Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Godin

Die Godin

Titel: Die Godin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
Vom Netzwerk:
Schlamassel zu geraten.
    Er dachte an Mia. Warum ging er nicht sofort zu ihr? Noch hielt ihn etwas zurück, doch gleichzeitig erkannte er, daß es kein Fliehen mehr geben würde. Er hatte versucht, sich zu verschließen, obwohl sich etwas in ihm geöffnet hatte. Was ihn mit Mia verband, war noch nicht zu Ende. Vielleicht war er, der viele Monate einsam gewesen war, verrückt geworden, weil er glaubte, ihr müsse es wie ihm ergangen sein; zu lange hatte sich die Sehnsucht nach Berührung und Nähe in ihm gestaut. Jetzt floß sie über. Vielleicht war alles eine entsetzliche Täuschung. Aber keine Lüge war, daß er von nichts anderem mehr träumte als von jener Nacht.
    >Morgen.. .<, beschloß er. Er sah sich, wie er vor Mias Tür stand und klopfte.
    Es war bereits dunkel geworden. Er zog die Schultern zusammen. Obwohl die Nachtluft noch angenehm warm war, fror er.
    Wütend schob er die in den Angeln ächzende Windtür der Pension auf und durchquerte das kleine Foyer. Die Tür zu Brettschneiders Büro stand offen.
    »Herr Kajetan!« Kajetan hatte bereits eine Hand am Treppengeländer. Brettschneider stand im Türrahmen und schob sich einen Hosenträger über die Schultern.
    »Ich hab Sie gehört. Ich erkenn alle meine Gäste daran, wie sie gehen.«
    Kajetan war nicht sonderlich interessiert. »So? Und wie geh ich?«
    »Allerweil ein bisserl schneller als die anderen. Fast ein bisserl gehetzt, als ob Sie Angst hätten, daß Ihnen was auskommt und daß Sie was verpassen. Was pressierts Ihnen denn gar so?«
    Kajetan zuckte mit den Achseln. Er fragte sich, was der Besitzer von ihm wollte.
    »Ich bin fei schon enttäuscht, mit was Sie sich abgeben«, sagte Brettschneider mit gerunzelter Stirn.
    »Wie meinens das?«
    »Da ist vorhin ein junges Ding dagewesen und hat Ihnen …«, er griff in seine Tasche und holte einen zusammengefalteten Zettel hervor, »… eine Nachricht aufgeschrieben. Da!« Er streckte die Hand aus.
    Kajetan nahm das Papier erstaunt an. Er überflog die Zeilen.
    »Wann ist sie dagewesen?« fragte er schnell. Er faltete das Papier mit zitternden Fingern zusammen.
    »Schon heut mittag. Sie sind ja nie daheim. Wo treibens Ihnen denn eigentlich allerweil umeinand?«
    Kajetan faltete das Papier zusammen und ging wortlos zur Treppe.
    »Ich bin fei echt ein bisserl enttäuscht«, rief ihm Brettschneider nach, »was Sie so für einen Umgang haben. Ich hab gedacht, daß wenigstens Sie sich nicht mit so einer Britschn einlassen.«
    Kajetan wandte sich böse um. »Mit was?«
    »Ich kenn mich aus.« Er trat einige Schritte zur Treppe und sah nach oben. »Wollens wissen, wie ich eine kenn, die ihr Geld in der Geraden verdient? Die meisten haben einen winzigen Riß im Gesicht.«
    Kajetan versuchte, sich zu beherrschen. »Lassen Sie mir meine Ruhe, Herr Brettschneider. Das interessiert mich nicht.« Er setzte seinen Weg fort.
    »Das ist nämlich eine Narbe von einem Messer«, krähte ihm Brettschneider boshaft nach. »Bei den Huren ist es wie beim Kistler: Erst werdens geschnitten, und dann werdens genagelt!« Er lachte herzlich über seinen Scherz.
    Kajetan nahm zwei Schritte auf einmal und erreichte mit klopfendem Herzen seine Kammer. Mit fliegenden Bewegungen griff er nach der Waschkaraffe, goß Wasser in die Schüssel und wusch sich das Gesicht mit den Händen. Dann stellte er sich vor den Spiegel, kämmte sich und strahlte sich an. Verliebt dachte er daran, daß sie nicht nur das Wort »kommen« mit einem »m« und dem altmodischen Überstrich geschrieben hatte, sondern in fast jedem zweiten Wort einen Rechtschreibfehler gemacht hatte. Nur kurz überlegte er, ob sie jetzt überhaupt zu Hause wäre. Egal. Dann würde er zum »Steyrer« gehen, sich als Gast in das Variete setzen, ganz harmlos tun und am Stachuskiosk wieder auf sie warten. Obwohl, fiel ihm ein, sie darum gebeten hatte, daß er in ihre Wohnung am Glockenbach kommen sollte. Er warf den Kamm in die Schublade, sah gedankenlos an sich herunter und verließ mit schnellen Schritten das Zimmer.
    »Bleibens draußen«, brummte der Ältere der beiden Polizisten, »da darf keiner rein. Der Doktor ist drinnen. Wer sinds denn überhaupt? Gehören Sie zur Familie?«
    »Nein… ja«, stotterte Kajetan, »was…?«
    »Trotzdem. Es darf keiner hinein.« Der zweite Polizist nickte. Auf dem Treppenabsatz standen mehrere neugierige Hausbewohner und glotzten ratlos.
    »Was… ist denn… drin? Was ist mit der Mia?«
    »Regens Ihnen nicht auf. Der Doktor ist ja schon bei

Weitere Kostenlose Bücher