Die Godin
nicht ganz umsonst da ist, lad ich Ihn auf ein Glaserl Wein ein. Dann kann Er mich das eine oder andere fragen, was sich wirklich rentiert für einen Reporter, der wo auf dem Kiwif ist wie offenbar Er.« Er zwinkerte kurz und vielversprechend.
Der Reporter war überrascht. Dankbar verneigte er sich. »Das ist ja eine Ehre, Herr Kommerzienrat!«
Der Kommerzienrat winkte gnädig ab. »Kommens.« Sie betraten die Treppe. »Vielleicht ist für Ihn von Interesse, daß morgen im Hotel >Vier Jahreszeiten< ein äußerst bedeutsames Treffen stattfindet, in dem wichtigste Vertreter der deutschnationalen Verbände zusammentreffen.«
»Ich weiß, Herr Kommerzienrat. Die wichtigsten Vertreter der deutschnationalen, der panbavarischen und monarchistischen Kräfte kommen zusammen.«
»Woher weiß Er das, Kainz? Er ist ja gut informiert. Respekt!«
»Herr Kommerzienrat!« gab der Reporter an. »Ich bin schließlich Journalist.«
»Aber daß auch die Vertreter des Zentrums sowie hochrangige Abgesandte des hiesigen Klerus dabei sein werden, wird Er nicht wissen!«
»Nein!« gestand Kainz ein. »Tatsach? Hochinteressant. Und worüber wird gesprochen?«
»Nun, es geht um nicht weniger als die Zukunft unseres Vaterlands. Mit einer Republik wie dieser ist kein Staat zu machen.«
»Natürlich«, nickte der Reporter. Sie hatten den Eingangsflur erreicht. Dandl blieb stehen und blickte verschwörerisch um sich. Seine Stimme senkte sich.
»Natürlich geht es auch um einzelne Details - und möglicherweise auch um Dinge, die ebenfalls gesagt werden müssen und die zu einer notwendigen Reinigung von, sagen wir einmal, Elementen führen, die meinen, den Schutz des nationalen Aufbruchs für windigste - ich wiederhole - allerwindigste Geschäfterl mißbrauchen zu können.«
»Oh!« staunte Kainz. Sie traten auf die belebte Neuhauser Straße. Dandl wies auf eine Gaststätte am Ende der Straße.
»Gehen wir doch gleich ins Cafe Fahrig am Karlsplatz!« bestimmte er.
Kainz schien zu überlegen. Ein Lächeln trat in sein Fuchsgesicht. »Gern. Aber wenns dem Herrn Kommerzienrat nichts ausmachen würde, war mir der >Steyrer< lieber.«
Dandls Gesicht wurde länglich. »Der >Steyrer« Er mußte husten.
»Ja. Meine Stammwirtschaft! Sagens nur, daß Sie den nicht kennen! Oder gefällts Ihnen nicht da drinnen?«
»Doch…« Die Stimme des Kommerzienrats hatte jede Kraft verloren.
Kainz redete munter weiter. »Dann kennens bestimmt auch den Besitzer, den Herrn Urban. Ein famoser Mensch. Und außerdem ein Mann, an den man sich als Journalist halten muß, denn hie und da kommst da doch an recht interessante Informationen.«
»…und hie und da… revanchieren Sie sich auch…«, ächzte Dandl.
Kainz nickte grausam. »Freilich. Sie kennen sich ja aus, Herr Kommerzienrat. - Was habens denn? Ist Ihnen schlecht? Sie sagen ja gar nichts mehr.«
Den ganzen Vormittag hatte Kajetan versucht, den Studenten beim Verlassen des Hauses anzutreffen. Von Seeberg mußte das Haus bereits verlassen haben. Auch im Cafe Leopold, wo er sein Frühstück einzunehmen pflegte, saß er nicht, und unter den Besuchern des Verbindungsbüros in der Altstadt war er ebenfalls nicht.
Kajetan erinnerte sich daran, daß von Seeberg mit einem Kollegen über einen Ausflug an den Eibsee gesprochen hatte. Vielleicht war er dort? Doch würde ihm Fleischhauer eine Reise, die womöglich ebenfalls vergeblich wäre, niemals bezahlen.
Er wanderte ziellos durch die Stadt, löste schließlich, was er sich bereits seit Tagen vorgenommen hatte, einen Teil seines Pfands aus und legte sich schließlich für einige Stunden schlafen.
Als er erwachte, war die Dämmerung bereits hereingebrochen. Er stand hastig auf und begab sich in die Friedrichstraße. Er hatte von Seeberg einmal am Fenster seiner Wohnung gesehen und wußte deshalb, in welchem Stockwerk er wohnte. Doch dort brannte kein Licht.
Schließlich fuhr er mit der Trambahn den Gasteig empor. Die Fenster der Wohnung in der Wörthstraße, die er suchte, waren erleuchtet. Das Haustor ließ sich mit leichtem Druck öffnen. Er stieg die Treppe bis ins obere Stockwerk empor und klopfte an eine Tür, an der ein kleines Schild mit dem Namen »Weber Petronilla« befestigt war.
»Wer ist draußen? Henning? Bist es du?«
Sie war allein.
»Ich bin ein Freund von Henning. Ich soll Ihnen eine Nachricht bringen.«
»Die Tür ist nicht zugesperrt!« hörte Kajetan die Stimme des Mädchens. Er drückte die Klinke herunter.
Das blonde
Weitere Kostenlose Bücher