein dünner Fettfilm gebildet hatte. »Erzähls halt«, erlaubte er.
»Also paßts auf«, begann Schoos, »wie wir zum Auto zurückgehen wollen, nachdem wir den Posch und seine Würsterl schon weitergeschafft haben, steht der Pater auf einmal da. Sagt der Fritz: >Gelobt sei Jesus Christus, Pater Wolfgang. <«
»Wie er das kann?« stichelte Gotti und neigte den Kopf zu Mia, die neben ihr saß.
»Der Pfaff salbt zurück. Fragt ihn der Fritz: >Was tuns denn da mitten in der Nacht?< Und pfeilgrad penzt der Kuttenbrunzer ihn an wegen einer Beteiligung: Der Dank an den Herrgott und die Heilige Mutter Kirch dürft nicht vergessen werden, wenn man so ein gutes Geschäft gemacht hätt, das Dach von irgendeiner Kirch sei vom Wetter zusammengehauen worden und ob da nicht eine kleine Spende drin war, von, sagert er amal, zehn Prozent. Da warst erst einmal platt, Fritz, gell?«
»Ist wahr!« bestätigte Urban schmunzelnd. »Ich sag drauf, daß das Geschäft heut ganz, ganz schlecht gegangen sei, und und heb ihm fünfzig Mark hin. Da schaut er mich so zum Derbarmen an, daß ich fast ein schlechtes Gewissen krieg.«
»Du - ein schlechtes Gewissen«, stichelte Kandl. Urban hatte es nicht gehört.
»>Das sind zehn Prozent<, sag ich. Und was tut er? Er deutet an die Decke und sagt mir: >Der Herrgott hört alles.< Ich schau nach oben - und was seh ich? Einen Luftschacht, der auf das Feld über dem Keller führt! Wennst da oben reinloost, dann ist das besser wie jedes Telephon! Hat der Bazi tatsächlich alles gehört! Na, da hab ich natürlich nicht ausgekonnt und hab ihm noch was drauflegen müssen. Dafür hat er uns wenigstens alle noch gesegnet.« Urban japste. »Und ein Spendertaferl hätt er mir glatt auch noch machen lassen! Ja sonst noch was, sag ich, das ist dann doch zuviel der Ehr!« Grölendes Gelächter platzte.
»Der Fritz!! Der Wohltäter! Warum ned gleich der Kirchenpatron?«
Gotti wischte sich die Tränen aus den Augen und schneuzte sich.
»Aber was habts denn mit den Tirolern gemacht?« fragte sie zweifelnd. »Doch nicht…?«
»Der Fritz hat seinen guten Tag gehabt!« sagte Schoos. »Habt ihr sie wieder ausgelassen?«
»Was sonst?« sagte Schoos generös. »Die waren gestraft genug! Wir haben sie in die Fähre reingesetzt, die Ruder abgesteckt und abtreiben lassen. Des Gsicht vom Posch hättst sehen sollen! >Ös Boarfackl!< hat er geschrien. Irgendwo wird sies schon angeschwemmt haben.«
»Und die Ladung - hast ihm die trotzdem gegeben?«
»Freilich, Domerl«, sagte Urban sarkastisch und sah zur Decke. »Wie oft soll ich dirs noch sagen: Erst nachdenken, dann fragen. Für wie deppert hältst du mich eigentlich?«
Domerl grinste irritiert.
Kajetan hatte den sanften Druck einer Fußspitze an seinem Bein verspürt. Verstohlen äugte er zu Mia, die im selben Augenblick seinen Blick gesucht hatte und ihn lächelnd erwiderte. Sein Herz schlug schneller. Die Fußspitze tastete seine Waden empor. Kajetan griff hastig zu seinem Glas. Der Fuß wanderte langsam zu seinem Knie.
Plötzlich stand Mia angewidert auf und ging zur Tür. Verblüfft stellte Kajetan fest, daß die Fußspitze noch immer nach oben wanderte. Gotti zwinkerte ihm durch ihr Weinglas unauffällig zu, bis ihre Mundwinkel plötzlich nach unten fielen. Kajetan hatte sein Bein
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